Freiburg: Photovoltaik und Solarthermie für größtes Nullenergie-Verwaltungsgebäude Europas

Zu sehen ist das Rathaus im Stühlinger in Freiburg; das wohl größte Nullenergie-Verwaltungsgebäude Europas.Foto: Fraunhofer ISE
Das Rathaus im Stühlinger ist mit Photovoltaik-Modulen und PVT-Kollektoren ausgestattet.
Der Energieverbrauch vom „Rathaus im Stühlinger“ in Freiburg wird bilanziell fast vollständig durch die lokale Nutzung von Photovoltaik und Solarthermie gedeckt. Das haben Messungen des Fraunhofer ISE bestätigt.

Die Stadt Freiburg hat mit dem ersten Bauabschnitt des neuen Verwaltungszentrums „Rathaus im Stühlinger“ das nach derzeitigem Kenntnisstand europaweit größte Nullenergie-Verwaltungsgebäude mit 22.000 Quadratmeter Nutzfläche umgesetzt. Das Gebäude generiert primärenergetisch in der Jahressumme selbst so viel Energie wie es benötigt. Bemessungsgrundlage für diese Primärenergiebilanz ist die zum Zeitpunkt der Gebäudeerrichtung gültige Energieeinsparverordnung (EnEV), die den Energiebedarf für Heizung, Lüftung, Beleuchtung, Kühlung und Trinkwassererwärmung definiert. Nutzungsabhängiger Bedarf, etwa für Arbeitsgeräte, EDV und Kantine wird in der Bilanzierung nicht berücksichtigt. Somit wurde das Ziel, ein zukunftsorientiertes Energiekonzept mit innovativer, aber schlanker Gebäudetechnik, bei hohen Anforderungen an den Komfort zu realisieren, erreicht.

Das „Rathaus im Stühlinger“ ist der erste von drei geplanten Bauabschnitten für ein Projekt, bei dem die Stadt Freiburg verschiedene über die Stadt verteilte Dienststellen an einem Standort bündeln will. Im Sommer 2017 zogen 840 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in das Gebäude ein, im November 2017 erfolgte die Öffnung des Bürgerservicezentrums und damit der Publikumsverkehr.

Begrenzte Dachflächen

Will man bei großen, mehrgeschossigen Gebäuden eine ausgeglichene Primärenergiebilanz durch Energiegewinnung am Gebäude erreichen, besteht die Herausforderung darin, dass die Nutzfläche und damit der Energiebedarf mit zunehmender Größe stärker wächst als die für die Energiegewinnung zur Verfügung stehenden Flächen auf dem Dach. Beim diesem Nullenergie-Verwaltungsgebäude hat man diese Problematik gelöst, indem man nahezu die gesamte Gebäudehülle – wo sinnvoll und möglich – für die Energiegewinnung nutzt. Die additiv zu der Installation auf dem Dach in die Fassade integrierte Photovoltaik dient der aktiven Energiegewinnung. Diese ergänzen photovoltaisch-thermische Kombi-Kollektoren (PVT-Kollektoren). Die Wärmeversorgung basiert auf einem Niedertemperatur-Konzept. Dabei kommen grundwassergekoppelte Wärmepumpen zum Einsatz. Heizung und Kühlung erfolgen über Flächensysteme in Form einer Betonkernaktivierung in Kombination mit Deckensegeln. Die Kühlung realisiert man nahezu vollständig mit Umweltenergie über einen Grundwasserbrunnen. Die Deckung von Hochtemperatur-Wärme zur Trinkwassererwärmung – für Kantine und sanitäre Anlagen – erfolgt über einen solarthermisch unterstützten Gaskessel.

Das Fraunhofer ISE hat das Nullenergie-Verwaltungsgebäude im Rahmen eines Forschungsprojekts intensiv begleitet, von der Planungsphase über die Umsetzung bis hin zu den ersten Betriebsjahren. Das Monitoring ergibt ein positives Ergebnis: die meisten ermittelten Kennzahlen stimmen mit den Zielwerten der Planung überein – bei neuen Gebäuden mit komplexer Anlagentechnik keine Selbstverständlichkeit. Die Ziele wurden beim Heizwärmeverbrauch, trotz bereits niedriger Verbrauchswerte nicht vollständig erreicht. Auch die Beiträge aus der solarthermischen Anlage liegen unter den Erwartungen. In Summe geht die Primärenergiebilanz jedoch nahezu vollständig auf. „In den Jahren 2018 und 2019 wurde zwar knapp 5 Prozent mehr Primärenergie verbraucht als lokal erzeugt“, so Peter Engelmann, Gruppenleiter Gebäudesystemtechnik am Fraunhofer ISE. „Dennoch ist das Ergebnis als großer Erfolg zu werten, denn das Rathaus im Stühlinger stellt eindrucksvoll unter Beweis, dass ein Gebäude dieser Größenordnung die Anforderungen an Klimaneutralität erfüllen kann“.

18.5.2021 | Quelle: Fraunhofer ISE | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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