Fit für die Zukunft: Stromnetz braucht flexible, zellulare Struktur

Zu sehen ist Dr. Stefan Rohrmoser, Geschäftsführer Vertrieb bei Eaton, stellt sich für das Stromnetz der Zukunft eine flexible, zellulare Struktur vor.Foto: Eaton
Dr. Stefan Rohrmoser, Geschäftsführer Vertrieb bei Eaton: „Statt der Baumstruktur benötigen wir eher eine Struktur, die einem tatsächlichen Netz ähnelt, mit vielfältigen Verflechtungen und Wegen, auf denen sich Energie bewegen kann.“
Durch den Photovoltaik-Ausbau in Deutschland wird die Stromerzeugung zunehmend dezentral. Das bedeutet für den künftigen Netzausbau, dass der Umbau in eine flexible, zellulare Struktur erfolgen muss, sagt Stefan Rohrmoser, Geschäftsführer Vertrieb bei Eaton.

Am 14. Juli hat die EU-Kommission das Maßnahmenpaket „Fit for 55“ vorgestellt, das dafür sorgen soll, dass Europa seine Klimaziele erreichen kann. Neben dem politischen Rahmenwerk braucht es aber auch konkrete Maßnahmen. Dazu zählt natürlich der weitere Ausbau der erneuerbaren Energien. Aber man darf dabei das Stromnetz nicht vergessen, das sich in Zukunft ebenfalls weiterentwickeln muss.

Photovoltaik ist laut Rohrmoser heute die günstigste Energiequelle aller Zeiten. Seit der Kommerzialisierung in den 1970er Jahren sind die Preise beständig gefallen und im letzten Jahrzehnt unterschritten sie die Schwelle von einem US-Dollar pro Watt. Das sind gute Nachrichten, vor allem vor dem Hintergrund, dass Solarenergie nicht die einzige regenerative Ressource ist, auch bei der Windenergie gab es große Fortschritte. „Bei allem Enthusiasmus dürfen wir aber nicht vergessen, dass es nicht nur auf die Erzeugung von Elektrizität ankommt, sie muss auch zum Nutzer gelangen. Das Stromnetz spielt daher eine entscheidende Rolle für das Gelingen der Energiewende“, so Rohrmoser.

Herausforderung der verteilten Erzeugung

Rohrmoser beschreibt den Aufbau der Stromnetze wie folgt: „Den bisherigen Aufbau des Netzes kann man sich grob wie einen Baum vorstellen: Den Stamm bilden vergleichsweise wenige aber leistungsfähige Kraftwerke, von wo die Energie über die Äste zu Millionen von Abnehmern in den einzelnen Blättern transportiert wird. Diese Struktur funktioniert auch für bestimmte Formen der erneuerbaren Energie sehr gut, wie zum Beispiel große Wasserkraftwerke oder Offshore-Windparks. Gerade im Photovoltaik-Bereich sehen wir aber eine wesentlich dezentralere Erzeugung.“

Die sinkenden Preise machen Solarmodule auch für viele Privathaushalte attraktiv. Damit ist allerdings die traditionelle Trennung zwischen Erzeuger und Verbraucher nicht mehr gegeben. Wenn Haushalte nicht mehr nur Abnehmer von Energie, sondern auch Produzenten sind, ist die alte Struktur des Netzes für diese Situation nicht mehr passend. „Statt der Baumstruktur benötigen wir eher eine Struktur, die einem tatsächlichen Netz ähnelt, mit vielfältigen Verflechtungen und Wegen, auf denen sich Energie bewegen kann. Sie darf dabei nicht mehr nur linear in eine Richtung fließen, sondern die Infrastruktur muss bidirektional gestaltet sein, sodass Haushalte oder Unternehmen nicht nur Strom abnehmen, sondern auch einspeisen können“, so Rohrmoser.

Herausforderung für das Stromnetz der Zukunft ist Flexibilität

Thermische Kraftwerke aber auch Wasserkraft haben in der Regel einen gut planbaren Output, der sich in gewissen Grenzen an Bedarfsmuster anpassen lässt. Bei Wind und Sonne sieht das natürlich anders aus. Das Wetter sorgt dafür, dass sich bei diesen Ressourcen Perioden mit hoher und niedriger oder gar keiner Erzeugung kaum planbar abwechseln. Hier muss also ein Ausgleich stattfinden. Das wiederum heißt, dass elektrische Energie gespeichert werden muss.

Die Lösung: flexible zellulare Netze

Die Verbundnetze in ihrer bisherigen Form sind den Anforderungen der Energiewende nicht mehr gewachsen. Stattdessen muss sich die verteilte Stromerzeugung auch in der Ausgestaltung des Netzes widerspiegeln, sodass Strom im besten Fall dort verbraucht wird, wo er erzeugt wird. Statt einem großen Verbund braucht es also eine zellulare Struktur. In derartigen Energiezellen sollten die Funktionen Erzeugung, Speicherung und Verteilung von Energie zusammengefasst werden. Das kann bis auf die Ebene einzelner Gebäude hinabreichen: Solarzellen auf dem Dach, Batteriespeicher im Keller und Ladestationen für E-Autos vor dem Gebäude. Völlig autonom wird auch ein solches Gebäude nicht sein, natürlich wird es auch weiterhin einen Netzanschluss brauchen. In Zukunft sollte allerdings eine flexible Interaktion mit anderen Energiezellen, beziehungsweise dem Stromnetz möglich sein, bei der Energie in beide Richtungen fließen kann.

30.9.2021 | Quelle: Eaton | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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