Unklarheiten bei der BEG-Förderung und beim iSFP
Auf halber Strecke zwischen dem Inkrafttreten der BEG-EM für Einzelmaßnahmen am 1. Januar und der Effizienzgebäudeförderung BEG-WG und BEG NWG zum 1. Juli sind noch viele Anwendungsfragen der Förderrichtlinien ungeklärt. Die im Internet veröffentlichte FAQ-Liste, auf der die Förderstellen BAFA und KfW gemeinsam mit dem Bundeswirtschaftsministerium Unklarheiten und mögliche Missverständnisse bei Antragstellern und deren Beratern ausräumen wollen, umfasst mittlerweile 12 Kapitel mit 197 Einzelpunkten. Kein Wunder also, dass die BEG-Hotline des BAFA meist überlastet ist.
Unklarheiten beim iSFP
Viele Fragen zur BEG, die insbesondere Energieberater:innen verunsichern, drehen sich um den individuellen Sanierungsfahrplan (iSFP). Der begründet seit Jahresbeginn einen 5-prozentigen Bonus auf alle Einzelförderungen.
Anders als man dies aus den Förderrichtlinien herauslesen kann, möchte das BMWi den attraktiven Bonus laut FAQ-Liste (dort Nr. 9.2 und 9.3) allerdings nicht zahlen, wenn Bauherren eine Sanierung in einem Zuge vornehmen. Das Ministerium will durch eine restriktive Auslegung offenbar Mitnahmeeffekte vermeiden. Unter FAQ 9.2 heißt es: „Nicht gewährt wird der iSFP-Bonus dagegen, wenn direkt mit dem ersten Umsetzungsschritt die mit dem iSFP-angestrebte Zielstufe erreicht wird. Hintergrund ist, dass der iSFP keinen grundsätzlichen Förderaufschlag darstellt, sondern eine gestreckte Sanierung, bei der frühe Sanierungsschritte nur mit geringeren Fördersätzen versehen sind, finanziell weniger schlechter stellen soll als die sofortige Komplettsanierung.“
Stückeln statt durchziehen?
Anders als es das BMWi hier darstellt, würde aber – insbesondere, wenn ein relativ hoch geförderter Heizungstausch Teil der Effizienzhaus-Sanierung ist – eine BEG-Förderung in Teilschritten mit iSFP-Bonus finanziell attraktiver sein als eine Komplettförderung in den niederen Effizienzhausstufen. Dem Ziel des iSFP, Hausbesitzer für eine gut geplante und zugleich zügige Sanierung zu motivieren, diene diese restriktive Auslegung gerade nicht, kritisiert Klaus Lambrecht. Der Gebäudeeffizienzexperte vom Rottenburger Know-how-Träger Econsult sagt: „Diese aktuelle Fassung der FAQ zum iSFP macht mich nicht glücklich. Sie wird dazu führen, dass einer umfangreichen Sanierung ein Minischritt vorangestellt wird. Was jetzt gerade in der Praxis läuft, ist, dass iSFPs so unambitioniert wie möglichst erstellt werden, um ja nicht den Bonus zu verspielen.“
Auch Marita Klempnow, Vorstand des Deutschen Energieberater-Netzwerks DEN e.V., sieht noch viele offene Fragen beim iSFP. Beispielsweise möchte das DEN erreichen, dass das BAFA nicht nur die standardisierte Form des iSFP anerkennt. Gerade auch bewährte komplexere Formen von Sanierungsgutachten sollten in Verbindung mit einer „Energieberatererklärung“ der Bonusförderung würdig sein. Klempnow sagt: „Die jetzige Bonusregelung zum iSFP wird stark als Zusatzbonus für Investitionen kommuniziert und weniger als Anreiz für eine gesamtheitliche Gebäudebewertung. Zusätzlich entwertet sie die eigene Förderung des BMWi in der Energieberatung und führt durch ihre nicht praxistaugliche Auslegung zu enormen Unsicherheiten bei Bauherren und Planer:innen.“
Energieberater sollten bei Haftung aufpassen
Klempnow sieht darin auch ein haftungsrechtliches Problem: „Bis eindeutige Festlegungen zur Ausgestaltung des Bonussystemes zu den Sanierungsfahrplänen getroffen sind, können wir nur allen Energieberater:innen dringend empfehlen, sich von den Auftraggeber:innen von jeglicher Haftung hinsichtlich der Förderhöhen oder Boni freistellen zu lassen bzw. die Planungen dazu einzustellen, bis Verbindlichkeit erreicht ist.“
Für eine gewisse Skepsis bei Praktikern und sogar für Stirnrunzeln bei Mitarbeiter:innen der Förderstellen sorgt die lange Laufzeit des iSFP. 15 Jahre können sich Bauherren Zeit lassen, bis sie den letzten der bonusberechtigten Sanierungsschritte eines iSFP gehen. Die BEG-Förderrichtlinien selbst, in denen das schwarz auf weiß zu lesen ist, gelten freilich nur zehn Jahre – bis zum 31. Dezember 2030.
15.4.2021 | Autor: Guido Bröer
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