Hans-Josef Fell: EEG-Umlage abschaffen ist unsinnig

Zu sehen ist Hans-Josef Fell, der die Pläne zur Abschaffung der EEG-Umlage kritisiert.Foto: DWR Eco
Bundeswirtschaftsminister Altmaier und zahlreiche Verbände der Energiewirtschaft sowie der Heizungsbranche sind sich einig: Die EEG-Umlage muss weg. Hans-Josef Fell, früher Abgeordneter für die Grünen im Bundestag, hält dagegen. Er sagt, das wäre das Unsinnigste, was zur Eindämmung der hohen Strompreise gemacht werden kann.

Lesen Sie hier den Kommentar von Hans-Josef Fell:

Erneut hat der scheidende Wirtschaftsminister Peter Altmaier heute die Abschaffung der EEG-Umlage gefordert und das obwohl die EEG-Umlage aufgrund der hohen Erdgas- und Kohlepreisen selbst massiv sinkt. So hat er angekündigt, dass die EEG-Umlage in 2022 bei 3,723 Cent je kWh nach 6,5 Cent in 2021 liegen wird. Neben der teuren konventionellen Stromerzeugung spielen auch die Einzahlungen aus dem Staatshaushalt eine Rolle, sowie die Entlastung, dass frühe EEG Anlagen mit hoher Vergütung seit 1.1.2021 aus dem Modell aussteigen.

Wie immer hat er das begründet als wichtige Maßnahme zur Eindämmung der Energiepreissteigerungen. Genau das war in den letzten Jahren schon falsch und ist erst recht momentan angesichts der massiven Preissteigerung der Energierohstoffe wie Erdgas Erdöl und Kohle eine wirkungslose Forderung.

Die ganze Debatte um die EEG-Umlage hat nur einen Hintergrund: die Besitzstandswahrung der fossilen und atomaren Energiewirtschaft. Sie fürchten seit Jahren einen steilen Ausbau der erneuerbaren Energien, da damit Ihre Geschäftsmodelle massiv gefährdet sind. So haben Sie Kampagnen gefahren, in denen die EEG-Umlage als Sündenbock für steigende Energiepreise dargestellt wurde und daraus wurde ihre Abschaffung gefordert.

In Wirklichkeit ging es Ihnen um das Zurückdrängen der exponentiellen Wachstumsgeschwindigkeiten die das EEG seit 2000 bis etwa 2012 angestoßen hatte. Wäre diese Wachstumsgeschwindigkeit weitergeführt worden, hätte Deutschland längst um 2020 herum 100 % Ökostrom im gesamten Stromnetz verwirklichen können. Ein alles entscheidender Beitrag zum Klimaschutz wäre gelungen. Dagegen traten die Konzerne der fossilen und atomaren Wirtschaft massiv an und haben im letzten Jahrzehnt unter den verschiedenen Regierungen von Kanzlerin Merkel mit den zuständigen Ministern Gabriel, Rösler und Altmaier willfährige Vollstrecker gefunden.

Wirkung der EEG-Umlage aufgebauscht

Schon immer wurde die EEG-Umlage aufgebauscht als hauptsächlicher Energiepreistreiber, was sie aber nie war. So betrugen im Jahre 2019 die Energiekosten für einen typischen Vierpersonenhaushalt ca. 370 Euro monatlich. Darin machten die Spritkosten für das Autofahren etwa 134 Euro, die Heizkosten etwa 135 Euro und die Stromkosten „nur“ etwa 100 Euro aus. Die EEG-Umlage innerhalb der Stromkosten betrug etwa 20 Euro. Ein vergleichsweise kleiner Betrag, der aber in allen Debatten aufgebauscht wurde als der alles entscheidende Preistreiber.

Nun sind in den letzten Monaten die weltweiten Rohölpreise stark angestiegen. Wegen der Corona Wirtschaftskrise lag der Ölpreis im Oktober 2020 noch bei niedrigen etwa 40 $ pro Barrel. Er hat sich auf heute über 80 $ pro Barrel in Jahresfrist in etwa verdoppelt. Daher sind die Spritpreise an den Tankstellen und die Heizölpreise in den Letzten Monaten stark nach oben gestiegen.

Die Erdgaspreise haben sich von Juli 2020 mit 2402 €/TJ bis Juli 2021 auf 5931 €/TJ binnen Jahresfrist ebenfalls mehr als verdoppelt. Auch die Steinkohleimportpreise sind stark gestiegen. Auf die internationalen Rohstoffpreise für Erdöl, Erdgas und Kohle hat die EEG-Umlage überhaupt keinen Einfluss. Daher ist die Wahrnehmung in der Öffentlichkeit, Klimaschutz mit dem Ausbau der Erneuerbaren Energien wäre der aktuelle Preistreiber vollkommen unhaltbar. Selbst die CO2-Steuer hat einen relativ kleinen Einfluss auf die jüngste Preisentwicklung bei Benzin, Diesel, Heizöl, Heizgas und Strom.

Strompreise steigen wegen höheren Kosten für Erdgas und Kohle

Die Strompreise sind vor allem gestiegen wegen steigenden Erdgas- und Kohlepreisen. Sie haben die Stromerzeugungskosten der konventionellen Kraftwerke nach oben getrieben und damit auch die Börsenstrompreise. Genau diese hohen Börsenstrompreise wirken aber nun preisdämpfend auf die EEG-Umlage.

Die mit der EEG-Novelle 2009 unter Umweltminister Gabriel eingeführte neue Berechnung der EEG-Umlage führte ja zu folgendem Paradoxon: Die billigen Solar- und Windstrommengen an der Strombörse führten zum Verfall der Börsenstrompreise häufig unter 3 Cent/kWh. Dies führte zu einem Anstieg der EEG-Umlage auf über 6,5 Cent/kWh. Nun ist aber wegen steigender Erdgas- und Kohlepreise der Börsenstrompreis zeitweise auf über 8 Cent/kWh gestiegen, was automatisch zur Senkung der EEG-Umlage auf unter 4 Cent/kWh führt.

Diese Senkung der EEG-Umlage könnten die Stromversorger nun als Strompreissenkung an die Kunden weitergeben, so wie sie die Strompreise in den letzten Jahren stets mit dem Argument der steigenden EEG-Umlage erhöhten. Doch genau dazu gibt es keine Ankündigung durch Stromversorger, sie argumentieren, dass ja die Strombezugskosten an der Strombörse gestiegen seien. Welch unredliches Spiel: Mit der Steigerung der EEG-Umlage waren ja in den letzten Jahren die Strombezugskosten an der Börse stets gesunken, weshalb die Stromkonzerne nie die Strompreise hätten erhöhen müssen. Stattdessen haben sie ihre Gewinnmarge kräftig erhöht.

Abschaffung der EEG-Umlage bedeutet Steuerfinanzierung der Kosten

Daher ist es absurd mit der Abschaffung der EEG-Umlage irgendeinen nennenswerten Einfluss auf die massive Steigerung der Energiepreise ausüben zu wollen, so wie es Altmaier nun erneut vorschlägt. Als Wirtschaftsminister hatte er stets bei allen Strompreiserhöhungen mit der Begründung der steigenden EEG-Umlage versagt, den Stromkonzernen die Leviten zu lesen, dass dies doch wegen den deutlich gesunkenen Strombeschaffungskosten an der Börsen gar nicht nötig sei. Genauso versagte er heute als bald scheidender Wirtschaftsminister erneut mit der Forderung zur Abschaffung der EEG-Umlage, was in Wahrheit ja nur einer Steuerfinanzierung der EEG-Umlage entspricht.

Dass die Steuerfinanzierung aber sehr große Probleme für den Ausbau der Erneuerbaren Energien bereitet, hatte ich mehrfach beschrieben. So führt dies zu einer erheblichen Anhebung der Staatsverschuldung und gibt den Ausbau der Erneuerbare Energien in die Hände der EU-Kommission, die die steilen Ausbaugeschwindigkeiten in der EU immer gedrosselt hat.

Altmaier bleibt sich also treu: in Missachtung der realen Verhältnisse schiebt er erneut dem Ausbau der Erneuerbare Energien den schwarzen Peter in der jetzigen Energiepreissteigerung zu, obwohl sie keine Schuld tragen. Wie sollten sie auch, denn die Erneuerbare Energien sind heute konkurrenzlos billig gegenüber der fossilen und atomaren Stromerzeugung. Doch auch das hat Altmaier heute geflissentlich in seiner Pressemitteilung ignoriert. Der schnelle Umstieg auf Erneuerbare Energien wäre tatsächlich sogar die beste Antwort auf die mit den Rohstoffpreisen gestiegen Strompreise. Doch genau auch das verschweigt Altmaier. Zudem ist der Umstieg auf solare Heizungen und ökostrombetriebene E-Mobile die beste Antwort auf die Energiepreissteigerungen.

Er macht sich dafür ein letztes Mal zum Erfüllungsgehilfen der Interessen der fossilen und atomaren Wirtschaft. Es bleibt abzuwarten, welchen hochbezahlten Job er nach seinem Ministeramt in der fossilen oder atomaren Wirtschaftswelt als Dank dafür bekommen wird.

Lesen Sie hier den Kommentar von Hans-Josef-Fell zur Kombination von Photovoltaik mit Gründächern.

15.10.2021 | Quelle: Hans-Josef Fell | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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