Doppelte Kommunalbeteiligung an Wind- und Solarparks – geht das?
Vielfach sind Kommunen oder deren Stadtwerke auch direkt an der Betreibergesellschaft eines Windparks oder einer Freiflächen-Photovoltaikanlage beteiligt. Das EEG forciert solche kommunalen Beteiligungen für den Windbereich sogar. Und zwar im Zuge der vor vier Jahren eingeführten besonderen Ausschreibungsbedingungen für Bürgerenergiegesellschaften nach § 36g EEG. Windkraft-Betreibergesellschaften, die in EEG-Ausschreibungen den besonderen Status der Bürgerenergiegesellschaft nutzen wollen, müssen dafür der Standortkommune oder deren Stadtwerk eine 10 prozentige Beteiligung am Bürgerunternehmen anbieten. Doch verträgt sich dies mit der neuen freiwilligen Kommunalabgabe nach § 6 EEG (vgl. Solarthemen 541 vom 8. Juli 2021). Kann in einem solchen Fall die (teil-)kommunale Betreibergesellschaft der Kommune Zahlungen anbieten, wenn die Gemeinde auch auf der Anlagenbetreiberseite steht?
„Hochinteressante“ Frage
Das sei eine „hochinteressante Frage“, reagiert spontan der Leiter der Clearingstelle EEG/KWKG, Martin Winkler, auf die Solarthemen-Anfrage. Für sein Team erbat er sich etwas Bedenkzeit. Danach beantwortete Clearingstellenmitglied Veronika Koch die Frage schließlich mit einem ausdifferenzierten Jein. Sie könne nicht pauschal, sondern müsse im Einzelfall für verschiedene Fallkonstellationen beantwortet werden.
Jedenfalls schließe der Wortlaut des Paragraphen 6 EEG, der die neuen Kommunalabgaben aus Wind- und Solar-Erlösen regelt, Kommunen nicht aus, die gleichzeitig Anteile an den Anlagen halten.
Sinn und Zweck: Akzeptanzsteigerung
Allerdings sei auch zu prüfen, so die Clearingstelle, ob die freiwillige Kommunalabgabe „mit dem Sinn und Zweck der finanziellen Beteiligung von Gemeinden zur Steigerung der lokalen Akzeptanz von Freiflächenanlagen und Windenergieanlagen vereinbar ist, wenn die Gemeinde bereits als Anlagenbetreiberin bzw. als Beteiligte an einer Anlagenbetreibergesellschaft finanziell beteiligt ist.“
Dabei könne die jeweilige Fallkonstellation einen Unterschied machen. Gehört beispielsweise der Gemeinde ein Windrad oder ein Solarpark direkt (Fall 1)? Oder hat sie eine 100-prozentige Tochtergesellschaft für den Betrieb der Anlage gegründet (Fall 2)? Davon wiederum sei zu unterscheiden, wenn eine Kommune sich lediglich zu einem Teil an einer privatrechtlichen Betreibergesellschaft beteilige (Fall 3). Von letzterem könne wiederum die Bürgerenergiegesellschaft nach § 36g EEG einen Sonderfall darstellen (Fall 4).
Bürgerenergiegesellschaft und Kommunalbeteiligung nach § 6 EEG
Wenn in diesem vierten Fall, die Gemeinde das Angebot einer Bürgerenergiegesellschaft annimmt und somit einen Anteil von 10 Prozent an der Bürgerenergiegesellschaft hält, so könnte argumentiert werden, erklärt die Clearingstelle, „dass die Anwendung der Privilegierung gemäß § 6 EEG 2021 deshalb ausgeschlossen ist, weil das Ziel der Akzeptanzförderung bereits erreicht worden ist durch die Beteiligung in der Bürgerenergiegesellschaft.“
Als Mitglied der Clearingstelle betont Veronika Koch allerdings ausdrücklich, dass all dies unverbindliche und noch nicht abgeschlossene Überlegungen seien. Sie bedürften einer vertieften rechtlichen Prüfung. Zumal neben der Zulässigkeit nach dem EEG die Ausgangsfrage auch nach dem Kommunalrecht der einzelnen Bundesländer zu prüfen sei.
Kein grundsätzliches Problem sieht Koch in der Tatsache, dass es sich bei einem Schenkungsvertrag nach § 6 EEG 2021 um ein „Insichgeschäft“ nach § 181 BGB handeln kann, wenn die Kommune auf beiden Seiten vertreten ist. Dieses könne bei allseitigem Einverständnis durchaus gestattet sein.
30.7.2021 | Autor: Guido Bröer
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