Thermoelektrische Generatoren ohne Tellur für Raumtemperatur

Versuchsaufbau: Thermoelektrischer Generatur auf Eiswürfeln unter einer FeuerschaleFoto: IFW Dresden / R. Uhlemann
Ein thermoelektrischer Generator wandelt Temperaturunterschiede direkt in elektrische Energie um
Thermoelektrische Generatoren wandeln Wärme direkt in Strom um. Bisher musste für die Herstellung solcher Generatoren Tellur verwendet werden – eines der seltensten Elemente der Erde. Ein internationales Forscher:innen-Team hat jetzt Alternativen aufgezeigt.

Der Ersatz des knappen Elements Tellur macht thermoelektrische Generatoren nach Darstellung des beteiligten Leibniz-Instituts für Festkörper- und Werkstoffforschung Dresden in der Herstellung günstiger bei vergleichbarer Leistung.

In vielen Verbrennungsprozessen gehen mehr als 60 Prozent der erzeugten Energie als Abwärme verloren, wovon mehr als die Hälfte im Niedertemperaturbereich anfällt (Temperaturen <300°C). Die effektive Nutzung dieser Abwärme zur Stromerzeugung ist entscheidend, um die Kosten der Energieversorgung zu mindern und die Emission von Treibhausgasen zu reduzieren. Thermoelektrische Generatoren sind dafür ein potenzieller Weg. Sie wandeln die Wärme in Elektrizität.

Ladungsträger haben bei hohen Temperaturen eine größere thermische Geschwindigkeit als bei niedrigen. Gibt es in thermoelektrischen Materialien einen Temperaturunterschied, wandern die Ladungsträger von wärmeren in kältere Bereiche und erzeugen dadurch eine nutzbare elektrische Spannung.

Lange Lebensdauer

Thermoelektrische Generatoren zeichnen sich durch einen vibrationsfreien, geräuschlosen Betrieb ohne bewegliche Komponenten aus, der eine extrem lange Lebensdauer garantiert. Die großflächige Nutzung von thermoelektrischen Generatoren beruht auf der Verfügbarkeit von kostengünstigen Hochleistungs-Materialien und Modulen, die effizient und verlässlich unterhalb von 300°C arbeiten.

Seit über 50 Jahren basieren kommerzielle thermoelektrische Generatoren auf Bismuttellurid-Verbindungen, die durch ihre guten thermoelektrischen Eigenschaften im Niedertemperaturbereich bestechen. Ein großflächiger Einsatz von Bismuttellurid-basierten Generatoren ist jedoch durch die Knappheit von Tellur stark begrenzt. Das ELement Tellur macht in der Erdkruste nur einen Milliardstel Teil (0,001 ppm) aus, und die weltweite Jahresproduktion beträgt weniger als 500 Tonnen. Daher halten de die Forscher:innen für unerlässlich, thermoelektrische Generatoren vergleichbarer Leistung aus anderen, häufiger vorkommenden Materialien zu entwickeln.

Internationales Team

Wissenschaftler des Leibniz-Instituts für Festkörper- und Werkstoffforschung Dresden, in Kooperation mit Prof. Zhifeng Ren vom Texas Zentrum für Supraleitung (TcSUH) der Universität Houston, haben nun erstmals einen leistungsstarken Tellur-freien thermoelektrischen Generator auf Basis von Magnesium-Antimon Verbindungen entwickelt, der auf einem einfachen, flexiblen und gut skalierbaren Fertigungsprozesses basiert. Diese neuen thermoelektrischen Generatoren erreichen einen Wirkungsgrad von 7.0 Prozent bei einer Temperaturdifferenz von 250°C und übertreffen damit sogar den Wirkungsgrad kommerzieller Bismuttellurid-basierter thermoelektrischer Generatoren (ca. 5.2 Prozent). Diese Arbeit stellt eine praktikable und nachhaltige Alternative zu Bismuttellurid-basierten thermoelektrischen ebnet nach EInschätzung des Forschungsteams den Weg für einen weit verbreiteten Einsatz thermoelektrischer Generatoren zur Energiegewinnung im Niedertemperaturbereich und zur thermoelektrischen Kühlung.

Auch die Bielefelder Professorin Dr. Gabi Schierning ist an der Veröffentlichung der Ergebnisse im Fachmagazin Nature Communications beteiligt.„Alternativen zu Tellur zu finden, ist sehr wichtig für die Anwendbarkeit der Thermoelektronik. , erklärt sie. Die Physikerin erforscht thermoelektrische Materialien und Bauelemente in der Arbeitsgruppe Dünne Schichten und Physik der Nanostrukturen. Obwohl sich die Anwendung auch in Verbindung mit erneuerbaren Energie wie Biomasse denken lässt, haben die Forschenden die Thermoelektrik offenbar zunächst eher als Effizienztechnologie für fossile Feuerungsprozesse vor Augen. Schierning erklärt: „Bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe geht ein großer Teil der erzeugten Energie als Abwärme verloren. Indem aus der Abwärme wieder Elektrizität generiert wird, ließe sich zum Beispiel der Ausstoß von Treibhausgasen verringern.“

Die neuen Bauelemente basieren auf Magnesium und Antimon

Für ihre Studie haben die Wissenschaftler:innen chemische Verbindungen verwendet, die auf den Elementen Magnesium und Antimon basieren. „Dass solche Verbindungen geeignete Materialien für die Thermoelektronik sind, war schon einige Zeit bekannt. Bisher konnte aber nicht gezeigt werden, dass sich aus ihnen auch funktionierende thermoelektrische Bauelemente herstellen lassen. Das ist uns nun gelungen“, so Schierning.

Zunächst haben die Wissenschaftler*innen die thermoelektrischen Materialien synthetisiert. Dazu werden alle Bestandteile zu einem feinen Pulver vermahlen und unter Hitze verdichtet. Aus diesen Materialien wird danach das Modul angefertigt. Dr. Pingjun Ying und Dr. Ran He vom Leibniz-Institut für Festkörper- und Werkstoffforschung IFW Dresden haben dafür sowohl die Synthese der Materialien als auch den Aufbau optimiert. So, dass das Bauelement möglichst effizient elektrische Energie generieren kann. Das hängt zum Beispiel von der Schichtung des Materials oder der geometrischen Struktur des Moduls ab. Diese Untersuchungen zeigen, dass die Magnesium-basierten Bauelemente genauso effizient sind wie Tellur-basierte.

Wissenschaftlerin vom Europäischen Forschungsrat gefördert

Gabi Schierning war ebenfalls am Leibniz-Institut in Dresden tätig. Seit Oktober 2020 ist sie Professorin für Experimentalphysik an der Fakultät für Physik der Universität Bielefeld. Der Europäische Forschungsrat ERC hat sie Ende 2019 mit dem ERC Consolidator Grant ausgezeichnet. In dem mit zwei Millionen Euro geförderten Projekt MATTER geht Schierning der Frage nach, wie Oberflächen von thermoelektrischen Materialien beschaffen sein müssen, um effizient elektrischen Strom zu transportieren. „Ich versuche in meiner Forschung den Spagat zwischen Anwendung und Grundlagen“, sagt Schierning.

23.2.2021 | Quelle: IFW Dresden, Universität Bielefeld | Solarserver
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