Dänemark: Groß-Wärmepumpe statt Solarthermie?

Grafik zeigt Marktentwicklung bei Großwärmepumpen und Solarthermie in Dänemark.Foto/Grafik: Guido Bröer
Entwickling der neu installierten Leistung von Solarthermieanlagen und Großwärmepumpen in dänischen Wärmenetzen.
Viele Jahre lang investierten dänische Fernwärmebetreiber vor allem in große Solarthermieanlagen, um fossile Brennstoffe zu ersetzen. Seit 2020 dominieren nun die Installationen von Wärmepumpen. Das hat mit den günstigen Strompreisen für Gewerbekunden in Dänemark und einer Bevorzugung von Wärmepumpen in der Förderung zu tun.

Im Frühjahr 2021 hat der dänische Fernwärmebetreiber Saltum Fjernvarme eine Luft-Wasser-Wärmepumpe mit 1,2 MW Leistung in Betrieb genommen. Sie soll in Zukunft 75 Prozent des Wärmebedarfes des Netzes bereitstellen und vor allem Wärme aus Erdgas ersetzen. Zu einem kleinen Teil ersetzt die Großwärmepumpe auch Solarwärme. Saltum Fjernvarme hatte 1988 das erste dänische Solarheizwerk für die Fernwärmeversorgung installiert. Nach über 30 Jahren Betriebsdauer mehrten sich die Reparaturen, so dass der Betreiber die altgedienten Kollektoren 2020 abgeschaltet hat. Im Vergleich zur Wärmepumpe ergebe sich für das Solarsystem keine Rentabilität, heißt es im Geschäftsbericht des Unternehmens.

Was ist passiert in Dänemark, dem Pionierland für die solare Fernwärme? Bis zum Jahr 2016 stieg die installierte Leistung der Solarheizwerke stark an. Allein in jenem Jahr wurden große Solarthermieanlagen mit rund 350 MW fertiggestellt. Auch 2019 brachte noch einmal einen ordentlichen Zuwachs mit 134 MW, seither stagniert die Entwicklung. Voriges Jahr betrug die neu installierte Leistung nur noch 10 MW. Eine neue Förderpolitik hat die Wettbewerbsfähigkeit der Solarwärme in Dänemark ausgehebelt.

Über viele Jahre profitierte die gro­ße Solarthermie davon, dass der dänische Staat durch Steuern die Bedingungen für die Wärmeerzeugung aus Erdgas verschlechtert hat. Dort wo Erdgas in KWK-Anlagen zum Einsatz kam, sorgten niedrige Strompreise dafür, dass auch die KWK sich kaum lohnte.

Indirekte Förderung

Doch das allein erklärt den Aufschwung der Solarthermie nicht. Denn es gab zwar keine direkte Förderung für große Solaranlagen, eine indirekte aber schon, sagt Daniel Trier, Leiter der Niederlassung des dänischen Beratungs- und Planungsunternehmens Planenergi in Kopenhagen. Diese indirekte Förderung bestand darin, dass alle Fernwärmeunternehmen jedes Jahr eine bestimmte Menge an Energieeinsparungen erzielen mussten. Unternehmen, die diese Einsparung nicht erreichten, mussten Gutschriften von anderen kaufen, die ihr Soll übererfüllt hatten. Dieser Mechanismus machte Solarheizwerke attraktiv, da bis 2016 ihr Wärmeertrag im ersten Jahr als Einsparung voll angerechnet wurde. Ab 2016 galt eine Beschränkung auf 8.000 MWh. Ende 2019 endete dieses System. Auch für Wärme aus Groß-Wärmepumpen erhielten Fernwärmebetreiber diese Einsparungsgutschriften. Für sie endete das System erst 2020.

Diese politisch gewollten Änderungen der Rahmenbedingungen erklären den Marktverlauf. 2016 gingen sehr viele Solarheizwerke in Betrieb, um vom System der Energieeinsparungsgutschriften zu profitieren. 2017 und 2018 gab es dann nur wenige neue Anlagen. 2019 nutzen viele Betreiber dann nochmal die Möglichkeit vor dem Ende des Systems Gutschriften mit Solarwärme zu verdienen. 2020 dominierten dann die neuen Wärmepumpenprojekte mit mehr als 60 installierten Anlagen, die zusammen auf mehr als 260 MW Wärmeleistung kommen.

Wettbewerbsvorteile

Aber auch ohne die längere Frist beim Handel mit Energieeinsparungsgutschriften haben Groß-Wärmepumpen deutliche Wettbewerbsvorteile. Der Strom für gewerbliche Großkunden war laut Eurostat im Jahr 2020 mit gut 6 Cent pro Kilowattstunde der günstigste in ganz Europa. Während in Deutschland Gewerbestrom 2020 mit fasst 18 Cent der teuerste in der EU war. Hierzulande machen Steuern und Abgaben etwa die Hälfte des Preises aus, in Dänemark gibt es dagegen kaum Steuern und Abgaben für Gewerbestromkunden.

Hinzu kommt eine spezielle Förderung von Groß-Wärmepumpen in der Fernwärme, die die dänische Regierung in diesem März gestartet hat und die das System der Gutschriften für Energieeinsparungen ablöst. Das neue Pro­gramm gilt ausschließlich für Wärmepumpen und fördert die Investition mit bis zu 15 Prozent der Kosten.

Exklusivförderung für Groß-Wärmepumpen

Solarthermie und Biomasse sollten ursprünglich auch von der neuen Förderung profitieren. In der jetzt gesetzlich verankerten Version sind sie aber ausgenommen. Während bei der Biomasse mit der fehlenden Nachhaltigkeit argumentiert wird, gibt es für die Herausnahme der Solarthermie aus dem Förderprogramm keine Begründung von Seiten der dänischen Regierung. Die Strategie scheint darin zu bestehen, der Elektrizität den Vorrang zu geben. Insbesondere Windstromüberschüsse will man lieber selbst in Dänemark in Form von Wärme nutzen, als an die Nachbarländer zu liefern. Zum Nachteil der solaren Fernwärme. Im Vorjahr musste bereits der damalige Weltmarktführer für die solare Fernwärme, das dänische Unternehmen Arcon-Sunmark, aufgeben.

„Obwohl ich die Verbesserung der Rahmenbedingungen für Wärmepumpen für den Ersatz von fossilen Brennstoffen unterstütze, ist es für solare Fernwärme derzeit sehr schwierig, mit Wärmepumpen zu konkurrieren. Eine Subvention für Wärmepumpen ist eine Sache, aber eine niedrigere Stromsteuer für Wärmepumpen bedeutet, dass die Betriebskosten im Vergleich zu den Alternativen sehr niedrig sind“, sagt Trier.

Niedrige Preise helfen nicht

Auch wenn die dänischen Solarheizwerke in vielen Fällen Wärmegestehungskosten von nur 3 Cent pro Kilowattstunde erzielen können, kann eine Luft-Wasser-Wärmepumpe mit einer Jahresarbeitszahl von mehr als drei wie in Saltum diese Kosten problemlos unterbieten. „Wir erreichen mit der Wärmepumpe Wärmegestehungskosten von bis zu 2 Cent pro Kilowattstunde“, sagt Jes Donneborg vom Projektentwickler Aalborg CSP. Das Unternehmen hat die Großwärmepumpe für Saltum geliefert und installiert. Donneborg rechnet nicht damit, in den kommenden drei Jahren neue Solarheizwerke in Dänemark realisieren zu können. „Wir bieten Solarthermie mit an, aber die Kunden interessieren sich zurzeit nur für Wärmepumpen“, so Donneborg.

Den alleinigen Fokus auf Groß-Wärmepumpen sieht er durchaus kritisch. Überall dort, wo dänische Fernwärmebetreiber auf einen Mix von Wärmequellen setzen, gäbe es die niedrigsten Wärmepreise für die Kunden. Und auch Solarwärme sollte im Mix ihren Platz finden: „3 Cent pro Kilowattstunde sind ein ordentlicher Preis“, sagt Donneborg. Hinzu komme, dass Groß-Wärmepumpen Grundlast lieferten. Sie seien nicht flexibel genug, um Überschüsse aus Windstrom zu nutzen. Man könne sie nicht einfach kurzzeitig an- und dann wieder ausschalten. Sinnvoll im Gesamtsystem ist daher die Kombination mit einem großen Wärmespeicher. Und in ein solches Gesamtsystem passt dann auch die Solarthermie, die die sommerliche Grundlast abdecken kann.

Deutschland wartet auf die BEW

Auch in Deutschland gibt es Verfechter einer Strategie, den gesamten Energiebedarf des Landes mit Elektrizität abdecken zu wollen. Das Beispiel Dänemark deutet an, wie es möglich ist, die Rahmenbedingungen dafür zu setzen. Wie es in Deutschland mit der grünen Fernwärme weitergeht, hängt maßgeblich von der Ausgestaltung der neuen Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW) ab. Geplant ist ein Investitionszuschuss für Wärmeerzeuger, die erneuerbare Quellen nutzen, wenn das Wärmenetz zu mehr als 50 Prozent aus erneuerbaren Energien gespeist wird. Auch ein Betriebskostenzuschuss ist in der Diskussion. Neben der Wärmepumpe soll anders als in Dänemark aber auch Solarthermie und tiefe Geothermie davon profitieren können. Für Solarthermie sind 2 ct/kWh avisiert.

27.4.2021 | Autor: Jens Peter Meyer | Solarserver
© Solarthemen Media GmbH

Schließen