Nettostromerzeugung im ersten Halbjahr 2020: Rekordanteil erneuerbarer Energien von 55,8 Prozent

Zu sehen ist eine Grafik, die die Anteile der verschiedenen Energieträger zur Nettostromerzeugung im ersten Halbjahr 2020 zeigt.Grafik: Fraunhofer ISE / B. Burger
Die Grafik zeigt die Nettostromerzeugung aus Kraftwerken zur öffentlichen Stromversorgung. Das ist der Strommix, der tatsächlich aus der Steckdose kommt. Die industrielle Erzeugung für den Eigenverbrauch, ist bei dieser Darstellung nicht berücksichtigt.
Mit 55,8 Prozent trugen die erneuerbaren Energien im ersten Halbjahr 2020 zur Nettostromerzeugung in Deutschland bei. Das ist ein starker Anstieg, denn im Vorjahreszeitraum waren es nur 47 Prozent.

Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE hat Daten zur öffentlichen Nettostromerzeugung im ersten Halbjahr 2020 vorgestellt, die aus der Datenplattform Energy-Charts hervorgehen. Mit einem Anteil von 55,8 Prozent an der Nettostromerzeugung zur öffentlichen Stromerzeugung – also dem Strommix, der aus der Steckdose kommt – stellten die erneuerbaren Energien einen neuen Rekordwert auf. Im Februar lag ihr Anteil sogar bei 61,8 Prozent. Solar- und Windenergieanlagen speisten gemeinsam 102,9 Terawattstunden (TWh) in das öffentliche Netz ein, gegenüber 92,3 TWh im ersten Halbjahr 2019. Die Stromproduktion aus Kohle ging dagegen stark zurück: der Anteil der Braunkohle sank auf 13,7 Prozent, Steinkohle kommt nur noch auf 6 Prozent. Die Windenergie war mit einem Anteil von 30,6 Prozent erneut stärkste Energiequelle.

Folgen der Corona-Pandemie spürbar

Ab dem zweiten Quartal 2020 machte sich die gesunkene Stromnachfrage aufgrund der durch die Corona-Pandemie rückläufigen Industrieproduktion bemerkbar. Die Last ging zurück auf 35,3 TWh im Juni (Juni 2019: 37,6 TWh), die Stromproduktion sank von 47,9 TWh im Januar auf 36,0 TWh im Juni. Insgesamt lag die Last im ersten Halbjahr bei 234,2 TWh, ein deutlicher Rückgang gegenüber den 245,7 TWh im ersten Halbjahr 2019. Die Nettostromerzeugung im ersten Halbjahr 2020 ging gegenüber dem ersten Halbjahr 2019 um 21,7 TWh zurück auf 243,8 TWh. Ein Teil dieses Rückgangs ist auf die von 20,1 TWh auf 7,5 TWh gesunkenen Exporte zurückzuführen.

Erneuerbare Energien getrieben von starkem Wind

Photovoltaikanlagen speisten im ersten Halbjahr 27,9 TWh in das öffentliche Netz ein, eine Steigerung von 11,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr (25,1 TWh). Die Solarstromanlagen profitierten dabei von den günstigen Wetterverhältnissen, die von April bis Juni jeweils mehr als 6 TWh Stromproduktion pro Monat erlaubten.

Die Windenergie produzierte in der ersten Jahreshälfte 2020 75 TWh und lag damit etwa 11,7 Prozent über der Produktion im ersten Halbjahr 2019 (67,2 TWh). Durch die zahlreichen Winterstürme stieg ihr Anteil im Februar sogar auf 45 Prozent der Nettostromerzeugung. Die Wasserkraft produzierte im ersten Halbjahr ca. 9,5 TWh, ein Minus von 9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (10,5 TWh). Aus Biomasse wurden ca. 23,7 TWh produziert, ein leichter Anstieg gegenüber dem Vorjahr.

In Summe produzierten die erneuerbaren Energiequellen Solar, Wind, Wasser und Biomasse im ersten Halbjahr 2020 136,1 TWh (Vorjahr: 125,6 TWh). Der Anteil an der öffentlichen Nettostromerzeugung liegt bei 55,8 Prozent, ein starker Anstieg gegenüber 2019 (47 Prozent). Der Anteil der Erneuerbaren Energien an der gesamten Bruttostromerzeugung liegt erstmals über 50 Prozent. Die Bruttoerzeugung enthält auch die Eigenerzeugung der Industrie (Betriebe im verarbeitenden Gewerbe sowie im Bergbau und in der Gewinnung von Steinen und Erden) sowie die internen Verluste der konventionellen Kraftwerke. Beide Anteile werden nicht in das öffentliche Stromnetz eingespeist.

Kohlestrom stark rückläufig- »Fuel Switch« zu Erdgas

Die Nettostromerzeugung im ersten Halbjahr 2020 aus Kernkraftwerken betrug 30,1 TWh, ein Rückgang um 12,9 Prozent gegenüber dem Vorjahresniveau (34,6 TWh). Braunkohlekraftwerke produzierten ca. 33,6 TWh netto. Das sind 19,1 TWh bzw. 36,3 Prozent weniger als im ersten Halbjahr 2019. Die Nettoproduktion aus Steinkohlekraftwerken brach um 46 Prozent auf nur noch 14,4 TWh ein. Der starke Rückgang ist bedingt durch die gestiegenen Kosten für CO₂-Zertifikate. Diese lagen durchschnittlich bei 21,91 Euro pro Tonne CO₂. Außerrdem sind die Day-Ahead Börsenstrompreises von durchschnittlich 22,94 Euro/MWh (gegenüber 36,83 Euro/MWh in 2019) gesunken. Bei einer Emissionen-Belastung von etwa 1 Tonne CO₂ pro erzeugter Megawattstunde Kohlestrom war die Wirtschaftlichkeit von Kohlekraftwerken kaum mehr gegeben.

Da sich der Preis für Erdgas im gleichen Zeitraum halbierte (8,03 Euro/MWh statt 16,38 Euro in 2019) und Erdgaskraftwerke geringere CO₂-Zertifikatskosten haben, fand ein »Fuel Switch« von Kohle zu Erdgas statt.

Gaskraftwerke haben ihre Produktion auf 28 TWh gesteigert. Das ist ein Plus von 13,9 Prozent gegenüber den 24,6 TWh im Vorjahr. Neben den Kraftwerken zur öffentlichen Stromversorgung gibt es auch Gaskraftwerke im Bergbau und verarbeitenden Gewerbe zur Eigenstromversorgung. Diese produzierten zusätzlich ca. 20 TWh für den industriellen Eigenbedarf.

1.7.2020 | Quelle: Fraunhofer ISE | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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