Weltrekord-Wirkungsgrad bei organischer Photovoltaik
Das Fraunhofer-Institut für solare Energiesysteme ISE berichtet über einen Weltrekord-Wirkungsgrad bei organischer Photovoltaik. Demnach sei es zusammen mit dem
Freiburger Materialforschungszentrum FMF der Universität Freiburg gelungen, die Effizienz auf 14,9% zu steigern. Das sei ein Rekordwert für organische Solarzellen mit mindestens 1 cm2 Fläche. Bisher lag der Rekord bei 12,6 %.
Das Fraunhofer ISE arbeitet seit vielen Jahren in enger Kooperation mit den Freiburgern an organischen Solarzellen und -modulen. Das Ziel sei, zusammen mit Partnern aus der Industrie diese Technologie weiterzuentwickeln und kostengünstig verfügbar zu machen. Deshalb liege ein Fokus der Forschungsarbeiten darauf, kostengünstige und umweltfreundliche Materialien einzusetzen und ebensolche Prozesse für die Aufskalierung mittels Rolle-zu-Rolle Verfahren zu entwickeln, um dann Solarmodule quasi wie Folien zu produzieren.
Hohes CO2-Einsparpotential
Die organische Photovoltaik kann aufgrund ihrer spezifischen Eigenschaften zahlreiche neue Anwendungsfelder erschließen. Organische Solarzellen kommen ohne Verwendung von Schwermetallen und anderen kritischen Elementen aus. Sie haben zudem ein geringes Gewicht und sind mechanisch flexibel. Ferner lassen sich sehr gut integrieren und haben auch bei semitransparenter Bauart ein homogenes Erscheinungsbild. Durch Auswahl organischer Halbleiter, die ausschließlich infrarotes Licht absorbieren, können transparente Solarzellen für Fenster und Agrarschutzfolien oder Gewächshausgläser zum Einsatz kommen. So könnten sie die verschiedene Nutzen wie Schutz gegen Unwetter und Überhitzung mit einer relevanten Stromerzeugung verbinden.
Da organische Solarmodule mit sehr geringem Einsatz an Material und Energie hergestellt werden können, haben sie ein sehr hohes CO2-Einsparpotenzial. Somit könne die Technologie sowohl einen Beitrag zur Vermeidung als auch zur Anpassung an den Klimawandel leisten, indem sie aufwändige Schutzanlagen in der Landwirtschaft über den Stromertrag refinanziert. Bis zur Produktreife gelte es allerdings noch einige wichtige Entwicklungsschritte erfolgreich zu bestreiten.
Neue Materialien liefern mehr Strom
Im Gegensatz zu anorganischen Solarzellen wie beispielsweise aus kristallinem Silizium besteht die Absorberschicht organischer Solarzellen nicht aus einem Material, sondern aus einem sogenannten Donor/Akzeptor Materialgemisch. Dies sei notwendig, da die Ausbeute an freien Ladungsträgerpaaren sonst zu gering wäre. Nach der Absorption von Photonen komme es sehr schnell zu einem Ladungsträgertransfer an der Grenzfläche der beiden Materialien. In der Vergangenheit wurden als Akzeptor zumeist Fullerene, also C60-Derivate verwendet. Dabei kam es beim Ladungstransfer in der Regel zu einem erheblichen Energieverlust, der die Spannung der Solarzelle entsprechend reduzierte.
Zudem absorbieren Fullerene nur sehr wenig Sonnenlicht, weshalb hauptsächlich die Donorkomponente den Strom generierte. Da organische Halbleiter meist nur in einem bestimmten Wellenlängenbereich absorbieren, konnte dadurch das Sonnenspektrum nicht gut genug ausgenutzt werden. Diese beiden Limitierungen hätten Materialinnovationen überwunden. Inzwischen kämen als Akzeptor Moleküle zum Einsatz, die den Donormaterialien deutlich ähnlicher sind. Das habe zu einer deutlichen Erhöhung der Stromausbeute geführt. Eine bessere Anpassung der energetischen Niveaus von Donor und Akzeptor führte zugleich zu einer Erhöhung der Spannung. So konnten weltweit inzwischen mit einer ganzen Reihe unterschiedlicher Absorbermaterialien vielversprechende Wirkungsgrade erzielt werden.
Wirkungsgradsteigerung auf größerer Zellfläche
Allerdings geschieht das im Allgemeinen auf sehr kleinen Zellflächen von oft nur einigen Quadratmillimetern. Aus diesem Grund haben die Forscher*innen am Fraunhofer ISE bereits vor einiger Zeit ein Zell-Layout entworfen, welches den photogenerierten Strom sehr effizient von der aktiven Zellfläche ableitet. „Als wir nun hohe Wirkungsgrade mit einem kommerziellen Absorbermaterial auf kleinen Laborzellen erreichten, wollten wir wissen, ob sich das auch auf der größeren Fläche von 1,1 cm2 realisieren lässt. Die Ergebnisse stellten uns sehr zufrieden, da wir keinerlei Einbußen zu verzeichnen hatten“. Das sagt Birger Zimmermann, Teamleiter für Produktionstechnologie Organischer Solarzellen am Fraunhofer ISE.
Die zertifizierte Messung im CalLab PV Cells des Fraunhofer ISE ergab dann den Wert von 14,9%. „Dies ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung«, ergänzt Uli Würfel, Abteilungsleiter Organische und Perowskit-Photovoltaik am Fraunhofer ISE und Gruppenleiter am FMF der Uni Freiburg, »und wir haben darüber hinaus noch ein paar Ideen, wie sich der Wirkungsgrad weiter steigern lässt. Die nächsten Wochen und Monate werden also sehr spannend.“
Dabei verlieren die Freiburger Forscher*innen nicht aus dem Blick, dass das übergreifende Ziel das Rolle-zu-Rolle prozessierte Modul ist, bei dem noch weitere Randbedingungen zu erfüllen ist. Nachdem sich zunächst auf kleiner Fläche in Laborprozessen das Potenzial der neuartigen organischen Absorbermaterialien zeigte, gehe es nun darum Wege zu finden, wie sich dieses Potenzial möglichst vollständig in großflächige, leistungsfähige Module umsetzen lasse.
„Gemeinsam mit Industriepartnern werden wir die Organische Photovoltaik weiter zur Marktreife führen« sagt Institutsleiter Professor Andreas Bett. „Diese Technologie, mit ihren flexiblen Anwendungsmöglichkeiten ist langfristig ein wichtiger Baustein für den dringend notwendigen Ausbau der Photovoltaik als wichtigstem Pfeiler der Energiegewinnung in einem nachhaltigen System.“
Die Arbeiten stehen im Rahmen des vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) geförderten Projekts „H2OPV – Organische Photovoltaik zur Abdeckung von Wasserreservoiren“.
24.9.2020 | Quelle: Fraunhofer ISE | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH