Stadtwerke München nutzen Grundwasser für Fernkälte

Zu sehen ist der Start der Bohrarbeiten für die neue Fernkälte in München.Foto: SWM/Marcus Schlaf
Das Erdreich wird innen ausgebaggert, der Ring sinkt ein und das nächste Element wird aufgesetzt – bis der Brunnen gut 20 Meter tief ist.
Die Stadtwerke München (SWM) erstellen für neu entstehende Bürogebäude in München-Ramersdorf die Wärme- und Kälteversorgung. Dabei nutzen sie auch die Energie des oberflächennahen Grundwassers. Vom Sommer 2021 an wird das gewonnene Grundwasser dann als Energiequelle zum Heizen und zum Kühlen eingesetzt.
Erstmals Horizontalfilterbrunnen für Fernkälte

Jetzt haben die Bohrarbeiten für insgesamt fünf Brunnen begonnen, die das Fernkälte-Netz speisen sollen. Sie werden jeweils 15 bis 20 Meter tief in die quartäre Kiesschicht der Münchner Schotterebene getrieben.

  • Es entstehen vier Vertikalfilterbrunnen (zwei Förderbrunnen zur Gewinnung des Wassers, zwei Schluckbrunnen zur Rückführung des Wassers). Jeder hat einem Bohr-durchmesser von 1,50 Meter.
  • Erstmals errichten die SWM zudem auch einen Horizontalfilterbrunnen für Fernkälte. Sein Schacht hat einem Innendurchmesser von 3,20 Meter. In 17 Metern Tiefe hat dieser Schacht drei jeweils 40 Meter lange horizontale Filterstränge. Diese Wasser-Sammelstollen werden mit speziellem Horizontalbohrgerät unterirdisch erstellt.

Im Endausbau werden die Brunnen zusammen bis zu 120 Liter Wasser pro Sekunde in das bereits errichtete 2,2 Kilometer lange Fernkältenetz einspeisen.

Umwelt- und klimafreundliche Lösung für mehr Komfort

Das Grundwasser wird aus den Förderbrunnen entnommen, zum Nutzer geführt, dort erwärmt oder abgekühlt und anschließend über die Schluckbrunnen zurück in die grundwasserführende Schicht geleitet. Das Wasser wird dabei nicht verändert. Es ist lediglich geringfügig wärmer bzw. kälter als bei der Entnahme.

Die Energiezentralen der Gebäude werden mit Niedertemperatur-Wärmepumpen, Kältemaschinen sowie Hybrid-Wärme-pumpen-Kältemaschinen ausgestattet. Die Energie des Grundwassers kann dadurch dreifach genutzt werden:

  • direkte Gebäudekühlung (mit ca. 12 bis 14°C),
  • Wärmequelle für die hocheffizienten Wärmepumpen (Niedertemperaturwärme)
  • Rückkühlung der hocheffizienten Kältemaschinen (für tiefere Temperaturen um die 6°C).

Im Endausbau werden die Anlagen Wärme und Kälte mit einer Leistung von bis zu 3 Megawatt erzeugen. Die Hybrid-Wärmepumpe steuert die Erzeugung, wenn Wärme und Kälte gleichzeitig benötigt werden. Damit ist die jederzeit zuverlässige und klimafreundliche Versorgung der Bürogebäude inklusive großer Serverräume sichergestellt. Ein ergänzender Fernwärmeanschluss stellt die Versorgung mit Hochtemperaturwärme sicher, die etwa Küchen und Kantinen benötigen.

Helge-Uve Braun, Technischer SWM Geschäftsführer: „Die effiziente Kombination von Wärme- und Kälte-Erzeugung im Fernkälte-System ist ein weiterer Schritt der SWM zum Schutz des Grundwassers. Durch die Doppelnutzung wird dessen Temperatur weniger stark verändert, als wenn nur Kälte gewonnen würde. Das vorhandene Reservoir kann so nachhaltiger und umweltschonender bewirtschaftet werden.“

Fernkälte: ein Mittel gegen die Stadterwärmung

In den Sommermonaten erwärmen sich Städte, vor allem die Innenstädte, immer stärker. Ein Mittel dagegen ist Fernkälte. Die SWM erzeugen die Fernkälte zentral und verteilen sie über Rohrleitungen an die Kunden. Natürliche Energiequellen, wie Grundwasser und Stadtbäche, leisten dabei einen erheblichen Beitrag zur Kälteerzeugung. Helge-Uve Braun: „So sinkt der Energieeinsatz um bis zu 70 Prozent gegenüber konventionellen Klimaanlagen, entsprechend reduzieren sich auch die CO2-Emissionen. Zudem entfallen individuelle Anlagen in den Gebäuden und deren Abwärme vor Ort. Damit wirkt die Fernkälte auch der sommerlichen Hitzeglocke über der Innenstadt sowie der Gesamterwärmung Münchens entgegen.“

Ergänzender Baustein zum Gelingen der Wärmewende

Helge-Uve Braun: „Der Wärmebezug aus Grundwasser, also oberflächennahe Geothermie, kann ein weiterer Baustein für das Gelingen der Münchner Wärmewende sein, vor allem in Bereichen, die nicht mit Fernwärme erschlossen sind. Die Wärmenutzung des Grundwassers trägt zudem dazu bei, eine übermäßige Erwärmung des Grundwassers aufzufangen und zu reduzieren.“

19.10.2020 | Quelle: SWM | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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