Oberhausen: Wirtschaftsentwicklung mit Wasserstoffcampus

Nachstimmung im Oberhausen. Am oberen Bildrand eine beleuchtete Brücke über einem Kanal. Weiter hinten ein beleuchteter Schornstein.Foto: Johnny / stock.adobe. com
Die Ruhrstadt Oberhausen will eine Brücke in die Wasserstoffwirtschaft schlagen.
Die Stadt Oberhausen will mit dem „Campus for Hydrogen Technologies Oberhausen - HydrOB" oder leichter dem Wasserstoffcampus Forschung und Firmen rund um den Trendenergieträger Wasserstoff vernetzen. Das Projekt steckt noch in den Anfängen, soll aber - wie andere Technologiezentren auch - die Entwicklung von Unternehmen vorantreiben.

Ein Herzstück des Waserstoffcampus soll ein „Competence Center“ sein, also ein konkreter Standort mit Laboren und Technika zum Forschen und Entwickeln. Dabei soll insbesondere die Gelegenheit zur firmenübergreifenden Zusammenarbeit entstehen. Auch Start-ups sollen die Räume nutzen können. Das Competence Center soll darüber hinaus Weiterbildungen für Facharbeiter:innen und Ingenieur:innen anbieten.

Piloprojekte für Wasserstoff

Das zweite Element des Wasserstoffcampus sind die „Living Labs“. Das sind Pilotprojekte, die sich jeweils bestimmten Aspekte der Wasserstoffgewinnung oder -nutzung zuwenden und im Alltag erproben. Das erste dieser Living Labs soll ein 1-Megawatt-Elektrolyseur (entspricht etwa 450 kg Wasserstoffproduktion pro Tag) an der Gemeinschafts-Müll-Verbrennungsanlage Niederrhein (GMVA) in Oberhausen sein. Den dort erzeugten Wasserstoff will das Projekt in einer öffentlichen Tankstelle bereitgestellen und dazu beitragen, den öffentlichen Nahverkehr und Müllfahrzeuge klimafreundlicher zu machen.

Grüner Anspruch – noch nicht ganz eingelöst

HydrOB will mit grünem, also regenerativ erzeugtem Wasserstoff, arbeiten. Dieser Teil des Programms stützt sich aber bislang noch allein auf die Müllverbrennungsanlage von Oberhausen, die die GMVA Gemeinschafts-Müll- Verbrennungsanlage Niederrhein GmbH betreibt. „Da die eingesetzten Abfälle zur Hälfte biogenen Ursprungs sind, ist auch der Strom zur Hälfte grün. Mit diesem grünen Strom stellen wir also grünen Wasserstoff her“, erklärt GMVA-Geschäftsführerin Michaela Schröder. Derzeit wartet sie auf die Förderzusagen für die Elekrolyseanlage und die Fahrzeuganschaffung. Wenn alles glatt geht, sollen Elektrolyseur und Tankstelle 2023 in Betrieb gehen. Die Zwischenzeit will GMVA nutzen, um auch die Werkstätten der städtischen Unternehmen vorzubereiten – hier will sie auch Brennstoffzellenfahrzeuge warten und und gelegentlich reparieren.

Mehr Unternehmen können profitieren

Prof. Görge Deerberg, stellvertretender Leiter des Fraunhofer-Instituts für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik (UMSICHT), hat eine ganze Reihe weiterer Ideen für Living Labs im und am Wasserstoffcampus. Diese beinhalten die Herstellung des Wasserstoffs und dessen Einsatz, wie die Herstellung von Chemikalien und Treibstoffen oder die Einspeisung ins Gasnetz. Außerdem gehören dazu alle Details entlang der Wertschöpfungskette. „Wir brauchen auch Ventile und Dichtungen, die für den Einsatz in der Wasserstoffinfrastruktur geeignet sind“, sagt Deerberg.

Projekte, die gezielt Wasserstoff als Konterpart der fluktuierenden Stromquellen Wind und Sonne nutzen, kommen bei HydrOB bisher nicht vor. „Der dynamische Betrieb von Elektrolyseuren wurde bereits erprobt. In der Anwendung ist es vor allem ein finanzielles Problem, da bei weniger Betriebsstunden und gleichen Investitionen die Kosten für den Wasserstoff steigen“, sagt Deerberg. Das Thema der Systemintegration sei aber auch für HydrOB relevant, heißt es von den Partnern. Vernetzen wollen die Projektpartner möglichst alle Aktivitäten über digitale Schnittstellen.

Etablierte Partner

Bisher steht die Initiative für den Wasserstoffcampus aber noch ziemlich am Anfang, obwohl es durchaus schon eine Reihe einzelner Projekte und Firmenaktivitäten in der Stadt gibt. Allein die Partner, die sich bisher zusammengefunden haben, decken große Teile der Wertschöpfungskette ab. Das Fraunhofer UMSICHT forscht an Materialien und Systemkomponenten und begleitet Pilotprojekte. Die MAN Energy Solutions arbeitet an wasserstoffkompatiblen Turbinen und Speichertechnologien. Der Chemiekonzern OQ schließlich nutzt schon lange Wasserstoff, um daraus „Materialien für das tägliche Leben“ herzustellen – und will diesen künftig aus grünen Quellen beziehen.

Konkurrenz zur Nachbarstadt Duisburg, die sich gerade zur „Wasserstoffhauptstadt“ von Nordrhein-Westfalen aufschwingen will, sehen die Projektpartner nicht. Dort liege der Fokus stärker auf der Stahlindustrie, sagt Oberbürgermeister Daniel Schranz. Deerberg betont, dass sich vielmehr eine Zusammenarbeit der Städte anbiete. Man könnte zum Beispiel Hüttengase aus der Stahlindustrie mit Wasserstoff so aufbereiten, dass daraus Einsatzstoffe für Chemieunternehmen wie OQ werden.

Neue Partner gern auf Anfrage

Neue Partner aus der Region sind im Netzwerk des Wasserstoffcampus willkommen, heißt es. So richtig um Mitglieder werben will man aber erst, wenn die eigenen Organisationsstrukturen stehen. Bisher ist der Campus noch „Work in Progress“, wie es Schranz formuliert. Die Stadt hat die ersten 35.000 Euro zur Erarbeitung des Konzepts bereitgestellt. Sobald dieses steht, wird man tiefer in die Tasche greifen müssen. Der Aufbau und die Umsetzung werden größere Millionenbeträge von Kommune, Land, Bund und EU erfordern. Der Oberbürgermeister hofft, dass in den nächsten zwei Jahren der Grundstein für das Competence Center gelegt werden kann.

26.2.2021 | Autorin: Eva Augsten
© Solarthemen Media GmbH

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