ISE entwickelt kompakten Wechselrichter für Mittelspannung

Labormodell des neuen WechselrichterstagsFoto: Fraunhofer ISE
Der neu Wechselrichterstag kann modular eingesetzt werden und ermöglicht viel kompaktere Bauweisen.
Im Projekt »SiC-MSBat« hat das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE gemeinsam mit Partnern einen hochkompakten Wechselrichter zur direkten Einspeisung in die Mittelspannung entwickelt.

Aktuell speisen Wechselrichter meist in das Niederspannungsnetz ein. Über große Transformatoren sind sie dann an das Mittelspannungsnetz gekoppelt. Der Einsatz neuartiger Transistoren aus Siliciumkarbid (SiC) mit sehr hohen Sperrspannungen ermöglicht nun auch eine direkte Anbindung der Wechselrichter an die Mittelspannung.

Durch die hohe Regeldynamik von SiC-Wechselrichtern können sie netzstabilisierende Aufgaben übernehmen und beispielsweise als Netzfilter fungieren. In dieser Funktion können sie Oberwellen im Mittelspannungsnetz kompensieren.

Höhere Leistungsdichte

Des Weiteren können SiC-Wechselrichter viel höhere Leistungsdichten als herkömmliche Wechselrichter erzielen. Dies führt zu einem kompakten Aufbau, was vor allem dann ein Vorteil ist, wenn Anlagen im innerstädtischen Bereich gebaut oder bestehende Altanlagen nachgerüstet werden sollen. Neben den reinen Systemkosten spielen gerade in Stadtgebieten auch die Bau- und Infrastrukturkosten eine sehr große Rolle.

Kompakter Aufbau durch hohe Schaltfrequenz

Im Rahmen des Projekts „SiC-MSBat – Mittelspannungsumrichter mit Hochvolt-SiC-Leistungsmodulen für Großspeicher und systemdienliche Verteilnetze“ hat das Forschungskonsortium ein 250-kW-Wechselrichter-Stack zur Einspeisung in 3-kV-AC-Netze entwickelt.

Zum Einsatz kommen dabei neuartige 3,3-kV-SiC-Transistoren. Diese weisen wesentlich geringere Verlustleistungen als vergleichbare Silicium-Transistoren auf. Dadurch ist es laut Fraunhofer-ISE möglich, den Wechselrichter-Stack mit einer Schaltfrequenz von 16 kHz zu takten. Mit Silicium-Transistoren nach dem aktuellen Stand der Technik sind in dieser Spannungsklasse nur etwa 10-mal kleinere Schaltfrequenzen möglich. Die hohe Schaltfrequenz ermöglicht Einsparungen bei den passiven Bauelementen, da sich diese kleiner dimensionieren lassen.

Eine weitere Besonderheit des Wechselrichters ist seine aktive Flüssigkeitskühlung mit einem synthetischen Esther als Kühlmedium. Dieses Medium wird durch den Wechselrichter gepumpt und kühlt sowohl die Transistoren über einen Flüssigkeitskühlkörper als auch die Filterdrosseln, die in einem geschlossenen Tank untergebracht sind. Gleichzeitig dient das Kühlmedium für die Filterdrosseln als elektrisches Isolationsmedium, wodurch die Filterdrosseln noch kompakter ausfallen können.

Labortest mit 98,4 % Wirkungsgrad

Der Wechselrichter für die Mittelspannung haben Forschende in den Labors des Fraunhofer ISE aufgebaut und getestet, wobei er bei der Nennleistung einen sehr hohen Wirkungsgrad von 98,4 Prozent erzielte. Die Konstruktion des Geräts erlaubt das modulare Zusammenschalten von mehreren Wechselrichter-Stacks. Es erreicht so Systemleistungen von mehreren Megawatt. Unter Berücksichtigung von zusätzlichem Bauraum für Schaltgeräte und Kühlaggregat erreicht die Neuentwicklung laut ISE eine Volumeneinsparung von bis zu 40 Prozent gegenüber kommerziellen Wechselrichtersystemen dieser Spannungsklasse.

Das Projekt hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) im Rahmen des 6. Energieforschungsprogramms unter dem Teilgebiet »Integration erneuerbarer Energien und regenerative Energieversorgungssysteme« gefördert. Projektpartner waren die Semikron Elektronik GmbH & Co. KG und die STS Spezial-Transformatoren Stockach GmbH. Semikron übernahm in dem Projekt die Entwicklung der 3,3-kV-SiC-Module, STS war für die induktiven Bauelemente hauptverantwortlich.

Zukünftige Leistungselektronik in der Mittelspannungsebene

Das Fraunhofer ISE sieht viele potenzielle Anwendungsgebiete für den Einsatz von hochsperrenden SiC-Bauelementen im Bereich der Mittelspannung. »Gerade bei großen Photovoltaikkraftwerken geht der Trend zu immer höheren Spannungen«, so Andreas Hensel, Teamleiter Leistungselektronik für die Mittelspannung am Fraunhofer ISE. »Mit der seit wenigen Jahren verfügbaren 1500-V-PV-Technologie wird die Niederspannungsrichtlinie bereits voll ausgereizt. Der nächste Schritt wird hier der Übergang zur Einspeisung auf Mittelspannungsebene sein, welcher weitere Einspar- und Verbesserungspotenziale im Systemkonzept von PV-Kraftwerken mit sich bringen wird.« Weitere Anwendungsgebiete von Mittelspannungs­leistungselektronik sind neben regenerativen Kraftwerken und großen Batteriespeicheranlagen auch Antriebssysteme und die Bahntechnik.

Für den Test derartiger Systeme steht dem Fraunhofer ISE seit 2019 das Multi-Megawatt-Labor zur Verfügung. Dieses ermöglicht den Betrieb von Mittelspannungssystemen mit einer Leistung bis 20 MVA.

25.1.2021 | Quelle: Fraunhofer ISE
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