An PV-Parks verdienen jetzt Kommunen mit

Photovoltaik-Freiflächenanlage: hier verdienen Kommunen künftig mitFoto: Guido Bröer
Nachdem das EEG bereits seit Januar die Möglichkeit bietet, Kommunen auf freiwilliger Basis mit 0,2 Cent pro Kilowattstunde an den Erlösen von Windparks zu beteiligen, hat der Gesetzgeber diese Option jetzt auch für Photovoltaik-Freiflächenanlagen geschaffen.

In seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause hat der Bundestag die Sache klar gemacht. Per Artikelgesetz führte das Parlament überraschend einen neuen Paragraphen 6 ins EEG ein. Er trägt den Titel „finanzielle Beteiligung der Kommunen am Ausbau“. Und er ermöglicht die finanzielle Zuwendungen von Betreibern von PV-Parks an Kommunen. Genau genommen ist der Paragraph nicht neu, sondern nur umgezogen. Im EEG 2021 hatte die Neuregelung zur Kommunalbeteiligung zunächst als § 36k weiter hinten im Gesetz rangiert. Der Umzug an prominentere Stelle war möglich, weil der frühere § 6, der dem ehemaligen Anlagenregister galt, mit Einführung des Marktstammdatenregisters vakant geworden war.

2000 Euro pro Hektar an Kommune für PV-Park

0,2 Cent pro Kilowattstunde für die Kommune – das klingt zwar nach wenig. Doch das täuscht. Pro Windrad können auf diese Weise jährlich nach einer Überschlagsrechnung des Deutschen Städte- und Gemeinde-Bundes (DStGB) 20.000 Euro in der Gemeindekasse landen. Auf den gleichen Betrag kommt man ungefähr mit einem 10-Megawatt-Solarstromkraftwerk.

Anders gesagt: Für jeden Hektar, den eine Kommune per Bebauungsplan für die Solarstromerzeugung ausweist, kann die Kämmerei Pi mal Daumen mit 2000 Euro Einnahmen pro Jahr rechnen. Gerade kleine Kommunen im ländlichen Raum können also künftig ihre finanziellen Spielräume durch einen aktiven Beitrag zur Energiewende steigern.

Und diese Einnahmen, so betont Christopher Brüning, Referatsleiter beim DStGB, blieben vollständig bei den betroffenen Kommunen. Denn da es sich nicht um Steuereinnahmen oder Schlüsselzuweisungen handelt, sind die Zahlungen von Wind- oder Solarbetreibern weder bei Er­mitt­lung des kommunalen Finanzausgleichs noch für die Kreisumlage zu be­rück­sichtigen. Die Kommunen können mit diesen Einnahmen machen, was sie wollen. Es bestehe keine Zweckbindung, so Brüning.

Schenkung an Kommunen von PV-Parks

Dies liegt daran, das es sich quasi um eine Schenkung handelt. Das ist ein wichtiger Punkt. Denn der § 6 EEG soll nicht nur Höhe und den Modalitäten der Zahlung von Anlagenbetreibern an Kommunen regeln. Insbesondere soll er klarstellen, dass diese nicht im strafrechtlichen Sinne als Indiz für Bestechung beziehungsweise Bestechlichkeit von Gemeindevertretern auszulegen sind.

Bei einer Zahlung, die ausdrücklich den Zweck erfüllt, die Akzeptanz für Projekte zu erhöhen, ist das freilich ein schmaler Grad. Darum hätten Branchenverbände und die kommunalen Spitzenverbände im Gesetzgebungsprozess lieber eine verpflichtende Zahlung an die Kommunen im EEG verankert gesehen. Weil er verfas­sungs­rechtliche Be­denken hegte, beließ es der Gesetzgeber bei einer freiwilligen Zahlung. Von der erhoffen sich nun alle Seiten hoffen, dass sie sich zum Standard entwickeln lässt.

Mustervertrag für Windprojekte

Damit strafrechtlich nichts anbrennt, müssen sich Kommunen und Projektierer freilich sehr genau an den Wortlauf des Gesetzes halten. Um das zu erleichtern, hat jetzt die Fachagentur Windenergie an Land (FA Wind) einen umfangreichen Mustervertrag vorgelegt. An dessen Entwicklung hat neben der Agentur und der Anwaltskanzlei Becker Büttner Held ein Arbeitkreis aus Vertre­ter:innen von Windbranche und Kommunalverbänden mitgewirkt.

Der Vertrag kann samt 19 Seiten Erläuterungen sowie dringenden Empfehlungen zur Kommunikation auf der Internetseite der FA Wind kostenlos heruntergeladen werden.

Trotz der klaren Ansage im § 6 EEG und trotz der rechtssicheren Formulierung im Mustervertrag komme es dennoch auf das korrekte Verhalten aller Beteiligten an. Das betont Kathrina Baur, Juristin bei der FA Wind, die an der Entwicklung des Mustervertrags federführend beteiligt war. Sprich: Wenn bei Genehmigungen oder Bebauungsplänen zwischen Kommune und Betreiber gemauschelt wird, kann auch der beste Vertrag keine Absicherung gegen strafrechtliche Folgen bieten.

PV-Park braucht eigenen Mustervertrag

Ohne weiteres sei der Mustervertrag aus dem Windbereich übrigens nicht auf Photovoltaik-Projekte übertragbar, sagt Baur. Freilich könne einiges von den Vorarbeiten übernommen werden.

Bislang ist nicht klar, wer bei der Entwicklung eines speziellen Mustervertrags im Solarbereich eine koordinierende Rolle übernehmen könnte. Für die Windbranche hatte diese die öffentlich finanzierte FA Wind getan.
„Wir sind dran“, sagt Bernhard Strohmayer, Leiter erneuerbare Energien beim Bundesverband Neue Energiewirtschaft (bne). Unterschiedliche Verträge für Wind und Solar seien schon deshalb notwendig, weil der neue EEG-Paragraph 6 für Wind und PV teils sehr unterschiedlich formuliert sei.

Während beispielsweise die Kommunalbeteiligung für Windenergieanlagen anteilig auf die Gemeinden aufgeteilt werden kann, deren Gebiete in einem 2500-Meter-Radius um die Turmmitte liegen, profitiert bei Photovoltaik-Freiflächenanlagen nur die Standortgemeinde. Auch dann, wenn ein Solarpark unmittelbar an der Grenze zur Nachbargemeinde gebaut wird.

Unterschiede zwischen Wind- und PV-Park

Unterschiedlich formuliert § 6 auch in Bezug auf Ausschreibungen. Für Windkraftanlagen sind erst ab 750 kW Leistung und nach erfolgreicher Teilnahme an einer Ausschreibung Direktzahlungen an Kommunen zulässig. Für PV-Parks hingegen gelten diese Einschränkungen nicht. Laut Strohmayer ist dies für PPA-Anla­gen re­- levant, deren Projektierer sich gar nicht erst um Ausschreibungen kümmern. Strohmayer findet es ärgerlich, dass die älteren Formulierungen für Wind nicht an die weiterführenden für PV angepasst wurden – wenngleich bislang nur wenige Windprojekte ohne die Sicherheit einer EEG-Marktprämie gebaut würden.

Der Mustervertrag der FA WInd geht allerdings davon aus, dass auch für Windprojekte, die nach einem erfolgreichen Zuschlag aus der EEG-Förderung in die sonstige Direktvermarktung wechseln, weiterhin Zahlungen an die Kommunen nach § 6 EEG fließen können. Um dies abschließend zu klären, hat die Arbeitsgruppe die Clearingstelle EEG/KWKG um Klarstellung gebeten. Das Ergebnis steht noch aus.

Für Solarprojekte ist jedenfalls klar, dass PPA-Projekte und andere Formen der sonstigen Direktvermarktung von der Regelung erfasst sind. Da für PV auch keine Mindestgrenze von 750 kW gilt, können auch kleinere Solarparks, die ohne Ausschreibung förderfähig sind, der Kommune 0,2 Cent/kWh anbieten. Relevant ist die Option aber nur für Freiflächen.

Welche Strommenge zählt?

Bei Photovoltaik bemisst sich die Zahlung ausschließlich an der „tatsächlich eingespeisten Strommenge“. Auch dies ein Unterschied zum Windbereich, wo zugleich für eine „fiktive Strommenge“ zu zahlen ist. Darunter fallen Kilowattstunden, die aufgrund von Abschaltungen verloren gehen, und zwar unabhängig davon, ob sie vom Netzbetreiber wegen Einspeisemanagement bzw. Redispatch 2.0 entschädigt werden oder ob es sich um selbstverschuldete Ausfallzeiten handelt. Ebenso fallen Kommunalzahlungen an, falls die Anlage zu Zeiten negativer Strompreise einspeist und dafür keine Vergütung bekommt. Nicht erfasst sind nach Auffassung der FA Wind nur Strommengen, die nicht im Netz landen, etwa zur Eigenversorgung oder zur Belieferung von Dritten vor dem Netzverknüpfungspunkt.

Dass nach der Windkraft nun auch Photovoltaik in die Kommunalregelung des EEG einbezogen ist, war Anliegen zahlreicher PV-Projektierer. So möchte der Geschäftsführer der Internationalen PV-Projekt-Tochter der Baywa r.e., Benedikt Ortmann, die Kommunalabgabe schnellstens zum Standard machen: „Wir werden diese Zahlungen in den Fällen, in denen es nach der gesetzlichen Regelung zulässig ist, anbieten, sofern keine anderweitigen Beteiligungswünsche der Gemeinden und Bürger bestehen.“

Auch Stefan Müller, operativer Vorstand der Hamburger Enerparc AG freut sich über die neue Option: „Für uns war das eh unverständlich, warum diese Kommunalbeteiligung nur für Wind gelten sollte. Wir werden dadurch die Akzeptanz ganz deutlich erhöhen können. Die Gewerbesteuerregelung ist immer noch sehr unscharf, die Zahlungen erfolgten dann erst nach 7-8 Jahren. Mit dieser Regelung werden die Gemeinden einen Geldfluss direkt und sofort spüren – und das ist wichtig für die Energiewende.“

Branche für die Beteiligung von Kommunen an PV-Parks

Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft nennt den novellierten § 6 EEG einen „wichtigen Baustein zur Partizipation, Akzeptanzbildung und damit auch zur Vereinfachung von Genehmigungsverfahren, den wir bereits zum EEG 2021 angeregt hatten. Gut, dass damit auch finanzielle Zuwendungen bei PPA-Projekten legalisiert werden.“

Auch Ortmann betont: „BayWa r.e. hat sich dafür eingesetzt, dass die Regelung zur kommunalen Beteiligung für beide Vermarktungsformen (EEG und PPA) gilt.“ Das es eine Umlageoption für EEG-geförderte Anlagen gibt, findet er aber suboptimal: „Im Solarbereich sind wir dagegen, dass dieser Gemeindebeitrag wieder über die Umlage erstattbar sein soll: Erstens, weil es eine projektspezifische Ausgabe ist, die das jeweilige PV-Projekt tragen sollte. Und zweitens, weil es PPA-Anlagen gegenüber EEG-Anlagen benachteiligt.“

Denn für PPA-Strommengen gibt es keine Erstattung etwaiger Geschenke an die Kommunen. Stefan Müller von Enertrag findet es daher „noch nicht richtig abzusehen“, ob und in welcher Höhe sich die Abgabe bei PPA tatsächlich durchsetzen werde: „Ich denke, dass sich das einpendeln muss, und die Gemeinden werden ihren Weg finden.“

9.7.2021 | Autor: Guido Bröer | Solarserver
© Solarthemen Media GmbH

Schließen