FÖS-Studie: bis zu 21 Milliarden Euro Klimakosten durch Heizen mit Erdgas

Vier Menschen in einem Raum hinter StehpultenFoto: EWS
Podiumsdiskussion zur Studienvorstellung mit Sebastian Sladek (Vorstandsmitglied EWS Schönau) Carolin Schenuit (Geschäftsführende Vorständin FÖS) Isabel Schrems (Wiss. Referentin FÖS) Peter Ugolini-Schmidt (Moderator) Verena Graichen (Stv. Vorsitzende BUND).
Eine Studie des Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) im Auftrag der Elektrizitätswerke Schönau (EWS) zeigt: Die Verbrennung von Erdgas zur Wärmeerzeugung ist weit klimaschädlicher als vielfach angenommen.

FÖS und EWS präsentierten die Studie „Was Erdgas wirklich kostet – Roadmap für den Gasausstieg im Wärmesektor“ am Mittwoch mit einer Podiumsdiskussion. Laut der Studie sind die Klimakosten von Erdgas viel höher als bisher angesetzt.

Durch die Verwendung von Erdgas im Wärmesektor würden in Deutschland jährliche Treibhausgas-Emissionen in Höhe von 91,5 bis 107,2 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten anfallen. Davon würden 87,1 Tonnen verbrennungsbedingt aus CO2-Emissionen stammen, rund 4,4 bis 20 Millionen Tonnen dagegen aus Methanleckagen. Zum Vergleich: Die CO2-Emissionen des Landes Berlin betrugen im Jahr 2019 etwa 17 Millionen Tonnen CO2

Nach dem Schadenskostenansatz für 2021 bedeutet das: Durch die Nutzung von Erdgas im Gebäudesektor entstehen Klimakosten von rund 18 bis 21 Milliarden Euro. Davon entfallen rund 0,9 bis vier Milliarden Euro auf Methanleckagen.

Klimaneutrale Wärmeversorgung bis 2030 möglich

„Die Studie macht mehr als deutlich, dass wir einen baldigen Ausstieg aus dem Erdgas in der Wärmeerzeugung brauchen“, sagt Sebastian Sladek, Vorstand der EWS Elektrizitätswerke Schönau. Die Treibhausgas-Emissionen im Gebäudesektor tragen 16 Prozent zu den deutschen Gesamtemissionen bei. Mehr als 60 Prozent gehen auf die Wärmeerzeugung mit Erdgas zurück. Sladek sagt: „Wir können und müssen in Deutschland schnellstmöglich klimaneutral werden und daher auch im Wärmesektor auf regenerative Lösungen setzen. Dass dies möglich ist, zeigt die Studie sehr eindrucksvoll.“

Isabel Schrems, Autorin der Studie und Wissenschaftliche Referentin beim FÖS, betont das hohe Potenzial von Solarthermie, Biomasse, Geothermie, Umweltwärme und Abwärme aus der Industrie. Für das Jahr 2030 beziffert sie es in Summe mit 1.403 bis 2.183 TWh liege. Das ist fast das Doppelte des heutigen Endenergieverbrauchs im Gebäudewärmesektor. Außerdem sei eine bessere Effizienz der Gebäude zu erwarten. Schrems geht davon aus, dass Deutschland daher bis Ende des Jahrzehnts seinen Wärmebedarf für Gebäude aus erneuerbaren Quellen decken kann. Der Ausstieg aus den fossilen Energien, inklusive Erdgas, sei also machbar.

Vor einem Monat hatten auch das Fraunhofer ISE, das Ökoinstitut und das Hamburg-Institut eine Roadmap vorgelegt, mit der sich die Klimaziele im Gebäudesektor noch erreichen ließen. Sie gehen allerdings erst 2050 von einem klimaneutralen Gebäudebestand aus.

Klimakosten von Erdgas noch nicht eingepreist

„Die Studie zeigt, dass die wahren Klimakosten durch Erdgas weit höher sind als der aktuelle Preis“, betont Carolin Schenuit, geschäftsführende Vorständin des FÖS. Drei Viertel dieser Kosten seien bisher nicht im Preis berücksichtigt. Schenuit fordert, diese Kosten über den Brennstoffemissionshandel schnellstmöglich einzupreisen. Das sei klimapolitisch dringend angezeigt und zudem logische Konsequenz aus dem Klima-Urteil des Bundesverfassungsgerichtes. Zusätzlich brauche man für einen schnellen Erdgas-Ausstieg ordnungspolitische und planungsrechtliche Maßnahmen. „Mit kommunalen Wärmeplänen und einem Neubauverbot für Gasheizungen können dezentrale, nachhaltige Wärmenetze gefördert werden. Das wird zum Beispiel in Dänemark bereits praktiziert“, sagt Schenuit.

Verena Graichen, Stellvertretende Vorsitzende des Bundes für Umwelt- und Naturschutz Deutschland, drängt auf mehr Energieeffizienz. Ein großes und schnell ausbaubares Potenzial für die Wärmewende liege in der energetischen Gebäudesanierung. Die SPD-Bundestagsabgeordnete Nina Scheer betonte, dass Erdgas höchstens als Brücke zum Ausstieg aus der Nutzung fossiler Energien dienen dürfe. Vor allem müsse der Ausbau der Erneuerbaren Energien auch im Wärmesektor deutlich beschleunigt werden. Dafür sei eine grundsätzliche Reform des Systems der Steuern, Abgaben, Entgelte und Umlagen auf Energie dringend nötig.

10.6.2021 | Quelle: EWS | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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