EEG-Novelle: Anzeichen einer Trendwende

Trendwende beim EEG: Mann mit Helm vor Solarmodulen schaut in die FerneFoto: kuznetsov_konta / stock.adobe.com
Die jüngsten Beschlüsse des Deutschen Bun­des­tages zum Erneuerbare-Energien-Gesetz bringen ein paar Erleichterungen für Betreiber:innen von Photovoltaikanlagen. Und sie deuten eine Trendwende an. Doch Solarverbände fordern weiterhin substanzielle Verbesserungen.

Es sei natürlich zu begrüßen, wenn es etwas wenige Bürokratie für Anlagenbetreiber gebe, sagt Susanne Jung, die Geschäftsführerin des Solarenergie-Fördervereins Deutschland. Doch damit werde das Steuer noch nicht herumgerissen. Sie sehe bei den Beratungen potenzieller Anlagenbetreiber, dass es derzeit einfach nicht attraktiv genug sei, eine Solarstromanlagen zu installieren. „Der atmende Deckel muss weg und die Vergütungen müssen wieder angehoben werden“, so Jung.

EEG-Beschlüsse vertagt

Dringend notwendige Beschlüsse für eine starke Beschleunigung des Solartechnik- und Speicher-Ausbaus habe die Regierungskoalition ebenso vertagt wie die Schaffung fairer Marktbedingungen, resümiert der Bundesverband Solarwirtschaft. Dazu zählt er die Beseitigung von Förderdeckeln und eine „angemessene CO2-Bepreisung fossiler Energieträger“. Eine aktuell erfreuliche Marktdynamik bei PV-Anlagen drohe nun infolge zu kleiner Fördertöpfe und zu scharfer Degressionsregeln in den kommenden Monaten ausgebremst zu werden.

Erleichterung für Eigenverbrauch als Trendwende im EEG

Doch in den jetzigen Beschlüssen ist eine gewisse Trendwende zu erkennen. Nachdem das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) und weitere Energiegesetze von Novelle zu Novelle immer komplizierter geworden sind – insbesondere auch für die Betrei­ber:in­nen kleiner Solarstromanlagen, hat sich die Koalition zu ersten Vereinfachungen durchgerungen. So werden nun in Paragraf 61b Absatz 2 Satz 1 EEG die folgenden Worte gestrichen: „für höchstens 30 Megawattstunden selbst verbrauchten Stroms pro Kalenderjahr“. Paragraf 61b Absatz 2 regelt die Befreiung von der EEG-Umlage für den Eigenverbrauch. Für die Befreiung hatte der Gesetzgeber eine doppelte Hürde eingezogen. Zum einen darf die Anlage eine Leistung von 30 Kilowatt nicht überschreiten. Und außerdem galt dies bislang nur für 30 Megawattstunden (MWh) selbst verbrauchten Stroms.

Zwar wurde diese zweite Grenze wohl nur von extrem wenigen Solarstromanlagen gerissen – die Anlagen mussten relativ viel produzieren und zudem musste der Verbrauch optimal zur Produktion passen. Aber die 30-MWh-Schranke erforderte ab einer Leistung von mehr 21 kW teils einen extra Erzeugungszähler, falls ein Anlagenbetreiber gegenüber dem Netzbetreiber nicht plausibel machen konnte, dass er keinesfalls mehr als 30 MWh selbst nutzen würde. Die Clearingstelle EEG/ KWK hatte zu den erforderlichen Regularien eigens eine Empfehlung erarbeitet. Die kann nun entfallen. Eine Hürde weniger und eine kleine Trendwende.

Messkonzepte werden simpler

Eine weitere Schwierigkeit, die wegfällt, wird wohl für die meisten Anlagenbetreiber noch keine große Relevanz haben. Sie betrifft die Batterien, die zur Zwischenspeicherung von Solarstrom zum Einsatz kommen. Künftig sollen Prosumer mit diesen Speichern auch am Strommarkt teilnehmen können. Und die Abgeordneten hatten sich kurz vor der 2. und 3. Lesung im Bundestag darauf verständigt, nicht den Empfehlungen der Bundesnetzagentur zu folgen. Deren Messkonzept wäre sehr aufwändig gewesen, sagt Urban Windelen, Geschäftsführer des Bundesverbandes Energiespeicher (BVES). Jetzt könne sich der Betreiber des Batteriesystems entscheiden, ob er ihn weiterhin nur für das Speichern seines eigenen Solarstroms oder für die Teilnahme am Strommarkt einsetzen wolle. Im ersten Fall ändert sich für ihn nichts und er kassiert weiterhin die gesetzliche Einspeisevergütung.

Vom Solar- zum Netzspeicher

Im zweiten Fall füllt – sofern es sich lohnt – auch Netzstrom den Speicher. Bei einer Rückspeisung dieses Stroms ins Netz kann der Betreiber jedoch keine Einspeisevergütung für Solarstrom beanspruchen. „Der Hausspeicher wird ein reiner Netzspeicher“, sagt dazu Windelen. Da spiele häufig aber auch keine Rolle, weil der niedrige Einspeisetarif mit geringen Mengen nicht mehr interessant sei. Er ist sich sicher, dass sich für den Speicherbetrieb der Prosumer neue Marktmodelle entwickeln. Und dafür seien die jetzt getroffenen Entscheidungen ein wesentlicher Schritt, denn nun reiche ein Ein- und Ausspeisezähler aus. Andere Messkonzepte wären zu teuer geworden und hätten keine Marktentwicklung zugelassen. Nach Aussage des BVES entfallen damit bürokratische Hürden für das Messkonzept von Multi-Use-Speichern.

„Unsere Kernforderung – die korrekte Umsetzung der EU-Elektrizitätsbinnenmarkts-Richtlinie in deutsches Recht und damit die Übernahme der höheren Freiheitsgrade für Prosumer und generell für Speicher – ist weitgehend erfüllt“, bilanziert Windelen. „Schade ist, dass es nicht auch die gute Definition von Energiespeicherung ins Gesetz geschafft hat. Damit fehlt weiter die Verankerung von Energiespeicherung als die vierte Säule im Energiesystem neben Erzeugung, Transport und Verbrauch von Energie.“

Mit diesen zwei Beschlüssen zur MWh-Grenze für den Eigenverbrauch und vereinfachten Regeln für Stromspeicher hat der Bundestag ein erstes Türchen zur Entbürokratisierung des EEG aufgestoßen. „Ein Silberstreif am Horizont“, so Windelen. Allerdings werden ab dem 26. September mit der Bundestagswahl die Karten wieder neu gemischt. Insofern lässt sich aus den Beschlüssen noch nicht ableiten, dass es tatsächlich zu einer nachhaltigen Trendwende kommt.

Verhaltenes Signal für Erneuerbare

Zu einem klaren Signal konnte sich die Regierungskoalition nicht durchringen. So standen im ersten Entwurf des „Klimaschutz-Sofortprogramms“ noch programmatische Ankündigungen für die Photovoltaik. Geschrieben hatten ihn das Bundesfinanz- und das Bundesumweltministerium. Doch im Beschluss des Bundeskabinetts ist davon nicht viel übrig gebleiben. Von 150 Gigawatt PV bis 2030 ist dort nun ebenso wenig die Rede wie von einer neuen Solarpflicht auf Dächern.

Neue Ausschreibungsmengen im EEG

Allerdings soll sich das Ausschreibungsvolumen für Solarstromanlagen im EEG erhöhen. Im kommenden Jahr soll die Bundesnetzagentur Solaranlagen im ersten Segment mit einer Leistung von 3600 Megawatt (MW) ausschreiben, davon 2000 MW als Sonderausschreibungen – bislang standen im Gesetz insgesamt für 2022 nur 1600 MW. Doch ab 2023 bleibt es bei den bisherigen Mengen.

Ebenso gibt es im zweiten Segment eine nur im Jahr 2022 anvisierte Ausweitung des Volumens von 300 auf 2300 MW, davon ebenfalls 2000 MW als Sonderausschreibungen. Als Anlagen des zweiten Segments gelten solche auf, an oder in einem Gebäude oder an einer Lärmschutzwand. Andere PV-Anlagen, zum Beispiel auf Freiflächen oder baulichen Anlagen, zählen zum ersten Segment.

Die dritte Gruppe sind die „besonderen Solaranlagen – also Agri-PV-­, Floating-PV- und Parkplatz-PV-Anlagen. Deren Ausschreibung erfolgt im Rahmen der innovativen Anlagenkonzepte. Nur für die besonderen Anlagen legt der Bundestag eine kleine Schüppe drauf. Im Jahr 2022 soll das Volument bei 150 statt 50 liegen.

Über das Jahr 2022 hinausgehende Zuwächse des gesetzlichen Rahmens hat der Bundestag nicht beschlossen.

8.7.2021 | Autor: Andreas Witt
© Solarthemen Media GmbH

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