SolarCoins als Kryptogeld für Photovoltaikfans
Die Sonne scheint im Allgemeinen umsonst. Gleiches gilt bisher auch für die Ausgabe von SolarCoins. Das sind potentielle Zahlungsmittel, die die SolarCoin Foundation in den USA vor einigen Jahren eingeführt hat. Die Idee dahinter: die Produktion von Solarstrom durch die kostenlose Ausgabe der Kryptowährung zusätzlich zu belohnen. Auch PV-System- und Wechselrichterspezialist SMA ist seit zwei Jahren dabei.
Derzeit 10.000 PV-Anlagen
Monat für Monat kommen im Schnitt 500 bis 600 Anlagen neu dazu, erzählt Raimund Thiel, Systementwicklungsingenieur im Innovationslabor bei dem Niestetaler Unternehmen. Insgesamt machten mehr als 10.000 Anlagen mit, die sich über das SunnyPortal von SMA einfach registrieren lassen können. Die digitalen Münzen gibt es dann als Bonus für die solare Stromerzeugung, und zwar einen Coin pro erzeugter Megawattstunde (MWh).
Kaufen können sich die Solarstromerzeuger damit bisher allerdings nichts. „Das ist ein Schwachpunkt, denn noch gibt es nur die Möglichkeit, die Coins über die Börse gegen andere Währungen einzutauschen.“ Mittelfristig aber könnte das anders werden. „Wir diskutieren eine Reihe von Ideen, die aber noch nicht spruchreif sind“, sagt Thiel. Vorstellbar sei zum Beispiel, dass SMA-Kunden damit künftig Werbeartikel wie USB-Sticks kaufen oder kostenpflichtige Dienste bei SMA bezahlen könnten. Im gleichen Zuge muss auch der Konzern selbst klären, wie er mit den Coins umgeht. Eine Ansammlung wäre rechtlich problematisch, weil die Firma kein Finanzinstitut ist.
SolarCoins müssten zirkulieren
„Uns ist es am liebsten, wenn die SolarCoins wie andere Zahlungsmittel auch zirkulieren können“, sagt Thiel. Damit könnte sie auch das Unternehmen vielseitiger einsetzen, zum Beispiel als Spende. „Denkbar wäre es, damit gemeinnützige Solarprojekte etwa für Schulen in Afrika zu fördern.“
Auch Kleinanlagen sind gefragt
Nicht nur SMA-Kunden, sondern jeder einzelne Solaranlagenbetreiber weltweit kann sich anmelden, egal wie groß oder klein seine Anlage ist. Er muss sich nur mit der Stiftung in den USA in Verbindung setzen und sein PV-Kraftwerk registrieren lassen.
Die SolarCoin Foundation teilt dann das digitale Solargeld zu. Laut den letzten verfügbaren Daten waren vor Jahresfrist etwa 13,5 Millionen dieser Coins im Umlauf. Das repräsentierte eine Photovoltaikleistung von weltweit 2,8 Gigawatt (GW) aus über 70 Ländern. Die Ausgabe von neuen Münzen soll solange weitergehen, bis 98 Millionen Solarcoins erzeugt worden sind. Anders als bei Zentralbank-Währungen können dann keine neuen Zahlungsmittel mehr gedruckt werden.
Der Hype ist verebbt
Bisher bringen die Coins monetär allerdings wenig. Die Börsenplätze, die sie unter dem Kürzel SLR handeln, zeigen aktuell einen Gegenwert von rund einem Eurocent an. Das war vor zwei Jahren anders. Anfang 2018 schoss der Wert auf bis zu 1,70 Euro in die Höhe. Grund war die Ankündigung des arabischen Entwicklers von Kraftwerken und Meerwasserentsalzungsanlagen ACKW Power, für seine Solarprojekte Solarcoins beantragen zu wollen.
Der Hype erhielt allerdings kein weiteres Futter und ebbte bald vollständig ab. In den letzten Wochen erreichte der tägliche Börsenumsatz laut der Internetplattform Coinmarketcap.com zwischen 200 und 700 Euro bei einer Notiz von 1 Cent pro Einheit. Das entspricht einem täglichen Handelsvolumen von 20.000 bis 70.000 SolarCoins. Das zeigt: die allermeisten digitalen Münzen schlummern bei den Betreibern auf ihren Konten.
Um Solarcoins selbst zu verwalten und damit auch zu handeln, benötigen die Betreiber eine digitale Geldbörse. Dieses Wallet lässt sich relativ einfach mit den gängigen Betriebssystemen auf dem Computer installieren. Wer das nicht will, für den verwaltet die Stiftung das Guthaben.
Weniger energieintensiv
Im Vergleich zu den üblichen Krypotwährungen erzeugt die Solarcoin-Gemeinschaft die jeweils neuen Blöcke an Coins laut Angaben der Foundation mit einem energiesparenderen Verfahren. „Es kommt ein anderer Algorithmus zum Einsatz“, sagt Thiel. Bei Bitcoin & Co. arbeiten zig Computer parallel daran, einen neuen Block der Kryptowährung zu generieren („minen“). Nur der, der am schnellsten ist, erhält den Zuschlag.
Dafür kommen enorme Mengen an Rechenleistungen zum Einsatz mit entsprechend exorbitantem Energieverbrauch. Im Solarcoin-System werde dagegen nur ein Rechner per Zufall ausgewählt, der dann den neuen Block mit den neuen Solarcoins erzeuge. „Ein rechenintensives Mining von Solarcoins findet also nicht statt.“ sagt Thiel. Im Gegenzug erhalten die Solarcoin-Miner dann einen Ertrag in Form eines kleinen Teils der neuen Solarcoins.
Neue SolarCoins erzeugen
Das eröffnet digital und krypto-affinen Solaranlagenbetreibern eine zusätzliche Einnahmequelle. Denn prinzipiell könne jeder Solaranlagenbetreiber zum Solarcoin-Miner werden, sagt Thiel, Notwendig seien neben Software und Hardware eine stabile dauerhafte Verbindung ins Internet und ein Guthaben an SolarCoins. Denn oft würden diejenigen für die Verifizierung neuer Datenblöcke ausgewählt, die bereits viele SolarCoins haben.
Vertrauensfrage
Ob damit allerdings eine wirkliche und dauerhafte Wertsteigerung verbunden sein wird, ist offen. „Eine Währung lebt vom Vertrauen“, sagt Thiel. Je mehr dieser Währung trauten, desto höher sei die Chance, dass sie sich parallel zu anderen Kryptowährungen etabliere und an Wert gewinne.
Bis dahin bleibt der Solarcoin für SMA vor allem ein Marketinginstrument. Und eines, was Firma und Kunden nichts kostet und dessen Management weitgehend reibungslos abläuft. Zwar habe es anfangs technische Probleme gegeben. Diese hätten aber damit zu tun gehabt, dass die Stiftung mit dem Ansturm auf die SolarCoins überfordert gewesen sei. So seien zeitweise für die SunnyPortal-Nutzer die Coins nicht angezeigt worden oder die Zuteilung erfolgte um mehrere Monate verzögert.
Keine Doppelzählung
Ein weiteres Problem kann dann auftreten, wenn Betreiber – wie im Falle einer Kundin – wegen deutscher EEG-Regeln zum Anlagensplitting mehrere Anlagen an einem Standort an SolarCoin melden. Das, so Thiel, werde von der Stiftung bisher abgelehnt.
21.8.2020 | Autor: Oliver Ristau
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