Agora-Studie: Verdreifachung der Klimaschutz-Investitionen bis 2030 nötig

Viel Geld - in Scheinen zu Bündeln zusammengefasst - als Symbol für hohe Investitionen für Erneuerbare Energien und EnergiewendeFoto: Wolfilser / stock.adobe.de
Die Energiewende erfordert hohe Investitionen.
Um die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 65 Prozent gegenüber 1990 zu senken, müssten jährlich knapp 30 Milliarden Euro Bundesmittel in den Klimaschutz fließen. Das ist fast doppelt so viel wie bisher veranschlagt.

Rechnet man die auf kommunaler Ebenen benötigten Mittel mit ein, müsste man die Investitionen in den Klimaschutz sogar verdreifachen. Zu diesem Ergebnis kam eine Studie im Auftrag von Agora Energiewende und dem Forum New Economy. Leitautor der Studie ist Prof. Tom Krebs von der Universität Mannheim.

Finanzbedarf bis 2030: jedes Jahr 46 Milliarden Euro

Derzeit sind für den Zeitraum von 2021 bis 2025 öffentliche Ausgaben von rund 80 Milliarden Euro im Rahmen von Klimaschutz- und Konjunkturprogrammen sowie dem Klimaschutz-Sofortprogramm vorgesehen, also im Schnitt 16 Milliarden Euro pro Jahr. Die aktuelle Studie geht dagegen davon aus, dass jährlich 46 Milliarden Euro öffentliche Mittel für die Investition in Modernisierungen nötig sein werden – und zwar von 2021 bis 2030. Davon wären laut der Studie knapp 30 Milliarden Euro jährlich durch den Bund zu tragen, der Rest durch die Kommunen. „Egal, wer die neue Regierung stellt, muss eine öffentliche Investitionsoffensive für die jetzt notwendigen Klimaschutzmaßnahmen auf den Weg bringen, sonst droht eine Verfehlung der Klimaziele“, sagt Patrick Graichen, Direktor von Agora Energiewende.

Um die Finanzierungslücke zu berechnen, betrachteten die Autor:innen die in Bundesprogrammen und europäischen Programmen geplanten Ausgaben bis 2025. Kommunale Mittel bezogen sie nicht ein. Diese dürften aber lediglich einen Bruchteil ausmachen, erklärt Agora Energiewende. Zudem unterstellten sie eine gleichmäßige Verteilung der Investitionen über die Jahre. Als Bedarf setzten sie einen Wert von 230 Milliarden Euro an. Nach dieser Rechnung fehlen 150 Milliarden Euro staatliche Mittel für den Klimaschutz.  

Anteil öffentlicher Mittel für Klimaschutz-Investitionen höher als bisher gedacht

Der Neuigkeitswert liege vor allem in der Höhe der nötigen öffentlichen Mittel. Auch bisherige Studien seien von einem von einem gesamtwirtschaftlichen Investitionsbedarf um 70 Milliarden Euro pro Jahr ausgegangen. Doch der öffentliche Anteil sei dabei geringer gewesen. In einer viel beachtete Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) und des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) werde der öffentliche Anteil auf lediglich 15 Prozent geschätzt.

Klimaschutz ist billiger als kein Klimaschutz

Zugleich betont Agora, der in der Studie genannte Wert entspreche nur rund 6,3 Prozent der gesamtwirtschaftlichen Bruttoinvestitionen und 1,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts im Jahr 2019. Zum Vergleich: Allein zur Unterstützung des Wiederaufbaus der von Hochwasser und Starkregen besonders getroffenen Regionen in West- und Süddeutschland hätten Bund und Länder im Sommer dieses Jahres 30 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. „Die berühmte schwäbische Hausfrau investiert jetzt in Klimaschutz, anstatt immer wieder für viel Geld die Klimaschäden aufräumen zu müssen“, kommentiert Graichen.

Klimaschutz erfordert Investitionen vor allem in Digitalisierung, Schienennetz, Gebäudsanierung und ÖPNV

Von den 460 Milliarden Euro öffentlichen Gesamtinvestitionen setzt die Studie 90 Milliarden für direkte Bundesinvestitionen an. Darin wiederum sind 50 Milliarden Euro für die Digitalisierung und den Ausbau des Schienennetzes eingerechnet. Zusätzlich müssten private Investitionen gefördert werden. Allein für die energetische Gebäudesanierung planen die Autor:innen 200 Milliarden Euro ein. Das gelte, wenn die Fördersätze der aktuellen Programme beibehalten würden. Welche Maßnahmen für eine Wärmewende im Gebäudesektor bis 2045 nötig wären, hat Agora in einer anderen Studie dargestellt. Geht man davon aus, dass die Förderung der Privatinvestitionen im Wesentlichen Aufgabe des Bundes ist, muss dieser in den nächsten zehn Jahren rund 290 Milliarden Euro für Klimainvestitionen einplanen. Bei den 170 Milliarden Euro kommunaler Klimainvestitionen sei der Ausbau des ÖPNV mit rund 100 Milliarden Euro der dickste Brocken.

Für die Rechnung haben die Autor:innen in einen Bottom-up-Ansatz auf Basis existierender Studien zugrunde gelegt. Basis ist der technologische Transformationspfad „KN2045“ aus der Studie „Klimaneutrales Deutschland 2045“ von Prognos, Öko-Institut und Wuppertal Institut. Wegen makroökonomischen und politischen Unsicherheiten seien die Ergebnisse als Annährungswerte zu sehen, betont Agora.

Die 37-seitige Publikation steht zum Download zur Verfügung.

8.9.2021 | Quelle: Agora Energiewende| solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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