Gewerbesteuer-Novelle für Solarparks, Windparks und Mieterstrom

Mieterstrom-PV-Anlage auf dem Flachdach eines MehrfamilienhausesFoto: Solarimo
Anbieter von PV-Mieterstrom sollen neben Standortgemeinden von Wind- und Solarparks von neuen Gewerbesteuerregeln profitieren.
Unmittelbar nach Ostern wollen CDU/CSU und SPD die geplanten Änderungen bei der Gewerbesteuer zum PV-Mieterstrom sowie zum Gewerbesteuersplitting für Wind- und Solarparks in den Bundestag einbringen. Details der Neuregelung, die rechtzeitig zu einer Anhörung des Finanzausschusses des Bundestages am 12. April offiziell werden sollen, gehen aus einer Formulierungshilfe hervor, die den Solarthemen vorliegt.

Bereits Ende vergangener Woche hatten Finanzpolitiker der Koalition bekannt gegeben, dass sie sich in der Sache geeinigt hätten. Geplant ist einerseits dass Wohnungsunternehmen künftig die Möglichkeit bekommen, Mieterstrom anzubieten, ohne ihr Gewerbesteuer-Privileg zu gefährden. Zum anderen soll das Gewerbesteuersplitting bei Wind- und Solarparks zu Gunsten von Standortkommunen weiter verändert werden. Die Änderungen wollen die Koalitionsfraktionen als Zusatzartikel an das laufende Gesetzgebungsverfahren zum Fondsstandortgesetz anhängen.

90:10 statt 70:30

Für Wind- und Solarparks sollen die Betreibergesellschaften künftig nach § 29 des Gewerbesteuergesetzes mindestens 90 Prozent, statt bislang 70 Prozent der Gewerbesteuer an die Standortkommunen zahlen. Die Koalition erhofft sich dadurch, die Akzeptanz der Anlagen vor Ort zu steigern. Die Änderung erweitert eine Ausnahmeregelung im Gewerbesteuergesetz, die für Windenergie seit mehr als zehn Jahren und für Solaranlagen seit 2013 gilt. Denn während in allen anderen Gewerbesparten die Gewerbesteuer danach aufgeteilt wird, wie viele Mitarbeiter ein Unternehmen in verschiedenen Kommunen beschäftigt, macht dies mittlerweile bei Solar- und Windparkbetreibern nur noch 30 Prozent aus – künftig nur noch 10 Prozent. Weil nämlich die wartungsarmen Wind- und Solarkraftwerke zumeist nicht einmal einen Hausmeister vor Ort benötigen, waren die Standortgemeinden vor Einführung dieser Sonderregeln regelmäßig leer ausgegangen.

Jetzt soll mit dem neuen Verhältnis von 90:10 zugunsten der Standortkommune nicht nur das Verhältnis der Steuerflüsse zwischen Hauptsitz der Betreiberfirma und Anlagenstandort nachgebessert werden. Vielmehr will die Koalition auch das künftige Gewerbesteueraufkommen für die Kommunen verlässlicher machen, indem sie den Maßstab umstellt. War bislang das Sachanlagevermögen für 70 Prozent der Gewerbesteuerzuordnung entscheidend, so soll bei den künftigen 90 Prozent stattdessen die Leistung (Kilowatt) der Anlagen zum Maßstab werden. Das soll die Sache für die Kommunen etwas berechenbarer machen.

Unberechenbare Hoffnungen

Die bisherige Regel führte nämlich oftmals zu Enttäuschung für die Kämmerer der Standortkommunen. Nicht nur, weil in den ersten Jahren nach Inbetriebnahme Erneuerbare-Energien-Anlagen typischerweise keine Gewinne machen, so dass ohnehin keine Gewerbesteuer anfällt. Daran wird sich auch künftig nichts ändern. Aber wenn der örtliche Wind- oder Solarpark eines Tages für sich betrachtet in die Gewinnzone kam, waren die Anlagen schon weniger wert; das Sachanlagevermögen war inzwischen stark geschrumpft. Das verringerte ihren Stellenwert beim bisherigen Gewerbesteuersplitting gegenüber Anlagen des gleichen Unternehmens in anderen Kommunen. Daher konnte in einigen Konstellationen der einst erwartete Gewerbesteuersegen mager ausfallen, obwohl ein Investment aus Betreibersicht erfolgreich war.

Die Neuregelung gilt übrigens nicht nur für stromerzeugende Wind- und Solarkraftwerke. Sie betrifft auch Anlagentypen, die andere Energieträger, wie beispielsweise Wasserstoff oder auch Wärme produzieren, so beispielsweise große solarthermische Freiflächenanlagen. Kommunen mit Solarparks, die vor dem 1. Juli 2013 in Betrieb gegangen sind, müssen sich noch eine Weile gedulden. Für diese fließt Gewerbesteuer aufgrund einer zehnjährigen Übergangsregel noch rein nach dem Arbeitskräfte-Prinzip; erst ab 2024 geht Gewerbesteuer auch an die Standortgemeinden.

Nur für Mieterstrom gedacht

Die zweite wichtige Neuerung betrifft die Gewerbesteuer aller Wohnungs- und Immobilienunternehmen, die – insbesondere für Mieterstrom – Photovoltaikanlagen oder Ladestationen für E-Mobile betreiben wollen. Nach § 9 des Gewerbesteuergesetzes sollen sie künftig bis zu 10 Prozent ihrer Einnahmen mit Strom erzielen dürfen, ohne dass dies schädlich für die sogenannte „erweiterte Kürzung“ ihrer Gewerbesteuer wäre.

Laut der von der Koalition geplanten Formulierung bleibt die „erweiterte Kürzung“ der Gewerbesteuer aber nur unberührt, wenn „in Verbindung mit der Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes Einnahmen aus der Lieferung von Strom im Zusammenhang mit dem Betrieb von Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien (…) oder aus dem Betrieb von Ladestationen für Elektrofahrzeuge oder Elektrofahrräder, die keine Kraftfahrzeuge sind, erzielt werden“.

10 Prozent sind erlaubt

Diese Einnahmen dürfen allerdings nicht höher als 10 Prozent der Einnahmen „aus der Gebrauchsüberlassung des Grundstücks“ – bespielsweise der Miete – sein.

Koalitionpolitiker haben die Neuregelung zwar bislang nur im Zusammenhang mit Mieterstromprojekten kommuniziert. Doch gilt sie auch, wenn der Photovoltaikstrom teilweise oder ganz ins öffentliche Netz eingespeist wird. Die geplante Formulierung lautet: „Der Strom aus den Energieerzeugungsanlagen darf dabei nur ins Netz eingespeist oder an die Mieter des Grundstücksunternehmens geliefert werden.“

Für ihr Stromgeschäft müssen die Unternehmen dann zwar die normale Gewerbesteuer bezahlen. Allerdings bleiben sie für ihr Wohnungsgeschäft davon befreit, sofern sie die 10-Prozent-Schwelle beachten.

Bereits 2019 hatte das Parlament ähnliche Klarstellungen beschlossen, die aber bislang ausschließlich für Stromgeschäfte von Wohnungsgenossenschaften und Vereinen galten. Damals ging es um Befreiungen von der Körperschaftssteuer. Die aktuelle Novelle für alle Wohnungsunternehmen betrifft die Gewerbesteuer.

1.4.2021 | Autor: Guido Bröer
© Solarthemen Media GmbH

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