Wasserstoffherstellung nicht ohne weitere Windkraft im Norden

Bei untergehender Sonne Windkraftanlagen mit IndustrieanlagenFoto: getti / stock.adobe.com
Damit mehr Windenergie für die Wasserstoffherstellung genutzt werden kann, fordert Marie Kollenrott vom LEE Niedersachsen-Bremen die Abschaffung der Netzausbaugebietsverordnung.

Die Bundesregierung will für die Ankurbelung der Wirtschaft nach den Corona-Wirren auch die Wasserstoffherstellung fördern. Dafür sieht sie Hilfen in Höhe von sieben Milliarden Euro vor. Das sieht auch der Landesverband Erneuerbare Energien Niedersachsen-Bremen (LEE) als „ersten Schritt in die richtige Richtung“. Doch damit die Wasserstoffherstellung hierzulande richtig Fahrt aufnehme, fordert Marie Kollenrott, die stellvertretende LEE-Geschäftsführerin, die Abschaffung der bestehenden Netzausbauverordnung. „Alles andere ist inkonsistent“. Nach Auffassung des LEE wäre die Bundesregierung sonst schlecht beraten, das zweifellos hohe Windstrompotenzial in Niedersachsen weiterhin zu beschneiden. „Denn damit würde sie ihre eigenen Wasserstoffpläne konterkarieren“, so der LEE

Konstrukt Netzausbaugebiet als Hürde

Das Konstrukt „Netzausgebiet“ gibt es seit der 2017er Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes. Danach kann die Bundesnetzagentur das Zuschlagsvolumen bei den Auktionen für die Windkraft an Land in bestimmten Netzregionen deutlich drosseln, deren Netze sie für eine dynamische Windstromeinspeisung als nicht ausreichend erachtet. Dies kann aber auch Auswirkungen auf die beabsichtigte Wasserstoffherstellung haben.

Betroffen sind davon derzeit Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und die nördlichen Landkreise Niedersachsens. Dort wird die Errichtung neuer Windturbinen neben dem ohnehin bestehenden Ausbaudeckel auf Bundesebene damit mit einer weiteren Hürde ausgebremst.

Befürchtungen nicht bewahrheitet

Die Befürchtung der Bundesnetzagentur, dass der weitere Windauskraftbau im Norden die Netze im Norden verstärkt unter Stress setzen, hat sich in der Praxis nicht bewahrheitet. Nach einer Untersuchung der Fachagentur Windenergie an Land wäre im vergangenen Jahr bei den Ausschreibungen im Netzausbaugebiet ein Zuschlagumfang von 902 MW möglich gewesen. Letztlich konnte die Netzagentur aber nur Gebote mit einem Volumen 410 MW. Von einer weiteren Überlastung der Netzkapazitäten in Norddeutschland kann also keine Rede sein. Deshalbt gehört für die Windbrache das „Netzausbaugebiet“ längst abgeschafft.

Verordnung nicht ausweiten

Für Maria Kollenrott vom LEE Niedersachsen-Bremen ist das ein unbedingtes Muss. „Diese Verordnung darf keinesfalls wie zwischenzeitlich verlautbart auf die gesamte Landesfläche Niedersachsen ausgeweitet werden, sie muss, wie vorgesehen, Ende des Jahres 2020 auslaufen und darf nicht verlängert werden“. Die Abschaffung ist für sie nicht nur wegen des anstehenden „Wasserstoff-Zeitalters“ unverzichtbar. „Für können unsere keine weitere Restriktionen beim Windkraftausbau leisten, wenn die Bundesregierung wirklich das 65-prozentige Ausbaubau bei den erneuerbaren Energien bis 2030 erreichen will.“

Niedersachsen Energieminister unterstützt LEE

Unterstützung erhält die LEE-Frau bei ihren Forderungen von Niedersachsens Energie- und Umweltminister Olaf Lies. Die Netzausbaugebietsverordnung ist für ihn ein Hemmnis für den weiteren Ausbau der Windenergie. Er verlangt, sie deshalb nicht über das Jahr 2020 zu verlängern. Stattdessen plädiert der SPD-Politiker, den gesamten Norden als „Netzinnovationsgebiet“ zu definieren. „Wo technologischer Fortschritt ohne regulatorische Hemmnisse sofort umgesetzt werden können“. Nach seiner Kenntnis warten „niedersächsische Konsortien“ dringend auf „eine erkennbare Anpassung des regulatorischen Rahmens“ – umso in die Wasserstoffherstellung auf Windbasis einzusteigen.

Ob das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) die Netzausbaugebietsverordnung bei der anstehenden EEG-Novelle auslaufen lässt, ist aber noch offen. Auf Anfrage hieß es ausweichend: „Das BMWi erstellt derzeit mit Hochdruck den Entwurf der EEG-Novelle, der noch im Sommer vorgelegt wird. Zu den Inhalten können wir uns daher noch nicht äußern.“

3.7.2020 | Autor: Ralf Köpke
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