Bauschuttdeponie oder Fernwärmespeicher?

Im Vordergrund eine Kiesgrube, im Hintergrund eine SiedlungFoto Herbert Stepp
Die Kiesgrube in Planegg, die täglich weiter gefüllt wird.
In einer ausgebeuteten Kiesgrube bei München könnte Europas größter Fernwärmespeicher entstehen. Während die Gemeinde Gräfelfing eine Machbarkeitsstudie dafür vorbereitet, wird das Loch allerdings jeden Tag kleiner. Denn der Kiesgrubenbetreiber und die Nachbargemeinde können sich nicht über einen Verfüllungsstopp einigen.

Es wäre ein bislang in dieser Größenordnung einmaliges Projekt, das die Gemeinde Gräfelfing per Machbarkeitsstudie untersuchen lassen möchte. Ein Wärmenetz mit einem riesigen saisonalen Fernwärmespeicher könnte den Ort südwestlich von München bei der Wärmewende enorm vorwärts bringen. Und die Nachbargemeinde Planegg gleich mit. Denn deren Gebiet grenzt unmittelbar an die ehemalige Abbaufläche des Kiesunternehmens Glück.

Gute Voraussetzung für Fernwärmespeicher

Mit 15 Metern Tiefe und 450.000 Kubikmetern Fassungsvermögen, die zudem oberhalb des Grundwasserspiegels liegen, hätte die vom Gräfelfinger Kieswerk Glück betriebene Grube gute Voraussetzungen, um in einen Erd­beckenspeicher verwandelt zu werden, wie er in dänischen Wärmenetzen mehrfach realisiert worden ist. Er könnte das doppelte Volumen haben wie der bislang größte seiner Art in der dänischen Kommune Vojens.

Doch das Loch, und damit die potenzielle Speicherkapazität, wird täglich ein bisschen kleiner. Denn die Firma Glück verfüllt die Grube aktuell mit Bauschutt und Erdaushub, der von verschiedenen Vertragspartnern angeliefert wird. 60.000 bis 70.000 Kubikmeter seien bereits verfüllt, sagte Glück-Geschäftsführer Markus Wahl den Solarthemen. Sein Unternehmen erfülle damit einen städte­baulichen Vertrag aus dem Jahr 2017 mit der Nachbargemeinde Planegg. Andernfalls drohen der Firma Glück empfindliche Konventionalstrafen.

Keiner will den Schwarzen Peter

Planeggs Bürgermeister Hermann Naf­ziger zeigt sich im Gespräch mit den Solarthemen zwar skeptisch, ob es für einen so großen Fernwärmespeicher überhaupt genügend Wärmeabnehmer geben könne. Auch sei die bereits ausgewiesene Solarfläche auf Planegger Gebiet bei weitem nicht groß genug, um den gewaltigen Speicher zu füllen. Deshalb verabschiedete sich der Planegger Gemeinderat im vergangenen Herbst von der zunächst gemeinsam mit Gräfelfing avisierten Mach­bar­keitsstudie für ein interkommunales Wärmenetz auf Basis von Geothermie, Biomasse und/oder Solarthermie.

Wärmenetze 4.0

Die wollen nun die Gräfelfinger mit Unterstützung des BAFA-Programms „Wärmenetze 4.0“ allein finanzieren. Dennoch habe er sofort, nachdem er von Gräfelfing offiziell darum gebeten worden sei, der Firma Glück einen zweijährigen Verfüllungsaufschub in Aussicht gestellt, betont Nafziger.

„Wir sind offen für den Wärmetopf“, erklärt auch Glück-Geschäftsführer Markus Wahl. Allerdings müsse die Gemeinde Planegg dafür einen längeren Aufschub als zwei Jahre gewähren und Konzessionen bei den drohenden Konventionalstrafen machen, fordert er: „Wir brauchen etwas Vorlauf, wenn wir nach zwei Jahren womöglich mit der Verfüllung wieder beginnen müssen. Das Material fällt ja nicht vom Himmel.“ Außerdem könn­ten sich bis dahin, so seine Sorge, Auflagen für die Verfüllung ändern.

Doch das will der Planegger Gemeinderat nicht akzeptieren. Vor zwei Wochen bestätigte er das Angebot des Bürgermeisters für einen zwei­jährigen Verfüllungsaufschub und bekräftigte zugleich, keine Abstriche bei den Konventionalstrafen machen zu wollen. Nafziger erklärt: „Wir wollen diesen Vertrag jetzt nicht aus der Hand geben. Den haben wir im Sinne unserer Bürger geschlossen, die das Loch in ihrer Nachbarschaft so schnell wie möglich wieder zu haben wollen.“

Fachleute hätten ihm versichert, so Nafziger, man brauche für eine Machbarkeitsstudie höchstens zwei Jahre. „Auf uns muss kein Mensch warten. Die Gräfelfinger sollen einfach mal loslegen mit ihrer Machbarkeitsstudie“, sagt Nafziger. Und wenn es dann tatsächlich hake und eng werde mit den zwei Jahren, könne man ja immer nochmal reden, zeigt der Bürgermeister sich verhandlungsbereit: „Wir sind nicht der Stopper des Projekts!“

23.5.2021 | Autor: Guido Bröer | Solarserver
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