Intersolar-Auftakt: Bei Photovoltaik-Ausbau mehr Tempo machen
„Wachsende Märkte und ein deutlich gestiegenes Klimaschutzbewusstsein bei Verbrauchern, Wirtschaft und auch in der Politik stimmen zuversichtlich. Wir erwarten, dass die nächste Bundesregierung die Solarisierung deutlich beschleunigen wird“, sagt Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW). Zum Neustart der Messe nach der Corona-Pause erwarten die Veranstalter bis Freitag rund 20.000 Besucher aus aller Welt. Im Jahr 2019 waren es fast 50.000. Die Messe-Welt „The Smarter E Europe“ ist aus der Solarmesse Intersolar hervorgegangen, geht aber mittlerweile weit über Photovoltaik und Solarthermie hinaus.
Körnig sieht die Photovoltaik-Branche sehr gut aufgestellt. Die Investitionsbereitschaft in Photovoltaik und Speicher wachse seit Jahren kräftig. Das Geschäftsklima in der Solarbranche sei auf einem konstant hohen Niveau. Für 2021 rechnet der BSW erneut mit zweistelligen Wachstumsraten.
In Deutschland sind laut BSW über 4,5 Million Solaranlagen zur Strom- oder Wärmeerzeugung und über 375.000 Solarstromstromspeicher im Betrieb. Gemeinsam würden jährlich nahezu 40 Millionen Tonnen CO2-Emissionen vermeiden.
Getrieben werde die Solartechnik-Nachfrage zunehmend auch durch die Verbreitung der Elektromobilität. Nach Informationen des Kraftfahrt-Bundesamtes seien 15 Prozent der PKW-Neuanmeldungen im August bereits reine E-Autos gewesen. Marktforschern von EUPD Research zufolge würden diese zu 70 Prozent zuhause geladen. Mit einer Solar-Speicher-Kombination könne der Bezug aus dem Stromnetz um bis zu 80 Prozent reduziert und durch deutlich günstigeren Solarstrom ersetzt werden.
Erfreut zeigt sich der BSW auch über jüngste Investitionen in die Erweiterung und in neue Solarfabriken in Deutschland. Greentech sei neben der Digitalisierung die Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts. Die Resilienz des Wirtschaftsstandorts Deutschland könne mithilfe Erneuerbarer Energien deutlich gestärkt werden.
Schneller Booster für Photovoltaik-Ausbau nötig
Doch bei allen Erfolgen betont Körnig auch, dass der Ausbau der Photovoltaik noch nicht schnell genug vorangehe.
Von der neuen Bundesregierung erhoffe sich die Solarbranche ein Solar-Beschleunigungsgesetz in den ersten hundert Tagen nach der Regierungsbildung, so Körnig. Dieses müsse Investitionsbarrieren und Förderdeckel beseitigen und das Erneuerbare-Energien-Gesetz an die jüngst verschärften Klimaziele anpassen. Bereits bis zum Ende der Legislaturperiode müsse die in Deutschland installierte Photovoltaik-Leistung auf das Doppelte wachsen. Dies erfordere wiederum eine Verdreifachung des PV-Ausbautempos gegenüber heute. Sowohl Gebäude als auch Freiflächen müssten konsequent nutzbar gemacht werden.
Auch der bne wirbt für mehr Tempo. „Photovoltaik ist heute die günstigste Form der Energieerzeugung. Daher brauchen wir jetzt einen PV-Booster, um das Potenzial für Klimaschutz, heimische Energieversorgung und Arbeitsplätze zu nutzen“, sagt Robert Busch, Geschäftsführer des Bundesverbands Neue Energiewirtschaft
Ein Ausbau im deutlich zweistelligen Gigawattmaßstab pro Jahr sei möglich. Das gehe über den Markt aber viel schneller als über das EEG, wenn die Bedingungen stimmen würden. Der bne hat ein Paket mit 35 Maßnahmen vorgestellt.
PPA statt EEG für Photovoltaik-Freiflächenanlagen
„Heute besteht bereits eine Koexistenz von gefördertem und förderfreiem Zubau von Photovoltaikanlagen. Die Denkmuster für den Ausbau von Photovoltaik sollten daher neu ausgerichtet werden“, so Busch. „Damit der Ausbau und die gesamte Wertschöpfungskette der Photovoltaik gestärkt wird, müssen nun die Bedingungen für den förderfreien Ausbau durch Power Purchase Agreements (PPA) verbessert werden“. Gerade dem Mittelstand könnten dabei Bürgschaften helfen.
Der bne schlägt vor, die heutige Ausschreibung für Photovoltaik-Freiflächenanlagen abzuschaffen und stattdessen innovative Elemente zu födern, zum Beispiel Solarparks mit Batteriespeichern.
Bne: Solar-Pflicht kann Ausbau auf Gebäuden voranbringen
Bei Gebäuden setzt der bne dagegen auf eine Photovoltaik-Pflicht für Neubau und Dachsanierung. Der Zubau nehme hier zwar auch jenseits der EEG-Förderung schon zu, doch noch zu viele Dächer blieben leer. Das Ziel müsse es sein, geeignete Dächer für die Solarenergie komplett zu nutzen. Zudem solle man den Vor-Ort-Verbrauch, die Fassaden-PV und die Direktvermarktung von Kleinanlagen stärken.
Der atmende Deckel solle zu einem „atmenden Booster“ weiterentwickelt werden. So könne Photovoltaik kann seine zentrale Rolle für eine schnelle Dekarbonisierung des Stromsektors spielen.
Der Energiedienstleister Wirsol Roof Solutions findet eine Photovoltaik-Pflicht dagegen überflüssig. Die wirtschaftlichen Vorteile durch optimiertem Eigenverbrauch, moderne Speichersysteme und die Kombination mit Wallboxen würden genügen, um Menschen von der Photovoltaik zu überzeugen. „Die Bürger zu einer Investition per Gesetz zu zwingen, könnte demgegenüber die Akzeptanz verringern“, sagt Johannes Groß, Geschäftsführer der Wirsol Aufdach GmbH.
6.10.2021 | Quelle: BSW, bne, Wirsol | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH