Deutsche Umwelthilfe fordert: Kohleausstieg zum Einstieg in grüne Fernwärme nutzen
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) fordert Bund, Länder und Kommunen auf, den Kohleausstieg zu nutzen, um für grüne Fernwärme den Weg zu ebnen. Momentan geht der Weg in eine andere Richtung. Dies zeigt eine Umfrage der DUH unter Betreibern von Steinkohlekraftwerken, die auch Fernwärme liefern. Den Aussagen der Betreiber zufolge stellen diese die Kraftwerke überwiegend auf Erdgas um. Nur an zwei von 18 befragten Kraftwerksstandorten prüft man eine Umstellung auf erneuerbare Wärme ernsthaft. Die erzeugte Fernwärme bleibt damit auf Jahrzehnte weitgehend fossil – eine Entwicklung, die die Klimaziele im Wärmesektor konterkariert. Der Anteil erneuerbarer Fernwärme stagniert seit Jahren bei etwa 15 Prozent.
Offenbar scheint es nur wenig Anreize zu geben, erneuerbare Wärme zu nutzen. Hauptgrund ist die immer noch anhaltende massive Förderung fossiler Energie – und hier insbesondere der fossilen Kraft-Wärme-Kopplung (KWK). 72 % der über Wärmenetze verteilten Wärme stammt aus KWK-Anlagen. Diese erhalten eine großzügige Vergütung von 1.425 bis 3.880 Euro pro Kilowatt installierter Leistung während laut DUH Technologien für erneuerbare Wärme keine eigenständige Förderung erhalten. Die KWK-Förderung benachteiligt die erneuerbare Wärme ökonomisch erheblich. Diese Einschätzung bestätigt sich auch in der Umfrage. Die Kraftwerksbetreiber begründen die Umstellung auf Erdgas-KWK vor allem mit der deutlich besseren Wirtschaftlichkeit gegenüber grünen Alternativen.
Unzureichende Anreize für grüne Fernwärme
Dazu Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Der Kohleausstieg hätte zum Einstieg in die grüne Fernwärme genutzt werden müssen. Doch die Bundesregierung hat diese Chance bisher verstreichen lassen und den Unternehmen nur unzureichende Anreize gesetzt, in erneuerbare Wärme zu investieren. Wichtiger war ihr, den großen Wärmeversorgern die lukrative KWK-Förderung zu sichern und der Erdgas-Lobby neue Absatzquellen zu verschaffen. Doch wer jetzt noch in fossile Kraftwerke investiert, verhindert für Jahrzehnte den Umstieg auf grüne Wärme. Die Bundesregierung muss jetzt sofort umsteuern und die Fördergelder in erneuerbare Wärme stecken. Erst dann wird der Kohleausstieg zu einem Gewinn für den Klimaschutz.“
Die Fernwärme besitzt großes Potenzial für den Klimaschutz im Wärmesektor – gerade in verdichteten Innenstadtbereichen, wo wenig freie Flächen zur Verfügung stehen, um Solarheizwerke, Wärmepumpen oder ähnliches zu installieren. 16,5 Prozent des jährlichen Wärmebedarfs werden in Deutschland über Wärmenetze bereitgestellt. Eine Ausweitung ist machbar und auch notwendig. Bei Fernwärme können verschiedene Wärmequellen einschließlich Abwärme kombiniert und große Speicher integriert werden. So kann ganzjährig klimafreundliche Wärme bereitgestellt werden. Doch um das Klimaziel für 2050 zu erreichen, muss jetzt investiert und geplant werden.
Constantin Zerger, Leiter Energie und Klimaschutz der DUH, kommentiert: „Die Fernwärmebranche muss sich neu aufstellen, um den Herausforderungen des Klimaschutzes gewachsen zu sein. Anderenfalls droht sie, ihr positives Image zu verlieren. Die Nutzung von Kraft-Wärme-Kopplung ist für eine nachhaltige Wärmeversorgung nicht mehr ausreichend. Erneuerbare Alternativen weisen eine größere Effizienz bei wenig bis keinen Treibhausgasen auf. Diese Erkenntnisse müssen sich in Gesetzen und Förderprogrammen widerspiegeln. Dann haben Unternehmen und Kommunen auch einen Anreiz, auf grüne Fernwärme umzusteigen.“
Sieben konkrete Maßnahmen für grüne Fernwärme
Um das Klimaschutzpotential der Fernwärme zu erschließen, müssen laut DUH folgende Maßnahmen umgesetzt werden:
- 1. Eine Förderung für erneuerbare Wärme muss direkt erfolgen, ohne den Umweg über die KWK-Förderung. Die Förderhöhe muss technologiespezifisch variieren.
- 2. Die Erzeugung von Strom und Wärme muss getrennt erfolgen. Die gekoppelte Erzeugung in KWK-Anlagen hält den fossilen Wärmeanteil unnötig hoch und verhindert den Einsatz erneuerbarer Wärme.
- 3. Die Technologie der Kraft-Wärme-Kopplung darf nicht länger als „hocheffizient“ eingestuft und mit diesem Label gefördert werden. Systeme mit erneuerbarer Wärme sind ihnen bei der Effizienz überlegen.
- 4. Den Primärenergiefaktor als Maß für die Umweltfreundlichkeit muss man für Fernwärme zukünftig nach der sogenannten Carnot-Methode berechnen. Die derzeitige Methode lässt fossile Fernwärme rechnerisch klimafreundlich erscheinen und bremst Investitionen in grüne Wärme und gute Gebäudedämmung aus.
- 5. Jegliche Förderung fossiler Wärme – zum Beispiel fossiler KWK-Anlagen – muss enden, um die ökonomische Benachteiligung grüner Wärme zu stoppen.
- 6. Kommunen muss man zu einer Wärmeplanung im Sinne der Klimaziele verpflichten, um dort, wo es sinnvoll ist, die Umstellung auf grüne (Fern-)Wärme anzustoßen.
- 7. Die Politik muss prüfen, inwiefern man die Einspeisung erneuerbarer Wärme von Dritten in Wärmenetze ohne Nachteile gestalten kann. Wärmeerzeugung und Wärmenetzbetrieb muss man entflechten.
Warten auf grünen Wasserstoff
Die befragten Betreiber der Steinkohlekraftwerke hoffen indessen darauf, später mit erneuerbaren Gasen wie grünem Wasserstoff oder Biomethan ihre Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Doch damit verlieren sie wertvolle Zeit. Mit Wärme aus Geothermie und Solarthermie oder Umweltwärme aus Luft, Wasser und Boden könnten sie schon heute ihre Emissionen deutlich senken. Die Technologien sind praxisreif verfügbar und können kostengünstig Wärme bereitstellen. Auch werden grüne Gase nicht in großen Mengen zur Verfügung stehen und vermutlich sehr teuer sein. Sie verbrauchen zudem deutlich mehr Umweltressourcen. Es ist sinnvoller, grünen Strom in Wärmepumpen zu verwenden, als ihn mit entsprechenden Verlusten in grünes Gas umzuwandeln.
Das Positionspapier der DUH „grüne Fernwärme“ ist unter dem nebenstehenden Link downloadbar.
12.2.2021 | Quelle: DUH | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH