Neue Studie: Vor- und Nachteile von Wasserstoffimporten

Zu sehen ist ein Balkendiagramm mit den Herstellungskosten von grünem Wasserstoff in Deutschland aus der Studie Vor- und Nachteile von Wasserstoffimporten.Grafik: Wuppertal Institut, DIW Econ
Was kostet grüner Wasserstoff aus Deutschland?
Grüner Wasserstoff aus Deutschland muss nicht unbedingt teurer sein als importierter Wasserstoff. Die Produktion im eigenen Lande bringt aber eine positive Beschäftigungswirkung und eine zusätzliche Wertschöpfung. Das hat eine Studie vom Wuppertal Institut und DIW Econ ergeben.

Deutschlands Klimaschutzstrategie baut auf den Einsatz von grünem Wasserstoff aus erneuerbaren Energien. Doch wo soll der Wasserstoff herkommen, aus heimischer Produktion oder importiert aus dem Ausland? Eine neue Studie über Vor- und Nachteile von Wasserstoffimporten des Wuppertal Instituts und DIW Econ schafft einen Überblick über die aktuelle Datenlage und ermittelt Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekte beider Strategien. Das Resümee: Es trifft nicht zu, dass importierter Wasserstoff allgemein günstiger ist, entscheidend sind je nach Herkunftsland die tatsächlich realisierbaren Strom- und Transportkosten. Produziert man den grünen Wasserstoff stattdessen im eigenen Land, entfaltet dies zudem eine positive Beschäftigungswirkung und Wertschöpfung. Mit der Erreichung der Klimaziele 2050 betrüge die zusätzliche Wertschöpfung bei einer stark auf die heimische Erzeugung ausgerichtete Strategie bis zu 30 Mrd. Euro im Jahr 2050 und man könnte bis zu 800.000 Arbeitsplätze schaffen.

Die Studie zur „Bewertung der Vor- und Nachteile von Wasserstoffimporten im Vergleich zur heimischen Produktion“ wurde vom Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) und vom Landesverband Erneuerbare Energien NRW (LEE NRW) in Auftrag gegeben.

Heimische Produktion für neues Wirtschaftswunder

Christian Mildenberger, Geschäftsführer des LEE NRW sagt: „Im Energieland NRW sind die Unternehmen auf die Verfügbarkeit von grünem Wasserstoff angewiesen, um ihre Produktion klimaneutral zu machen. Die Studie zeigt durch ihre Gesamtbetrachtung eindrücklich auf, dass dieser besser im eigenen Land erzeugt werden sollte. Es wird zudem klar, dass H2-Importe nicht automatisch günstiger sind und die Wertschöpfungseffekte bei heimischer Produktion ein neues Wirtschaftswunder in Deutschland auslösen könnten mit Blick auf die potenziellen Arbeitsplätze. Und die Erneuerbare-Energien-Potenziale dafür sind da.“

Simone Peter, Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE) ergänzt: „Mit der Nationalen Wasserstoffstrategie haben wir in Deutschland bisher nur beschlossen, grünen Wasserstoff in großem Stil zu konsumieren. Jetzt muss auf die Agenda, ausschließlich grünen Wasserstoff zu fördern und ihn dann auch hier zu produzieren! Die Bundesregierung muss die Blockaden lösen und entsprechende Anreize setzen, um die entsprechende Zahl von Elektrolyseuren für grünen Wasserstoff, die Infrastruktur und vor allem ausreichend Strom aus Erneuerbaren Energien im eigenen Land zu erzeugen. So können wir Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit und Klimaschutz in der modernen Energieversorgung vereinen.“

Wasserstoffstrategie der Bundesregierung setzt auf Importe

Ausgangspunkt der Untersuchung ist die neue Wasserstoffstrategie der Bundesregierung, die vor allem auf den Import des viel diskutierten Energieträgers setzt. Mit dem Import sind allerdings nicht nur hohe Unsicherheiten verbunden, auch könnte dies in den produzierenden Ländern zu unerwünschten Effekten führen, wie einer verschleppten Energiewende, wenn man nicht von Anfang an die Transformation des Energiesystems vor Ort mitdenkt. Die Folge: Deutschland importiert grünen Wasserstoff, aber im Produktionsland fachen fossile Energieträger weiterhin den Klimawandel an. Auch besteht die Gefahr, dass wasserstoffnutzende Produktionszweige wie die Stahl- und Chemieindustrie zunehmend dahin abwandern, wo man den Wasserstoff produziert.

„Aktuell wird zu sehr über die Kosten und zu wenig über die Notwendigkeiten und positiven Effekte der heimischen Wasserstoffproduktion aus erneuerbaren Energien gesprochen. Wir brauchen sie als flexibles Speicherelement für die Integration von erneuerbarem Strom sowie als Grundlage für die Dekarbonisierung der heimischen Schwerindustrie. Dadurch bieten sich für Deutschland große Chancen, sich als Vorreiter und Spezialist auf dem künftigen Weltmarkt für grünen Wasserstoff zu positionieren“, sagt Frank Merten, Co-Leiter des Forschungsbereichs Systeme und Infrastrukturen in der Abteilung Zukünftige Energie- und Industriesysteme am Wuppertal Institut und Projektkoordinator der Studie.

Yann Girard, Co-Autor der Studie und Manager beim DIW Econ, betont: „Aus Klimaschutzgründen muss der zukünftig genutzte Wasserstoff ausschließlich aus Strom aus erneuerbarer Energie gewonnen werden und damit grün sein. Die heimische Produktion von grünem Wasserstoff hat zudem ein enormes volkswirtschaftliches Potenzial mit Blick auf Wertschöpfung und Beschäftigung und sollte bei der Entscheidung, wie viel Wasserstoff aus dem Ausland importiert wird, nicht außer Acht gelassen werden.“

Kernergebnisse der Studie

• Im optimistischen Szenario eines heimischen Wasserstoff-Produktionsanteils von 90 % sind Wertschöpfungseffekte von bis zu maximal 30 Mrd. Euro im Jahr 2050 und bis zu mehr als 800.000 zusätzlichen Arbeitsplätzen möglich, die im direkten und indirekten Zusammenhang mit der grünen Wasserstoffproduktion stehen.

• Große Synergien ergeben sich vor allem dort, wo mit zunehmendem Einsatz fluktuierender Energieträger Überschussmengen in Wasserstoff umgewandelt werden. Strom aus Onshore-Windenergieanlagen ermöglichen im Vergleich zum H2-Import zudem eine konkurrenzfähige H2-Erzeugung.

• Wasserstoffimporte via Schiffstransport sind aus ökonomischen Gründen nicht sinnvoll, da diese eine energieintensive Verflüssigung voraussetzen. Die Kosten für den Transport per Schiff sind drei Mal so hoch wie beim Transport per Pipeline und rechnen sich erst ab 4.000 km Entfernung zum Produktionsland.

• Viele potenzielle Exportländer sind selbst stark abhängig von fossilen Energieträgern. In Marokko etwa machen fossile Energieträger derzeit rund 90% des Primärenergiemix aus und werden auch in 2030 noch tragende Rollen einnehmen. In solchen Regionen birgt eine stark exportorientierte Wasserstoffwirtschaft das Risiko, die Energiewende vor Ort zu verschleppen mit negativen Effekten für den Klimaschutz.

Die Studie „Bewertung der Vor- und Nachteile von Wasserstoffimporten im Vergleich zur heimischen Produktion“ ist unter dem nebenstehenden Link zu finden.

4.11.2020 | Quelle: BEE | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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