Wasserkraft: Talsperren mit negativer CO2-Bilanz
Unterm Strich hat diese Art von Wasserkraft somit eine negative CO2-Bilanz. Forscher des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) in Magdeburg, des Katalanischen Instituts für Wasserforschung (ICRA) in Girona und der Universität Barcelona haben die CO2-Bilanz von Talsperren untersucht. Die Studie ist im Fachjournal Nature Geoscience erschienen.
CO2-Quelle statt Senke
Somit wird die Wasserkraft von der CO2-Senke zur Quelle. Bisher ging man davon aus, dass die Talsperren CO2-Senken sind. Im stehenden Wasser der Stauseen sinkt mitgeführtes organisches Material ab, wie Beispiel Laub, Äste oder Algen. „Durch den Sauerstoffmangel laufen die Abbauprozesse dort unten sehr viel langsamer ab. Dadurch wird weniger Kohlendioxid freigesetzt, und der enthaltene Kohlenstoff wird im Sediment der Talsperre längerfristig gespeichert“, erklärt UFZ-Biologe Dr. Matthias Koschorreck.
Allerdings hat man bisher nicht das zeitweise Trockenfallen von Flächen nicht einberechnet. Kommt das zuvor von Wasser bedeckte organische Material mit Sauerstoff aus der Luft in Kontakt, kommen Abbauprozesse in Gang. So gelangt CO2 in die Atmosphäre. „Trockenfallende Gewässerbereiche setzen so erheblich mehr Kohlenstoff frei als von Wasser bedeckte Bereiche“, sagt Philipp Keller, ehemaliger Doktorand am UFZ und Erstautor der Studie. „Und wenn in einer Talsperre große Wassermengen abgerufen werden, liegen mit einem Mal große Flächen frei. Doch bei der Kalkulation der Kohlenstoffbilanz von Talsperren wurden diese Flächen bisher nicht berücksichtigt. Diese Lücke haben wir mit unserer Arbeit geschlossen.“
Für ihre Untersuchungen nutzten die Forscher eine auf Satellitenbildern basierende Datenbank. Diese enthält Informationen zur Wasseroberflächen von rund 6.800 Talsperren weltweit zwischen den Jahren 1985 und 2015 in monatlicher Auflösung. Im Schnitt waren etwa 15 Prozent der Reservoir-Flächen nicht mit Wasser bedeckt. „Unsere Berechnungen belegen, dass die Kohlenstoff-Emission von Talsperren bislang deutlich unterschätzt wurde: Im globalen Schnitt setzen sie sie doppelt so viel Kohlenstoff frei wie sie speichern, sagt Koschorreck. „Ihr Image als Netto-Kohlenstoffspeicher im globalen Kohlenstoffkreislauf muss wohl als überholt angesehen werden.“ In absoluten Zahlen gehen sie davon aus, dass die CO2-Emissionen zwischen 15 und 40 Millionen Tonnen jährlich liegen.
Bewässerung setzt mehr CO2 frei als Wasserkraft
Die Untersuchungsdaten zeigen darüber hinaus, dass die Wasserstandsschwankungen von von der Nutzung und der geografischen Lage der Talsperren abhängen. „Bei Reservoiren für die Bewässerung waren die Schwankungen ausgeprägter als bei solchen, die für die Erzeugung von Wasserkraft genutzt wurden“, sagt Keller. „Und an Orten, an denen das jährliche Niederschlagsmuster gleichmäßiger ist – etwa in Richtung der Pole und im Bereich des Äquators –, gab es weniger große Schwankungen des Wasserstands als in den mittleren Breiten, wo größere Flächen der Talsperren oftmals auch über sehr viel längere Zeiträume trockenlagen.“
Die neuen Erkenntnisse könnten in ein klimaschonenderes Management von Talsperren einfließen – zumindest im Falle von Wartungsarbeiten. Liegen diese in kühlen Monaten, laufen die Abbauprozesse viel langsamer und die CO2-Emissionen sind geringer. In den nächsten Projekten will das Forscherteam um Matthias Koschorreck auch die Freisetzung von Methan und Vegetation auf den trockengefallenen Flächen untersuchen.
Da Talsperren der Gegenstand der Studie waren, gelten die Aussagen nicht für andere Technologien, wie z.B. Laufwasserkraftwerke.
12.5.2021 | Quelle: UFZ | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH.com