Crash bei grünen Herkunftsnachweisen

Zweiachsig nachgeführte PV-Module auf grünem Grund und unter blauem Himmel.Foto: Aream Capital
Aream betreibt in Sizilien einen PV-Park, dessen Herkunftsnachweise derzeit nur 0,20 Euro je MWh bringen.
Die Preise für grüne Herkunftsnachweise von Ökostrom sind im Zuge der Coronakrise heftig eingebrochen. Doch langfristig werde der Bedarf an grünem Strom steigen und damit auch die Preise für die Ökostrom-Provenienz, schätzt der Spezialist Aream.

Im Zuge der Coronakrise ist es zu einem Crash bei grünen Herkunftsnachweisen gekommen. Das berichtet das auf Investment in regenerative Energien spezialisierte Düsseldorfer Finanzhaus Aream Capital. So seien aktuell etwa die Preise für die Solarstromeigenschaft in Italien im Vergleich zum Vorjahr von 1,65 Euro auf nur noch 0,20 Euro je Megawattstunde (MWh) gefallen. „Zu diesen Preisen lohnt sich kein Verkauf“, sagt Firmenvertreterin Andrea Voigt.

In Spanien lägen die Preise sogar noch tiefer. Geförderte PV-Anlagen, die ihre Ökostromeigenschaft nur im Inland verkaufen dürfen, erzielten derzeit nur 0,10 Euro je MWh. Spanische Solarkraftwerke, die keine staatlichen Förderungen erhalten, dürfen ihre Herkunftsnachweise auch international veräußern und erhalten dafür immerhin 0,35 Euro je MWh.

Diese Herkunftsnachweise sind Teil des europäischen Renewable Energy Certificate System (RECS). Dabei trennen die Erzeuger von Ökostrom auf dem Papier die grüne Eigenschaft und handeln diese extra zu dem dann grauen Strom. Staatlich geförderter Grünstrom darf solche Herkunftsnachweise im allgemeinen nicht vermarkten. Deshalb gibt es bisher solche Papiere kaum für Strom aus deutschen Regenerativanlagen. Das wird sich aber mit dem Ende des EEGs für viele PV- und Windkraftanlagen ab 2021 ändern.

Von Wasserkraft überschwemmt

Der Großteil der Herkunftsnachweise – oder auch Garanties of Origin (GOs) – stammt laut Voigt aus skandinavischer Wasserkraft. Und weil diese zum Beginn der Coronakrise wegen der mangelnden Stromnachfrage den Markt übrerschwemmten, seien die Preise eingebrochen, erklärt sie.

Da es keine Börse für die Zertifikate gebe, erfolge die Preisbildung bilateral. Normalerweise sind deshalb zum Beispiel Nachweise aus neuen Anlagen deutlich teurer als etwa aus Wasserkraft. So kosten etwa solche GOs für lokalen niederländischen Windstrom bis zu 7 Euro je MWh. „Es ist eine Frage, was der Kunde will“, sagt Voigt. So habe Aream einen Kunden, der nur Zertifikate aus neuen Anlagen wolle und keine aus Biogas.

Das Gros solcher GOs werde aber an Unternehmen abgesetzt, die damit ihren CO2-Verbrauch herunterrechnen. Das gilt etwa für die Initiative RE100, einer Kampagne von Großkonzernen, die sich 100 Prozent erneuerbar versorgen wollen. Dazu zählen zum Beispiel die Allianz, Apple und IKEA.

„Werden große Knappheit erleben“

Während noch vor ein paar Jahren die Ökostromeigenschaft nicht gesondert verkauft wurde, ändert sich das mehr und mehr. 2019 seien GOs für 626 TWh ausgestellt worden.

Und weil der Bedarf an grünem Strom weiter zunehme, werde auch die Nachfrage nach Herkunftsnachweisen kräftig zulegen, und zwar schneller als das Angebot. „Zumindest in den kommenden zehn Jahren werden wir hier eine große Knappheit erleben, die die Preise stark nach oben schnellen lässt“, sagt Voigts Bruder und Aream-Vorstandschef, Markus Voigt. „Erst wenn die Energiewende tatsächlich vollzogen ist, wird der Preis für die Zertifikate wieder sinken.“

Aream Capital unterhält ein Portfolio von 200 MW Photovoltaik und Windenergie in Spanien, Italien und Deutschland. Die selbst entwickelten Projekte platziert die Firma an institutionelle Investoren.

23.7.2020 | Autor: Oliver Ristau
© Solarthemen Media GmbH

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