Messestände im Internet statt auf der Intersolar

Eingang West der Münchener MesseFoto: Solar Promotion GmbH
Statt in den Münchener Messehallen, bauen einige Firmen ihren Intersolar-Messestand in diesem Jahr im Internet auf.
In dieser Woche hätte eigentlich die Solarmesse Intersolar als Teil von The Smarter E stattgefunden. Stattdessen gibt es nun eine Vielzahl virtueller Veranstaltungen. Doch für Aussteller, die sonst alljährlich im Sommer zum Branchentreff nach München fahren, ist dies kein gleichwertiger Ersatz.

„Wir wären wieder gern zur Intersolar gegangen“, sagt Sven Böhm, Geschäftsführer Finanzen der Dresdner Solarwatt GmbH. Wie sich der Ausfall der Messe auf die Unternehmensentwicklung und die Verkaufszahlen auswirken werde, könne er allerdings erst später bewerten. Dabei befinde sich Solarwatt heute gegenüber anderen Jahren in einer Sondersituation. „Die ersten fünf Monate waren für uns so gut, dass die Intersolar nicht so viel hätte beitragen können.“ Im Vergleich zum Vorjahr habe Solarwatt den Umsatz um 40 Prozent steigern können. Die Produktion der Solarmodule laufe am Limit.

Produktion am Limit

Hier könnte zusätzliche Nachfrage sogar schädlich sein, so Böhm, weil man Kunden dann eventuell längere Wartezeiten zumuten müsste. Insofern habe er sich mit Blick auf die eingesparten Kosten für eine solche Messe auch ein „bisschen gefreut“. Die Intersolar-Pause sollte aber möglichst eine einmalige bleiben, betont Böhm. Die Messe habe für Solarwatt eine große Bedeutung. „Wir betreiben hier einen hohen Aufwand und investieren in die Marke Solarwatt.“

Direkte Kontakte vermissen

Susanne Henkel, Pressesprecherin der SMA Solar Technology AG, wird in diesem Jahr den direkten Kontakt zu Journalisten, Kunden und zur Branche auf der Intersolar vermissen. Der sei enorm viel wert, so Henkel. Zudem bedauert sie, dass viel Aufwand, der bereits in die Vorbereitung der Messe geflossen sei, jetzt verpuffe. Die beginne immer für das nächste Jahr, sobald eine Intersolar gelaufen sei. So sei es kein Trost, wenn der Ausfall der Veranstaltung den mit ihr direkt verbundenen Aufwand reduziere.

Mit Absage der Intersolar sei für SMA klar gewesen, man werde selbst eine digitale Alternative auf die Beine stellen. „Natürlich wollen wir, auch wenn die Intersolar und andere Messen mal nicht stattfinden, mit unseren Kunden in Kontakt bleiben”, sagt Henkel. Am 22. und 23. Juni organisiert SMA daher einen eigenen virtuellen Kongress. Hier will das Unternehmen die „Messeneuheiten“ vorstellen und sich mit Kunden in interaktiven Sessions austauschen.

Damit steht SMA nicht alleine da. Auch andere Solarfirmen planen virtuelle Events. So bietet Sungrow in dieser Woche eine Reihe von Webinaren zu neuen Produkten. SolarEdge hatte zum 16. und 17. Juni einen virtu­ellen Rundgang über seinen Messestand vorbereitet und zudem eine Online-Vortragsreihe mit Photovoltaik-Experten aus aller Welt organisiert.

Virtuelle Alternativen?

Valentin Software stellt heute im Internet Neuerungen der aktuellen PVSOL-Versionen vor. Freitag folgt eine Vorstellung von TSOL und GeoT*SOL. Und auch ohne Intersolar gibt es einen Messerabatt auf Produkte. Die EnBW lädt noch bis zum 19. Juni auf den digitalen Messestand „Solar­EnBWorld“ ein. Ebenso hat Solar-Log einen virtuellen Messebesuch konzipiert. Dort gibt es nicht nur die Produktpräsentationen, sondern auch ein Gewinnspiel.

Und auch die Solar Promotion GmbH hat als Veranstalter der The Smarter E nach der erzwungenen Absage der Messe selbst einen größeren Online-Kongress ins Leben gerufen. Bei der „Global Solar Market Outlook Launch Conference” drehte sich vom 16. Juni bis heute alles um die Entwicklung der Photovoltaik-Branche.

Messe ist was anderes

Die Vielzahl der virtuellen Veranstaltungen zeigt aber auch sehr deutlich den Unterschied zu einer normalen Messe mit persönlicher Anwesenheit. Denn auch wenn die digitalen Alternativen Reisezeit sparen, werden wohl nur wenige die Zeit aufbringen können, um eine größere Zahl an Unternehmen bei ihren Web-Events besuchen zu können. Der reale Messerundgang bietet andere Möglichkeiten.
Auch die Kostal Solar Electric GmbH experimentiere mit digitalen Formaten, erklärt Markus Vetter, der Marketing- und Kommunikations-Direktor des Unternehmens.

Natürlich versuche man jetzt, wenn keine Messen stattfinden können, andere Formate zu finden. Dies laufe aber unter einem speziellen Druck. Man versuche aus der Situation das Beste zu machen. Die Intersolar, die für Kostal wieder das Messe-Highlight des Jahres hätte werden sollen, sei dadurch nicht zu ersetzen. „Letztendlich glaube ich immer noch, dass der persönliche Kontakt einen entscheidenden Mehrwert bietet”, sagt Vetter. Dabei lege Kostal bei der Intersolar den Fokus nicht auf das Neukundengeschäft.

Wichtig sei es, die bestehenden Kontakte zu vertiefen. Eine Messe wie die Intersolar biete dabei die Möglichkeit, ein Unternehmen und den Marken-Spirit für den Kunden erlebbar zu machen und so die persönliche Verbindung zu einem Unternehmen zu festigen. Für Kostal sei daher auch schon klar, dass man im kommenden Jahr in gleicher Größe wieder bei The Smarter E dabei sein werde.

Auch Solarwatt werde 2021 sicher wieder auf der Intersolar vertreten sein, bekräftigt Böhm. Hier könne sich das Unternehmen als Systemanbieter, das mehr als nur gute Module vorzuweisen habe, zeigen.

Intersolar als Fixpunkt

Solche Veranstaltungen, die wie die Intersolar eine besondere Bedeutung hätten, übernähmen durchaus auch die Funktion von Fixpunkten, erklärt Vetter. So sei es für Kostal häufig das Ziel, zur Intersolar ein Produkt fertigzustellen oder zumindest schon präsentieren zu können. Die Intersolar sei auch noch früh genug, um PV-Produkte für das laufende Jahr vorstellen zu können.

Solarwatt versuche, auf ein solches Event hinzuarbeiten, sagt Böhm. Dies diene dazu, eine Entwicklung zu kanalisieren. So wolle Solarwatt im kommenden Jahr den Relaunch des Solarspeichers zeigen.

Für SMA sei es jedoch kein entscheidendes Kriterium für die Produktentwicklung, ob eine Intersolar oder eine andere Veranstaltung stattfinde, erklärt Henkel. Die Produktentwicklung folge ihren eigenen Notwendigkeiten. Allerdings nutze SMA Messen, um neue Produkte gebündelt im Markt platzieren zu können.

Solarbranche weniger virtuell

Auch für die IBC Solar AG wäre die Intersolar eine gute Gelegenheit gewesen, um herausragende Produkte zu zeigen, sagt Pressesprecherin Annika Bloem. Das Messegeschäft sei in dieser Branche wichtig, während andere eventuell schon etwas virtueller ausgerichtet seien.

Als Ersatz für die intersolar werde auch IBC mit einem Online-Angebot den Dialog mit den Kunden suchen. Bewusst starte man damit erst Ende Juli, um eine Häufung solcher Angebote im Juni zu vermeiden. Natürlich wolle IBC seine Produkte vorstellen, aber auch einen Ausblick in die Zukunft der Branche wagen. Ziel sei der Austausch mit den Kunden und die weitere Verbesserung der Kundenbindung.

Das spielt auch für eine Forschungseinrichtung wie das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) eine wichtige Rolle. „Aus den Kontakten, die wir auf Veranstaltungen knüpfen, entstehen konkrete Projekte”, erklärt Karin Schneider, Pressesprecherin des ISE. Dies sei eine bedeutsame Basis für die Arbeit des Instituts. Dabei sei es nur auf relativ wenigen Veranstaltungen präsent. Die Intersolar sei für das ISE eine der wenigen wichtigen Leitmessen. Fällt sie aus, so muss das Institut nach Ersatz suchen. Die digitale Kommunikation werde so noch wichtiger, berichtet Schneider. „Wir wollen den Messeausfall kompensieren, eventuell über ein eigenes Webinar.” Dies laufe parallel zum sowieso geplanten Ausbau der ISE-Präsenz in den sozialen Medien. Und auch der Verbund der Fraunhofer-Gesellschaft werde sich mit neuen virtuellen Formaten befassen.

Team-Building am Messestand

Noch kaum abzusehen ist, wie sich der Ausfall von Messen wie der Intersolar auf die interne Entwicklung in den Unternehmen auswirken wird. Für einige von ihnen bedeutet die Intersolar den Einsatz von vielen Mitarbeitern, die für ein paar Tage Hand in Hand arbeiten müssen, um den Messestand zu einem Erfolg zu machen.

„Mit Wandern bekommt man Team-Building nicht so gut hin wie mit einer solchen Messe”, sagt Böhm. Das wecke ein starkes Wir-Gefühl und passe auch sehr gut zu den Werten und dem Geist der Firma. Das Team erlebe die Messe und den eigenen Messestand als Bestätigung dessen, was man im vergangen Jahr entwickelt habe.

Für Vetter gibt es für das Team-Building bessere Optionen als eine Messe, weil dort der größte Teil der Aktivitäten auf die Kunden ausgerichtet sei. „Das ist die besondere Herausforderung an drei konzentrierten Tagen.” Wenn die Messe allerdings gut laufe, könne das auch das Team zusammenbringen.

19.6.2020 | Autor: Andreas Witt
© Solarthemen Media GmbH

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