Appell an EU-Kommission: Wasserstoff aus Ü20-Anlagen nicht behindern!

Portraitfoto Ove PetersenFoto: GP Joule
"Wenn man zusätzliche Ökostrommengen will, hilft es nichts, den Betreibern bestehender Anlagen das Leben zu erschweren“, sagt Ove Petersen, CEO und Mitgründer von GP Joule.
Ove Petersen, Mitgründer und CEO von GP Joule, hat sich mit einem offenen Brief an den Kommissar für Klimaschutz der EU-Kommission Frans Timmermanns gewandt. Seine Befürchtung: Die in einem informellen Entwurf vorgesehenen Regelung, nur "zusätzlichen" Ökostrom zur Wasserstoffproduktion zuzulassen, gefährde den Ausbau der Infrastruktur sowie die effiziente Nutzung von "ausgeförderten" Post-EEG-Anlagen (Ü20).

Immer mehr Solar- und Windanlagen erreichen das Ende ihrer Förderdauer im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). DIe Betreiber könnten den von ihnen erzeugte Ökostrom in Zukunft frei vermarkten. Eine mögliche Verwendung dafür wäre nach Überzeugung nicht nur von GP Joule die Erzeugung von Grünem Wasserstoff als Kraftstoff. Damit könnten auch im Verkehr endlich die Treibhausgasemissionen sinken.

Dieser Plan droht nun nach Ansicht von Ove Petersen an einer geplanten Vorschrift der EU-Kommission zu scheitern. Diese sollte eigentlich nur die technischen Details rund um die vorgeschriebenen Treibhausgas-Minderungen im Verkehr regeln. Ein derzeit kursierender informeller Entwurf schießt jedoch in der Wahrnehmung einiger Brancheninsidern darüber hinaus. Erneuerbare-Energien- und Wasserstoff-Pionier Petersen warnt in einem offenen Brief an den Vizechef der EU-Kommission Timmermanns, der Plan könnte sogar den Aufbau einer Grünen Wasserstoff-Wirtschaft insgesamt gefährden.

Grüne Kraftstoffe essenziell für Wasserstoff-Wirtschaft

Das von GP Joule initiierte Projekt eFarm in Nordfriesland war die Blaupause, mittlerweile arbeiten immer mehr Regionen am Aufbau einer Grünen Wasserstoffwirtschaft. Eines haben sie alle gemeinsam: Tankstellen für Grünen Wasserstoff. Diese seien ein wichtiger Faktor, damit die Rechnung auch wirtschaftlich stimme, betont Petersen. Indem Tankstellenbetreiber ausschließlich Grünen Wasserstoff anböten, überträfen sie nämlich ihr eigenes Klimaziel. Sie könnten daher zusätzlich Zertifikate an andere Unternehmen verkaufen. Diese Zertifikate sorgten dafür, dass Grüne Energie wertvoller sei als solche aus fossilen Quellen. Sie seien somit ein wichtiger Treiber für die Energiewende. Das hat die EU-Kommission offenbar erkannt und will mit der neuen Vorschrift die technischen Details für die Anerkennung von Grünem Wasserstoff regeln. Doch dabei kommt sie sich nach Darstellung von GP Joule mit einem weiteren, für sich genommen ebenfalls sinnvollen Ziel in die Quere.

EU-Kommiossion: Wasserstoff nur aus „zusätzlichem“ Ökostrom

Damit der Aufbau der Grünen Wasserstoffwirtschaft nicht zulasten des Anteils der Erneuerbaren Energien im Stromsektor geht, will die EU sicherstellen, dass dafür nur „zusätzlicher“ Ökostrom eingesetzt wird. „Das ist politisch nachvollziehbar“, bestätigt auch Ove Petersen. Doch die EU wolle diese „Zusätzlichkeit“ sicherstellen, indem sie alte Wind- und Solarparks von der Belieferung der Elektrolyseure ausschließt. „Das ist kontraproduktiv“, sagt Petersen. Damit würde für den gerade erst entstehenden Wasserstoffmarkt eine relativ günstige Stromquelle wegfallen. Mehr noch: „Elektrolyseure zur Wasserstoffherstellung können Ökostrom aus den Post-EEG-Anlagen gezielt in den Zeiten nutzen, wenn er keine anderen Abnehmer im Strommarkt findet oder das Stromnetz ausgelastet ist. Verhindert man dies, werden im schlimmsten Fall sogar abbezahlte Wind- und Solarparks unwirtschaftlich und daher stillgelegt. Dann steht unterm Strich nicht mehr Ökostrom zur Verfügung, sondern weniger“, erklärt Petersen.

Vorschrift widerspricht Marktintegration

Darüber hinaus widerspreche die geplante Vorschrift dem Ziel, erneuerbare Energien auch zeitlich in den Strommarkt zu integrieren. „Es ist nicht so, dass ein bestimmtes Windrad immer einen bestimmten Elektrolyseur versorgen würde. Angebot und Nachfrage werden vielmehr im Viertelstundentakt gematcht. Diese flexible Marktintegration wird mit wachsendem Anteil von Wind- und Solarstrom immer wichtiger werden“, erklärt Petersen.

„Alles in Allem bringt die Vorschrift der EU-Kommission viel Gutes, ist aber noch nicht in allen Punkten bis zu Ende gedacht und sollte an dieser Stelle noch nachgebessert werden – auch und vor allem im Sinne der künftigen Wasserstoffpläne und Klimaziele der EU“, sagt er. Petersen ergänzt: „Wenn man zusätzliche Ökostrommengen will, hilft es nichts, den Betreibern bestehender Anlagen das Leben zu erschweren. Für zusätzlichen Wind- und Solarstrom brauchen man vielmehr bessere Investitionsbedingungen für neue Anlagen – da ist noch Luft nach oben.“

Die von Heiner Gärtner und Ove Petersen 2009 gegründete GP Joule ist heute ein System-Anbieter für integrierte Energiesysteme aus Sonne, Wind und Biomasse sowie ein Partner für die Versorgung mit Strom, Wärme, Wasserstoff sowie Elektro-Mobilität. Als Pionier in der Sektorkopplung beschäftigt die mittelständische Unternehmensgruppe rund 370 Mitarbeiter.

28.5.2021 | Quelle: GP Joule | Solarserver
© Solarthemen Media GmbH

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