EEG2021: Wuchergebühr für Nullverbrauch von PV-Anlagen abschaffen!

Zweirichtungszähler im ZählerschrankFoto: Guido Bröer
Sobald der Zweirichtungszähler einer PV-Anlage einen minimalen Stromverbrauch anzeigt, berechnen Stromversorger hohe Grundgebühren. Der Bundestag müsse das verhindern, fordern Verbraucherschützer.
Der Bundestag sollte im Zuge der EEG-Novelle endlich das leidige Problem von unverhältnismäßigen Grundgebühren für den sogenannten Null- oder Marginalverbrauch von Solarwechselrichtern aus der Welt schaffen. Das fordern Verbraucherschützer laut einem Solarthemen-Bericht. Zusätzliche Dringlichkeit bekomme das Anliegen vor dem Hintergrund der ausgeförderten Ü20-Photovoltaikanlagen.

„Die EEG-Reform wäre eine gute Gelegenheit, eine Marginalgrenze für die Berechnung des Stromverbrauchs von PV-Anlagen festzulegen, die andernfalls nach der Rechtsprechung in die Grundversorgung fallen“, sagt der Verbraucheranwalt Peter Nümann aus Karlsruhe. Er hat in den letzten Jahren im Rahmen des „Solidarfonds Nullverbrauch“ zahlreiche betroffene Betreiber von PV-Anlagen beraten und einen Musterprozess bis zum Landgericht München geführt. Die Richter haben dem klagenden Anlagenbetreiber allerdings in ihrem Urteil vom 31. Juli 2020 kein Recht gegeben. Vielmehr argumentierten sie, dass eine Marginalgrenze nunmal nicht existiere und deshalb allenfalls vom Gesetzgeber zu regeln sei. Der weitere Rechtsweg ist dem Kläger wegen des geringen Streitwerts verwehrt.

150 Euro für eine einzige Kilowattstunde

Das Problem, um das es geht, ist in der Solarszene seit Jahren bekannt. Zahlreiche Wechselrichtermodelle – wenn nicht gar alle – beziehen im Stand-by-Betrieb, also beispielsweise nachts, minimale Strommengen. Diese liegen zwar oft unterhalb der Messschwelle konventioneller Stromzähler. Mitunter weisen die Messtellen aber auch einen geringen Stromverbrauch aus und damit fängt das Theater für die betroffenen Anlagenbetreiber an.

Denn nach derzeitiger Rechtsauffassung von Bundesnetzagentur und Gerichten begründet schon ein einmaliger minimaler Strombezug von einer Kilowattstunde das Zustandekommen eines Stromliefervertrages mit dem zuständigen Grundversorger. Der ohne Unterschrift „konkludent“ zustandekommende Vertrag kostet schon in der Grundgebühr je nach Region 150 bis 160 Euro pro Jahr, selbst wenn nur eine Kilowattstunde verbraucht wird. Über das Problem und die diversen Auslegungshilfen dazu, etwa von der Schiedsstelle Elektrizität, der Clearingstelle EEG/KWKG und der Bundesnetzagentur, haben die Solarthemen mehrfach berichtet (z.B. am 1.3.2019, 29.5.2018, 27.4.2018, 23.12.2017, 24.3.2016,)

Peter Nümann hofft nun auf ein Einsehen des Gesetzgebers, denn mit juristischen Mitteln sei den Betroffenen offenbar nicht zu helfen. Es könne beispielsweise an passender Stelle im Energierecht eine Bagatellgrenze von beispielsweise einer Kilowattstunde pro Monat definiert werden, die ausschließlich für EEG-Volleinspeiser gelten würde.

Ü20-Anlagen besonders betroffen

Thomas Seltmann, Photovoltaikreferent der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, sieht die Bundesregierung hier spätestens seit ihren Vorschlägen für die Behandlung von „ausgeförderten“ Ü20-Anlagen in der Pflicht. Wenn die Bundesregierung tatsächlich die Volleinspeisung solcher Anlagen vorübergehend zum Regelfall machen wolle, dann könne es nicht sein, dass schon die Grundversorgungs-Kosten für einen etwaigen Minimal-Strombezug dieser kleinen Anlagen deren gesamten Stromerlös überstiegen. Und selbst wenn für etliche dieser Anlagen deren alte Ferraris-Induktionszähler aufgrund ihrer Anlaufschwelle 20 Jahre lang keinen Verbrauchsstrom angezeigt hätten, könne es sein, dass sich dies mit dem nächsten turnusmäßigen Zählertausch und einem modernen Messsystem plötzlich ändere.

Seltmann sagt: „Wenn der Gesetzgeber jetzt nicht diese unnötige Regelungslücke schließt, wird die geplante Anschlussregelung zur Volleinspeisung bei Ü20-Anlagen weitgehend ins Leere laufen.“

Der vom Solarenergieförderverein (SFV) und der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS) unterstützte Solidarfonds Nullverbrauch der Anwaltskanzlei Nümann und Siebert versorgt betroffene Betreiber von PV-Anlagen auch nach dem verlorenen Rechtsstreit weiterhin mit Informationen.

18.11.2020 | Autor: Guido Bröer
© Solarthemen Media GmbH

Beliebte Artikel

Schließen