Photovoltaik-Förderung wird 2022 neu angepasst

Photovoltaikanlage mit Hochspannungsmast(Fotomontage)Fotomontage: @nt /stock.adobe.com
Die Photovoltaik-Förderung muss 2022 Thema für die Koalition sein.
Die auf Basis des Erneuerbare-Energien-Gesetzes gezahlten Vergütungen und Marktprämien sind bereits auf relativ niedrige Summen ge­fal­len. Die Ampelkoalition hat an­ge­kün­digt, sie anpassen zu wollen. Noch ist offen, was das konkret bedeutet. Für viele Verbände ist aber klar, dass sie wieder steigen sollten.

Die Ampel-Regierung hat im Koalitionsvertrag vereinbart: „Unser Ziel für den Ausbau der Photovoltaik (PV) sind ca. 200 GW bis 2030. Dazu beseitigen wir alle Hemmnisse, u. a. werden wir Netzanschlüsse und die Zertifizierung beschleunigen, Vergütungssätze anpassen, die Ausschreibungspflicht für große Dachanlagen und die Deckel prüfen.” Doch was heißt das konkret für die Photovoltaik-Förderung 2022? Was meinen die Regierungsparteien, wenn sie davon schreiben, die Vergütungen anpassen zu wollen?

Details noch nicht geklärt

Die SPD-Bundestagsabgeordnete Ni­na Scheer erklärt, was das im Detail heiße, könne man noch nicht sagen. Und auch der Grüne Oliver Krischer, der nun im Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz als parlamentarischer Staatssekretär u.a. für energiepolitische Fragen zuständig sein wird, bleibt bei diesem Thema der Vergütungen im Interview mit den Solarthemen noch etwas vage.

Lukas Köhler, der für Energiepolitik zuständige stellvertretende Fraktionsvorsitzende der FDP betont: „Wir haben uns das extrem ambitionierte Ziel gesetzt, die installierte Photovoltaik-Leistung bis 2030 zu vervierfachen. Dazu werden wir zeitnah in 2022 erste Maßnahmen vorlegen.“ Die genaue Ausgestaltung der Vergütungssätze sei im Rahmen des kommenden Gesetzgebungsverfahren festzulegen. „Dabei werden wir verschiedene Faktoren berücksichtigen, wie beispielsweise Beschaffungskosten, der künftige Wegfall der EEG-Umlage oder die gestiegenen Marktpreise für Strom“, so Köhler. „Wir haben vereinbart, perspektivisch aus der EEG-Förderung auszusteigen. Daher sind aus unserer Sicht neben der finanziellen Förderung eine Reform des Strommarktdesigns und der Abbau bürokratischer Hemmnisse zentral. Es muss deutlich einfacher werden und schneller gehen, eine PV-Anlage zu installieren.“ Den Abschied von festen Vergütungssätzen bestätigt auch Krischer. Allerdings ist dies offenbar daran geknüpft, dass PV-Anlagen rein unter Marktbedingungen auskömmlich betrieben werden könnten.

Geht es nur um große Anlagen?

Krischer hat bei der Vergütungsfrage zunächst offenbar vor allem die größeren Anlagen im Blick. Diesen Markt wolle sich die Koalition auch mit Blick auf Vergütungen bzw. Marktprämien genauer ansehen. „Damit eben nicht das passiert, was in der Vergangenheit passiert ist, dass durch zu schnelle Absenkungen Projekte unwirtschaftlich geworden sind und so der Ausbau verlangsamt worden ist.”

Für Scheer ist in diesem Zusammenhang wichtig, den gesamten Kontext in den Blick zu nehmen. „Im Zeichen einer zu beschleunigenden Ener­giewende und in Bezugnahme auf die Aussage, Vergütungssätze anzupassen, muss eine Bemessung auch den Vorrang erneuerbarer Energien abbilden und einen unausweichlichen Anreiz schaffen.“ Hierbei seien auch solche Effekte zu berücksichtigen, die sich über die angekündigte Abschaffung der EEG-Umlage marktbezogen ergeben können.

Photovoltaik-Förderung 2022 nicht kostendeckend

Allerdings wird die Koalition aktuell alle Vergütungen in den Blick nehmen müssen, wenn sie den PV-Ausbau tatsächlich kräftig anstoßen möchte. Denn auch bei kleineren Anlagen tut sich eine Diskrepanz zwischen den gesetzlichen Vergütungen und den Kosten auf. Am 1. Januar 2022 sinkt die Vergütung für Anlagen bis 10 Kilowatt auf 6,83 Cent je Kilowattstunde. Die Kosten je Kilowattstunde liegen bei einem Vergütungszeitraum von 20 Jahren deutlich darüber. Die Anlagen rechnen sich daher nur, wenn die Betreiber einen möglichst hohen Anteil des Stroms selbst nutzen können.

Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Eigenversorgung künftig unwirtschaftlicher werde, wenn die EEG-Umlage 2023 laut Koalitionsvertrag wegfallen solle. Damit entfalle auch ein Teil des Kostenvorteils der Eigenversorgung. Und: „Bei der Vergütung der Photovoltaik liegt insbesondere die Vergütung für kleine Dachanlagen zur Volleinspeisung viel zu niedrig. Statt der aktuell gezahlten knapp 7 ct/kWh für Anlagen bis 10 kW sollten 11 bis 12 ct/kWh gezahlt werden. “ Nur dann seien Anlagen auf Dächern wirtschaftlich, die keinen hohen Eigenverbrauch haben. Anders gesagt: Eine nicht ausreichende Vergütung bremst den Ausbau auf den Dächern.

Mindestens 15 Cent je kWh

Von den angesprochenen Verbänden fordert der Solarenergie-Förderverein Deutschland (SFV) den höchsten Zuschlag auf den jetzigen Einspeisetarif. Solarstrom müsse sich lohnen, um für – auch private – Investoren einen ausreichenden Anreiz zu bieten. In die Vergütungsberechnung sollten, so erklärt SFV-Geschäftsführerin Susanne Jung, die gesamten Kosten einbezogen sein. Dazu zählt der SFV neben den Abschreibungen und Zinskosten auch die laufenden Betriebsaufwendungen, wie Zählerkosten, Versi­che­rung, Wartungs- und Verwaltungskosten. Nicht zu vergessen sei auch eine angemessene Rendite, die bei rund 5 Prozent liegen solle. Dies sei der Eigenkapitalzinssatz, den die Bundesnetzagentur Stromversorgern bei ihren Neuinvestitionen zugestehe. „Im Ergebnis dieser Überlegungen gehen wir pauschal davon aus, dass die PV-Vergütung bei mindestens 15 Ct/kWh starten, also im Vergleich zu heute ungefähr verdoppelt und je nach Anlagengröße gestaffelt sein müsste”, so Jung für den SFV.

3 bis 5 Cent mehr Förderung

Die Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS) verweist auf das Ziel der Regierung, bis 2030 mindestens 200 Gigawatt Photovoltaik zu installieren. Dafür sieht der Verband nur dann die Chance, wenn die Photovoltaik-Förderung 2022 steigt. „Aus diesem Grund schlagen wir vor, die EEG-Einspeisevergütung in der jetzigen Situation, in der ein schneller Zubau angereizt werden soll und muss, leicht anzuheben”, sagt DGS-Vizepräsident Jörg Sutter. „Wir gehen davon aus, dass dafür ein Ausbauzuschlag zwischen 3 und 5 Cent pro kWh ausreichend würde.” Außerdem könne der hohe notwendige Zubau nicht nur aus vielen kleinen Hausdächern bestehen, sondern auch aus Anlagen auf großen Hallendächern und Freiflächenanlagen. „Um auch hier einen größeren Anreiz zu schaffen”, so Sutter, „müssen auch die erzielbaren Erträge im Marktprämienmodell nach oben angepasst werden.” Der Zuschlag hier solle auch bei 3 bis 5 Cent liegen.

Auch der Bundesverband Solarwirtschaft hält eine Erhöhung der Photovoltaik-Förderung 2022 für erforderlich, nennt aber keine konkrete Zahl. „Ein zunehmendes Investitionshemmnis stellt die starke Vergütungsdegression dar”, erklärt BSW-Hauptgeschäftsführer Carsten Körnig: „So sind die EEG-Vergütungssätze für neue PV-Dächer seit Anfang letzten Jahres um mehr als 25 Prozent gesunken, während die Preise schlüsselfertiger Solarsysteme im gleichen Zeitraum um rund 20 Prozent gestiegen sind.” Dies verlängere die Amortisationszeiten und bremse den Ausbau der Photovotaik.

Degressionsmechanismus 2022 erneuern

Die derzeit relativ niedrigen Vergütungen sind auf den im EEG angelegten Degressionsmechanismus zurückzuführen. „Die überhöhte Marktprämien-Degression im EEG in den letzten zwei Jahren ist nicht technologiegetrieben, sondern beruht auf dem politischen Versäumnis, die Ausbaupfade im Degressionsmechanismus an das für die Klimaziele notwendige Niveau anzupassen”, so Körnig.

Die Ankündigung der Ampelkoalition zu verbesserten Bedingungen für die Photovoltaik hält der Verband Kommunaler Unternehmen für richtig. Und er unterstützt die im Koalitionsvertrag skizzierten Instrumente. „Entscheidend wird die konkrete Ausgestaltung der Rahmenbedingungen und Instrumente sein”, so eine Sprecherin des VKU gegenüber den Solarthemen. „Der Teufel steckt im Detail, auch bei den Rahmenbedingungen zum Ausbau der Photovoltaik. Bei der konkreten Ausgestaltung werden wir uns darüber hinaus als VKU für höhere Vergütungssätze, eine gebremste De­gression und Stärkung von Prosumer- und Mieterstrom-Modellen einsetzen.”

Nicht nur die unisono geforderte Anhebung der Vergütung ist für die Verbände wichtig. Außerdem ist für sie der Degressionsmechanismus ein zweiter wichtiger Hebel, den die neue Regierung für die Photovoltaik-Förderung 2022 nutzen sollte.

Atmender Booster

Der Bundesverband Neue Energiewirtschaft fordert eine Weiterentwicklung des derzeitigen atmenden Deckels. Der soll die Degression der anzulegenden Werte für nicht ausge­schriebene PV-Anlagen bestimmen. Gefragt sei jetzt ein „atmenden Booster”. In die Degressionsermittlung sollten mehrere Faktoren einbezogen werden.

Eine grundlegende Reform des Degressionsmechanismus fordert auch der BSW. Der soll offenbar erhöhte Zubauraten beachten. „Als Sofortmaßnahme sollte der jährliche Solardach-Ausbaupfad im § 49 EEG 2021 auf 6 GW in 2022, dann stufenweise ansteigend bis auf 10 GW in 2030 erhöht werden”. Diese 10 GW seien die Hälfte des vom BSW geforderten jährlichen PV-Ausbaus. Die andere Hälfte solle über PV-Freiflächenanlagen erfolgen.

Radikaler äußert sich der VKU. „Wenn der atmende Deckel bleibt, würde das die ehrgeizigen PV-Ausbauziele der Ampel aushebeln.“ Und der BDEW betont: „Bei dem neuen Ausbaupfad muss daher die Frage gestellt werden, ob es überhaupt noch einen PV-Deckel geben soll. Denn 15 GW pro Jahr bedeuten, es muss installiert werden, was geht.”

16.12.2021 | Autor: Andreas Witt
© Solarthemen Media GmbH

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