Windenergie an Land wächst im ersten Halbjahr 2021 wieder
Die Windenergie in Deutschland war im ersten Halbjahr 2021 wieder auf dem Vormarsch. Das zeigen die Zahlen der Branchenverbände. So stiegen die Neuinstallationen mit 971 Megawatt (MW) die Vergleichszahl 2020 um 62 Prozent. Basis der Daten ist eine Analyse der Deutschen WindGuard im Auftrag der beiden Verbände BWE und VDMA Power Systems.
„Die Entwicklung der Ausbauzahlen von Windenergie an Land bleibt positiv“, sagte Hermann Albers, Präsident Bundesverband Windenergie. Die letzten Ausschreibungsergebnisse zeigten, dass sich die Genehmigungslage weiter verbessere. „Vor uns liegt allerdings immer noch ein steiniger Weg, den es jetzt dringend zu ebnen gilt“, so Albers. Um die ambitionierten Klimaziele auf europäischer und nationaler Ebene zu erreichen, gelte es jetzt politische Weichen zu stellen. Ein wesentlicher Baustein sei dafür die Verbesserung der Flächen- und Genehmigungssituation. Mit dem Bund-Länder-Kooperationsausschuss für mehr Flächen und Genehmigungen habe das EEG 2021 den notwendigen Rahmen geschaffen. „Die Klärung der Flächenpotentiale im Kooperationsausschuss sollte noch vor der Regierungsbildung konkrete Ergebnisse erreichen. Erhebliche Flächeneffizienz liegt im Repowering bei gleichzeitig beschleunigten Verfahrensabläufen“, so Albers.
„Verdoppelung in der EU notwendig“
„Das erneute Marktwachstum reicht nicht aus, um die Zielvorgaben des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) 2021 von knapp 4.000 MW pro Jahr zu erfüllen. Mit dem deutschen Klimaschutzgesetz und der Anpassung der Stromverbrauchsprognose durch das Bundeswirtschaftsministerium wird eine weitere Erhöhung der jährlichen Brutto-Ausbauziele für die Windenergie an Land auf mindestens 5.000 MW in Deutschland erforderlich. Zudem muss mit dem europäischen Maßnahmenpaket „Fit for 55“ zum Erreichen von 55 Prozent CO2-Minderung in der EU bis 2030 der Ausbau der Windenergie in Europa insgesamt von jährlich 15.000 auf 30.000 MW verdoppelt werden. Diese anspruchsvolle Aufgabe kann nur gelingen, wenn alle Mitgliedsstaaten an einem Strang ziehen. Eine europäisch ausgerichtete Energiepolitik sollte für die neue Bundesregierung einen hohen Stellenwert haben. Auch auf Bundes- und Landesebene müssen konkrete Maßnahmen beschlossen und umgesetzt werden. Das Tempo für Flächenausweisung und den Abbau von Genehmigungshemmnissen muss jetzt stark beschleunigt werden“, erläuterte Matthias Zelinger, Geschäftsführer VDMA Power Systems.
Große Erwartungen an schnelles politisches Handeln
„Die Nachfrage nach Erneuerbarer Energie wächst rasant. Mobilität, Wärme und Digitalisierung sowie der stark ambitionierte Umstieg der Industrie setzen neue Maßstäbe. Es muss daher alles getan werden, insgesamt mehr Genehmigungen zu ermöglichen. Notwendig sind dafür schnelle konkrete Lösungen, die sofort wirken. Nach der Bundestagswahl gilt es keine Zeit zu verlieren. Die nächste Bundesregierung muss vor dem Jahresende gesetzgeberisch tätig werden. Sie muss in den ersten 60 Tagen die Weichen für Genehmigungen in einer Größenordnung von 6.000 MW pro Jahr stellen. Damit ließe sich die Delle im Zubau 2018 – 2021/2022 auffangen und die Erneuerung des Anlagenparks gestalten“, unterstrichen Hermann Albers und Matthias Zelinger.
„Schlechte Regulierung verhindert schnellen Zubau“
Die Verbände bemängeln viele Bremsklötze für den Zubau. Sie nennen unter anderem mangelnde verbindliche Flächenausweisungen und unsäglich verkomplizierte Genehmigungsprozesse. Neben diesen grundlegenden Problemen gibt es viele weitere regulatorische Steine im Weg zu mehr Windenergie.
So müssen mit dem Ausbau der Windenergie auchTransportgenehmigungen und -infrastrukturen bereitstehen. Bund und Länder müssen Verkehrswege für Schwerlasttransporte von den Produktionsstandorten zu den Errichtungsorten bereitstellen. Hierzu zählen auch Straßen, Brücken und Rastplätze. Eine zügige bundesweite Beschleunigung, Vereinheitlichung und Digitalisierung von Genehmigungsverfahren für Transporte muss das Ziel sein. Derzeit ist es aufgrund der Verfahrensdauer und Kleinteiligkeit bei der Planung zum Teil kaum möglich, Transportkosten und Genehmigungszeiträume für Projekte in Deutschland mit ausreichend Vorlauf verlässlich zu kalkulieren.
„Selbst einfache Sachverhalte hängen fest“
Die Umsetzung der bedarfsgerechten Nachtkennzeichnung (BNK) zur Vermeidung von Lichtemissionen durch Windenergieanlagen stellt eine unnötige Belastung für die Branche dar. Die Windindustrie will diese Akzeptanzmaßnahme umsetzen, während unpraktikable Rahmenbedingungen dies erheblich erschweren. Heterogene Verfahren der Bundesländer, überbordender Prüfungsaufwand, administrative Hürden und unzureichend ausgerüstete Behörden erschweren die Prozesse. Eine bundesweit einheitliche und einfache Baumusterprüfung sowie einheitliche Genehmigungsverfahren in den Bundesländern sind unumgänglich. Bund und Länder müssen jetzt dafür sorgen, dass die geplanten Fristen für die Ausstattung von Anlagen mit den Systemen Ende 2022 eingehalten werden können. Ein Branchendialog dazu darf durch Verkehrs- und Wirtschaftsministerium nicht länger verweigert werden. Die Windindustrie steht bereit.
Prognose für das Gesamtjahr
Für das Gesamtjahr 2021 konkretisieren die Verbände ihre bisherige Prognose und gehen nach 2.000 – 2.500 MW zum Jahresbeginn nun von einer Bandbreite von 2.200 – 2.400 MW aus. Hierbei werden störungsfreie Abläufe in den Lieferketten und bei der Errichtung vorausgesetzt.
Entwicklung der Windenergie global
Nach außergewöhnlich hohen globalen Rekordzubauten im Jahr 2020 mit 86,9 GW (Gigawatt) – der Global Wind Energy Council (GWEC) hatte seine Prognose im Juni 2020 wegen der Corona-Pandemie auf 55 GW reduziert – rechnet die Branche mit einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate für Onshore Wind in den kommenden fünf Jahren von 0,3 Prozent weltweit. Die durchschnittliche jährliche Installation beträgt in den Jahren 2021-2025 laut GWEC 79,8 GW. Insgesamt werden in diesem Zeitraum voraussichtlich 399 GW gebaut. Wegen der Anpassung politischer Rahmenbedingungen wird ein besonders hohes Wachstum in China und den USA erwartet.
28.7.2021 | Quelle: BWE | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH