Experten fordern Novelle des Gebäudeenergiegesetzes für mehr Klimaschutz

Zu sehen ist ein vorbildliches Gebäude mit einem Solarenergie-Dach, das Anforderungen einer möglichen Novelle des Gebäudeenergiegesetzes bereits heute spielend erfüllt.Foto: Sonnenhaus-Institut / Udo Geisler
Sonnenhäuser erreichen schon heute die Klimaklasse A+++.
Eine Studie von Ifeu, EEI und dem Architekturbüro Schulze Darup im Auftrag des Umweltministeriums Baden-Württemberg schlägt Eckpunkte für eine Novelle des Gebäudeenergiegesetzes vor. Das Ziel ist es, den Gebäudebestand in Deutschland klimaneutral zu machen.

Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) soll energieeffizientes Bauen und Sanieren in Deutschland vorantreiben. Ob das Regelwerk ambitioniert genug ist, um die Klimaziele im Gebäudesektor zu erreichen, bezweifeln viele Expertinnen und Experten. Laut ihnen müssten Neubauten und Sanierungen energetisch deutlich besser ausfallen, als es das Gebäudeenergiegesetz derzeit fordert. Wie Novelle des Gebäudeenergiegesetzes aussehen könnte, das zu einem klimaneutralen Gebäudebestand führt, haben nun Fachleute in einer Studie dargelegt.

Das am 1. November 2020 in Kraft getretene Gebäudeenergiegesetz führte die Vorgaben verschiedener bis dahin geltender Gesetze zusammen. Die bisherigen Anforderungen an den baulichen Wärmeschutz bleiben praktisch unverändert bestehen, sowohl bei bestehenden Gebäuden als auch bei Neubauten. Es gibt nur wenige Änderungen, unter anderem ein Verbot für den Einbau von reinen Ölheizungen in bestehenden Gebäuden ab 2026, das allerdings durch sehr weitreichende Ausnahmen ausgehöhlt wird. Zudem werden Sanierungen auf Quartiersebene erleichtert.

Bund muss zentrale Weichenstellung jetzt vornehmen

Problematisch ist: Wenn sich Sanierungswillige an den GEG-Vorgaben orientieren, verfehlt man die von der Bundesregierung angestrebte Klimaneutralität für den Gebäudesektor mit Sicherheit. Daher braucht es eine baldige Überarbeitung des erst sechs Monate alten Gesetzes, deutlich vor der regulären Überprüfung 2023. Länger damit zu warten, empfiehlt sich nicht, denn Häuser, die man jetzt baut oder saniert, sollte man beim Wärmeschutz aus wirtschaftlichen Gründen die nächsten 30 Jahre nicht mehr anfassen müssen.

Experten empfehlen seit langem ein ambitionierteres Vorgehen. Laut Frank Hettler Zukunft Altbau, einem vom Umweltministerium Baden-Württemberg geförderten Informationsprogramm, ist es möglich, durch Sanierungsmaßnahmen an der Gebäudehülle einen deutlich verminderten Heizwärmebedarf zu erreichen, den man dann durch erneuerbare Energien klimaneutral deckt. „Aktuell werden nicht nur für das Klima wichtige, sondern auch wirtschaftlich sinnvolle Einsparpotenziale verschenkt. Deutschland sollte bei der energetischen Sanierung vorangehen, die nötige Expertise dazu ist vorhanden“, ist Hettler überzeugt. Flankiert werden sollte dies mit guten Beratungsangeboten, einer umfassenden Förderung sowie steigenden Kosten für den klimaschädlichen CO2-Ausstoß.

Gebäudeenergierecht klimagerecht weiterentwickeln

In diese Richtung zielen auch die Vorschläge der neuen Studie. Das Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (ifeu), das Energie Effizienz Institut (EEI) und das Architekturbüro Schulze Darup haben die Untersuchung auf Initiative und im Auftrag des Umweltministeriums Baden-Württemberg erarbeitet. Die Empfehlungen sollen das Gesetz auf die richtige Spur bringen. Die wichtigsten Forderungen: Die Novelle des Gebäudeenergiegesetzes muss zuerst das Ziel eines klimaneutralen Gebäudebestands gesetzlich verankern. Um diesem Ziel optimal entsprechen zu können, ist eine grundlegende Überarbeitung der Gesetzessystematik erforderlich. Treibhausgasemissionen und Heizwärmebedarf sollten künftig die zentralen Anforderungsgrößen sein, anstatt Primärenergiebedarf und Transmissionswärmeverlust. Anstelle der Effizienzklassen A bis H kämen dann die Klimaklassen A+++ bis H. Mit ihnen ist der Treibhausgasausstoß von Gebäuden direkt ablesbar.

Standards für Bestandsgebäude stufenweise anheben

Um die Emissionen auf das notwendige Maß zu senken, braucht es anspruchsvollere, aber erreichbare energetische Standards in der Novelle des Gebäudeenergiegesetzes für den Neubau, die deutlich über das aktuelle Niveau hinausgehen. Hinzu kommen adäquate Standards für Bestandsgebäude mit vorgegebenen Klimaklassen, die die Hausbesitzer stufenweise verpflichtend erreichen müssen. Ab 2025 müsse man im gesamten Gebäudebestand mindestens die Klimaklasse F und damit ein Wert von unter 50 Kilogramm CO2 pro Quadratmeter und Jahr erreichen. Bei einer Wohnfläche von 100 Quadratmetern sind das fünf Tonnen CO2. Alternativ können die Bürger:innen zwei Erfüllungsmaßnahmen, wie beispielsweise Dachdämmung, Fenstertausch oder Umstellung auf eine erneuerbare Heizungsanlage durchgeführen.

Ab 2032 sind die Klimaklasse D oder vier Erfüllungsmaßnahmen Pflicht, 2039 dann mindestens die Klimaklasse B oder sechs Erfüllungsmaßnahmen. Solche Gebäude stoßen nur noch rund zehn Kilogramm CO2 pro Quadratmeter und Jahr aus. Heute sind es oft 65 Kilogramm und mehr. Einige Jahre später lautet das Ziel dann A+ und null CO2-Emissionen im Durchschnitt für den gesamten Gebäudebestand. Dafür ist, neben den Verbesserungen an der Gebäudehülle, die Umstellung auf eine Wärmeversorgung mit erneuerbaren Energien nötig.

7.5.2021 | Quelle: Zukunft Altbau | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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