Koalitionsvertrag setzt Ziele für Erneuerbare

Ampel vor blauem Himmel, die gelb leuchtetFoto: marog-pixcells / stock.adobe.com
Auf 200 Gigawatt (GW) bis 2030 wollen die Ampel-Parteien laut ihrem gestern vorgestellten Koalitionsvertrag das bisherige Ziel für die Photovoltaik-Kapazität in Deutschland verdoppeln. In puncto Windenergie an Land verpflichten sich die Koalitionäre, dass 2 Prozent der Landesfläche dafür ausgewiesen werden müssen.

Für Erneuerbare setzt der Koalitionsvertrag ansonsten lediglich für Offshore-Wind Gigawatt-Ziele: 30 GW sollen es im Jahr 2030, 40 GW im Jahr 2035 und 70 GW im Jahr 2045 sein. Zahlreich, wenngleich teils etwas weniger klar, nennt der 177 Seiten dicke Vertrag auch konkrete Maßnahmen, mit denen diese Ziele erreicht werden sollen.

80 Prozent Strom aus Erneuerbaren bis 2030

Aber bleiben wir zunächst bei den Zielen: 80 Prozent der Elektrizität sollen 2030 aus erneuerbaren Energien kommen. Der Koalitionsvertrag setzt dabei einen deutlich gestiegenen Bruttostrombedarf von 680-750 Terawattstunden pro Jahr an. Zugleich sei ein beschleunigter Kohleausstieg nötig, heißt es in dem 177 Seiten starken Vertrag. Wörtlich: „Idealerweise gelingt dies schon 2030.“

15 Millionen Elektroautos sollen dann auf den Straßen rollen. Derweil soll sich die Verkehrsleistung auf der Schiene im Personenverkehr verdoppeln und im Güterverkehr auf 25 Prozent steigen.

Klimaschutz-Sofortprogramm

Um all diese Punkte möglichst schnell anzuschieben, verspricht die Koalition neben einem überarbeiteten Klimaschutzgesetz auch ein „Klimaschutz-Sofortprogramm mit allen notwendigen Gesetzen, Verordnungen und Maßnahmen (…) bis Ende 2022 auf den Weg zu bringen und abzuschließen.“ Einige der Baustellen benennt der Koalitionsvertrag auch bereits genauer.

Um die Photovoltaik zu beflügeln, verspricht der Vertrag pauschal: „Dazu beseitigen wir alle Hemmnisse.“ Konkret sollen Vergütungssätze „angepasst“, aber die Ausschreibungspflicht für Dachanlagen und die Deckel im EEG nur „geprüft“ werden. Agri- und Floating PV will die Ampel allgemein „stärken“. PV im Wohnungsbau will man künftig wohl eher strukturell fördern: „Wir werden im Rahmen der Novellierung des Steuer-, Abgaben- und Umlagensystems die Förderung von Mieterstrom- und Quartierskonzepten vereinfachen und stärken.“

Solarpflicht nur für Gewerbe-Neubau

Ansonsten wiederholt der Koalitionsvertrag zur Photovoltaik fast wörtlich eine Formulierung der Mitte Oktober gefassten Sondierungsvereinbarung. „Alle geeigneten Dachflächen sollen künftig für die Solarenergie genutzt werden. Bei gewerblichen Neubauten soll dies verpflichtend, bei privaten Neubauten soll es die Regel werden.“ Eine allgemeine PV-Pflicht wird es demnach in den kommenden vier Jahren nicht geben.

Eine bessere rechtliche Stellung strebt die Ampel für die Windenergie an Land an. Die aus der Präambel der 2020er EEG-Novelle auf Betreiben von Unionsabgeordneten im letzten Moment gestrichene Formulierung, wonach erneuerbare Energien im „öffentlichen Interesse“ lägen und der „Versorgungssicherheit“ dienten, findet sich nun im Koalitionsvertrag wieder. Die Chancen stehen also gut, dass sie doch noch Eingang ins EEG findet. Das soll Genehmigungsbehörden und Gerichten vor allem Entscheidungen pro Windkraft und Photovoltaik erleichtern. Außerdem will sich die neue Koalition dafür einsetzen, dass es bei der sogenannten Schutzgüterabwägung „einen zeitlich bis zum Erreichen der Klimaneutralität befristeten Vorrang für Erneuerbare Energien“ gibt. Gespannt sein darf man ferner, wie die Ampel den Genehmigungsstau aufzulösen gedenkt. Dazu plant die neue Koalition, dass „die Zulassungsbehörden durch den Einsatz externer Projektteams wirksam entlastet werden“ sollen.

Kein Ende für Fossilkessel

Neue Ansätze kündigt die künftige Koalition für den Klimaschutz im Gebäudebereich an, allerdings erst mit einigen Jahren Vorlauf. Wörtlich heißt es: „Zum 1. Januar 2025 soll jede neu eingebaute Heizung auf der Basis von 65 Prozent erneuerbarer Energien betrieben werden; zum 1. Januar 2024 werden für wesentliche Ausbauten, Umbauten und Erweiterungen von Bestandsgebäuden im GEG die Standards so angepasst, dass die auszutauschenden Teile dem EH 70 entsprechen; im GEG werden die Neubau-Standards zum 1. Januar 2025 an den KfW-EH 40 angeglichen. Daneben können im Rahmen der Innovationsklausel gleichwertige, dem Ziel der THG Emissionsreduzierung folgende Maßnahmen eingesetzt werden.“

CO2-Preis: Aufteilung zwischen Mieter und Vermieter

Sehr konkret wird der Koalitionsvertrag beim CO2-Preis und dessen Aufteilung zwischen Mietern und Vermietern. Dort lagen die Positionen der Parteien weit auseinander und hier haben sich SPD und Grüne weitgehend gegenüber der FDP durchgesetzt. Wörtlich heißt es: „Wir wollen zum 1. Juni 2022 ein Stufenmodell nach Gebäudeenergieklassen einführen, das die Umlage des CO2-Preises nach BEHG regelt. Sollte dies zeitlich nicht gelingen, werden die erhöhten Kosten durch den CO2-Preis ab dem 1. Juni 2022 hälftig zwischen Vermieter und Mieterin bzw. Mieter geteilt.“

Kommunale Wärmeplanung

Für den Wärmebereich will sich die künftige Bundesregierung außerdem für den Ausbau der Wärmenetze und eine flächendeckende kommunale Wärmeplanung einsetzen. Mit dem Thema kommunale Wärmeplanung würde die Koalition dem Vorbild Baden-Württembergs folgen, das hier eine Vorreiterrolle einnimmt. Die Wärmeplanung in kleinen Kommunen fördert das Bundesland seit diesem Jahr massiv. Für Städte mit mehr als 20.000 Einwohnern ist sie Pflichtaufgabe. Beim Thema Wärmenetze sucht man ansonsten vergeblich nach einem Hinweis auf die bereits von der vorherigen Bundesregierung vorbereitete, aber noch immer nicht gestartete, Bundesförderung effiziente Wärmenetze (BEW).

Auf das Eigeninteresse der Kommunen will die Ampel in punkto Windenergie und Freiflächen-PV setzen. Im Koalitionsvertrag liest sich das so: „Die Beteiligung von Standort- und Nachbarkommunen an der Wertschöpfung für Freiflächen-Photovoltaik- und Onshore-Windkraft-Anlagen wollen wir auf Bestandsanlagen ausdehnen und werden wir für Neuanlagen verpflichtend machen. Wir prüfen finanzielle Instrumente, um die Akzeptanz in vom Übertragungsnetzausbau betroffenen Kommunen zu erhöhen.“ Das wäre in der Tat eine sehr deutliche Ausweitung der Kommunalbeteiligung, wie sie für neue Windräder seit Januar 2021 und für PV-Anlagen seit dem Sommer möglich ist.

Das Ende des EEG

Am Rande interessant ist eine diplomatische Aussage zur Zukunft der EE-Förderung, die sich vor allem auf das EEG zu beziehen scheint. „Mit der Vollendung des Kohleausstiegs werden wir die Förderung der Erneuerbaren Energien auslaufen lassen.“ So lässt sich offenbar die FDP mit dem EEG versöhnen, ohne dass sich für diese Legislaturperiode irgendeine Konsequenz daraus ergäbe.

25.11.2021 | Autor: Guido Bröer
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