Solarparks – Natur und Artenvielfalt können profitieren
Das scheint auch dringend nötig zu sein, wenn man sich die zunehmenden lokalen Proteste auch gegen Solarparks vergegenwärtigt. Die haben zwar bei weitem noch nicht das Ausmaß und das flächendeckende Verhinderungspotenzial wie bei der Windkraft erreicht. Doch vielerorts machen sie Solarparkprojektierern das Leben schwer. Und sie stellen auch lokale Protagonisten der Energiewende vor Herausforderungen.
Auf der anderen Seite stehen die Ausbaunotwendigkeiten der Photovoltaik, die nach Energiewende-Szenarien in Deutschland schnell um hunderte, wenn nicht tausende Gigawatt wachsen muss, um das Pariser Klimaschutzziel zu erreichen. Das alles auf Dächern zu installieren, wäre, falls überhaupt denkbar, zumindest der mühsamere Weg.
Dass Freiflächen-Solaranlagen zusammen mit anderen erneuerbaren Energien, Siedlungen und Verkehr zu einem verstärkten Druck auf die Landschaft führen, lässt sich nicht leugnen. Aber sie müssen nicht automatisch die Natur ärmer machen oder der Lebensmittelerzeugung entgegenstehen. Zunehmend setzt sich die Ansicht durch, dass es sich – bei richtiger Planung – sogar um Win-Win-Projekte handeln kann, die nicht nur für den Klimaschutz und Finanzinvestoren einen Gewinn bringen. Auch die Natur, namentlich die Artenvielfalt, und die lokale Wertschöpfung können von Solarparks profitieren, somit die Bürgerinnen und Bürger vor Ort. Und mit der sogenannten Agriphotovoltaik nimmt die PV-Branche mittlerweile sogar schon eine Doppelnutzung von landwirtschaftlichen Flächen ins Visier.
Gute Planung ist das A & O
Voraussetzung für solche mehrfachen Benefits ist allerdings eine gute Planung – möglichst unter Einbeziehung aller Beteiligten vor Ort. „Gute Planung von PV-Freiflächenanlagen“ nennt deshalb der Bundesverband Neue Energiewirtschaft (bne), einen Leitfaden samt Selbstverpflichtungs-Erklärung, die von etlichen seiner Mitglieder unterschrieben worden ist. In dem Verband organisieren sich unter anderem etliche große Solarprojektierer. Am Anfang dieser bne-Aktivitäten stand vor gut zwei Jahren ein Monitoringprojekt. In 75 Solarparks ließ der Verband die Entwicklung von Fauna und Flora auf den typischerweise extensiv bewirtschafteten Grünflächen wissenschaftlich analysieren. Das Ergebnis war eindeutig. Es zeigte sich beispielsweise durchweg eine hohe Insektenvielfalt, die wiederum vielen Vogelarten als Futter dienen.
Studien zur Artenvielfalt in Solarparks
Die Studienergebnisse, die auch von anderen Untersuchungen gestützt werden, belegen, dass die Herausnahme der fortan ungestörten Fläche eines Solarparks aus einer vorherigen intensiven landwirtschaftlichen Nutzung die Artenvielfalt fast von selbst zunehmen lässt. Weil das Gras dort nur selten gemäht oder von Schafen abgeweidet wird, ist das nicht verwunderlich. Aber der automatische Effekt lässt sich aus naturschutzfachlicher Sicht oft noch vervielfachen, wenn Planer bestimmte Regeln beachten.
So macht es beispielsweise einen großen Unterschied, wie hoch und in welchen Abständen die Modulreihen aufgestellt werden. Faustformel: Je mehr Licht auf den Boden trifft, desto höher die Artenvielfalt.
In diesem Frühjahr haben sich der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) und der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) auf gemeinsame ökologische Mindeststandards für PV-Freiflächenanlagen verständigt. Die beiden Verbände setzen damit eine Zusammenarbeit fort, die sie schon 2005 mit einem ersten Positionspapier begonnen hatten.
Mindeststandards für PV-Parks
Beispielsweise sollte laut BSW und Nabu der Gesamtversiegelungsgrad eines PV-Parks inklusive aller Gebäudeteile 5 Prozent der Fläche nicht überschreiten. Die Installation der Modulreihen sollte so erfolgen, dass sie eine ausreichende Versickerung der Niederschläge sicherstellt. Vor allem bei weiträumigen Anlagen sei zudem darauf zu achten, dass große Säuger wie Rotwild ausreichende Querungsmöglichkeiten bekämen. Ihre Korridore dürfen nicht direkt an einer Straße oder einem Schienenweg enden. Die Anlagen ganz ohne Zäune zu errichten, wie man das in anderen europäischen Ländern durchaus beobachten kann, scheint allerdings in Deutschland für die Versicherer kein Thema zu sein. Und auch die Schäfereien, die viele der Parks beweiden, sind angesichts der in Deutschland wieder heimisch gewordenen Wölfe nicht unglücklich über die 2 Meter hohe massive Vergitterung.
Bernhard Strohmayer, Leiter erneuerbare Energien beim bne, möchte gern den Begriff der „Biodiversitäts-PV“ als Qualitätsmaßstab prägen. Und er kann inzwischen auch von einigen besonders guten Beispielen berichten. So ist im Sommer in Lottorf nahe der dänischen Grenze eine 20-Megawattanlage mit einachsig beweglichen Modultischen in Betrieb gegangen. Die steht auf 19 Hektar Moorboden, der damit aus der intensiven landwirtschaftlichen Nutzung herausgenommen wird.
Ein anderes Beispiel ist noch eine ganze Größenordnung riesiger. Es ist das in Planung befindliche Solarkraftwerk Halenbeck-Rohlsdorf in Brandenburg mit sagenhaften 230 Megawatt, die ohne EEG-Förderung realisiert werden sollen. Auf dem gesamten Plangebiet nehmen die in etliche kleinere Flächen aufgeteilte Solaranlage, Speicher und sonstige Installationen nur 90 ha ein. Das restliche Areal von 160 ha steht beispielsweise für Ruhezonen, Flächen zum Schutz der Artenvielfalt, Imkerei, Rad- und Wanderwege sowie Wald zur Verfügung.“
13.11.2021 | Autor: Guido Bröer
© Solarthemen Media GmbH
Dieser Artikel ist original in der Ausgabe 10/2021 der Zeitschrift Energiekommune erschienen. Energiekommune ist der Infodienst für die lokale Energiewende. Er erscheint monatlich. Bestellen Sie jetzt ein kostenloses Probeabonnement mit drei aktuellen Ausgaben!