EU-Kommission entwickelt Solarstrategie

Symbolbild für EU-Solarstrategie und ETS-Reform: Schilder Green Deal und Abgase verboten vor einer Freiflächen-SolaranlageFoto: vchalup / stock.adobe.com
Die EU-Kommission will im Sommer eine Solarstrategie für Eu­ro­pa vorlegen. Zur Vorbereitung der Strategie hat sie Verbände, Unternehmen und Bürger:innen aufgerufen, sich bis zum 12. April an einer öffentlichen Konsultation zu beteiligen.

Nach Aussage der Europäischen Kommission soll die EU-Strategie für Solarenergie bei der Verwirklichung der Klima- und Energieziele des europäischen Green Deals ihr volles Potenzial entfalten. Die EU-Solarstrategie solle es den Menschen überall in der Europäischen Union ermöglichen, „in den Genuss der Vorteile eines integrierten Energiesystems zu kommen, indem Hindernisse für die Nutzung von Solarenergie ermittelt werden, Maßnahmen zur Beschleunigung ihrer Einführung vorgeschlagen werden und die Wettbewerbsfähigkeit und Resilienz von Solarenergiesystemen in der EU gestärkt wird.”

PV-Industrie wiederbeleben

Dies ist der wesentliche Ausgangspunkt für die Solarstrategie der Europäischen Kommission, Außerdem definiert die Kommission das Ziel, Möglichkeiten zur Förderung der Wett­bewerbsfähigkeit der EU entlang der Wertschöpfungskette der Solarenergie zu prüfen.

Photovoltaik-Leistung wächst bis 2030 auf 420 GW

Eine wirtschaftliche Basis sind für die Kommission die aus ihrer Sicht steigenden Zahlen bei der Installation von Solaranlagen seit 2018. Hier nimmt sie aber offenbar nur Bezug auf die Photovoltaik, die im Jahr 2020 in Europa eine jährlich installierte Leistung von 20 Gigawatt (GW) erreicht habe, „wobei die Fortschritte in den einzelnen Mitgliedstaaten unterschiedlich sind”, so die Kommission. Die insgesamt installierte Leistung von 120 GW im Jahr 2020 sei bis 2030 um den Faktor 3,5 auf 420 GW zu steigern. Mit der EU-Strategie für Solarenergie will die Kommission offenbar für sich erarbeiten, wie dieses Ziel zu erreichen ist.

Die Diskussion um die europäische Solarstrategie steht derzeit noch am Anfang. Aber nicht alle Verbände in Deutschland werden sich daran beteiligen. „Wir haben dazu keine Stellungnahme ausgearbeitet und fokussieren unsere Aktivitäten auf das anstehende Osterpaket der Bundes- re­gierung”, erklärt etwa Susanne Jung die Geschäftsführerin des Solarenergie-Förderverein Deutschland.

Jörg Sutter, 1. Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS),  sieht den Verband nicht als ersten Ansprechpartner der Europäischen Kommission. „Wir haben keine Anfrage zur Solarstrategie erhalten.” Die DGS sei schwerpunktmäßig aber auch ganz auf Deutschland ausgerichtet.

EU-Strategie für Solarenergie für PV-Branche bedeutsam

„In jedem Fall messen wir dem Vorgang eine große Bedeutung bei, da er den zukünftigen Handlungsrahmen der EU-Kommission absteckt”, erklärt Carsten Körnig. Er ist Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW). Körnig sagt: „Angesichts der vielen Baustellen machen wir bei europäischen Vorgängen als Mitglied Arbeitsteilung mit Solar Power Europe, die zum Thema Solarstrategie die Federführung haben.”

Der BSW arbeite bei Solar Power Europe (SPE) mit mehreren BSW- und SPE-Mitgliedsunternehmen in einer Task Force mit. Die soll eine Stellungnahme der Branche erarbeiten. „Die nationalen Verbände werden dann nach Prüfung der gemeinsam erarbeiteten Empfehlungen mit eigenen Stellungnahmen vermutlich flankieren.”
Den engen Austausch mit SPE betont auch Carsten Pfeiffer vom Bundesverband Neue Energieanbieter (bne). Bei der Solarstrategie ist es aus Sicht des bne wichtig, die PV-Industrie in Europa wiedererstarken zu lassen. Außerdem gehe es darum, europaweit die Nachfrage anzukurbeln.

Solarstrategie könnte Solarsektor in Europa verändern

„Die vorgeschlagene EU-Solarstrategie hat das Potenzial, den europäischen Solarsektor grundlegend zu verändern”, sagt SPE-Geschäftsführerin Walburga Hemetsberger. „Sie wird der erste Vorschlag dieser Art sein und ist ein Meilenstein in der Anerkennung der zentralen Rolle, die die Solarenergie bei der grünen Transformation des Kontinents spielt, und der deutlichen Beschleunigung, die der Sektor braucht, um die EU-Klimaziele zu erreichen.“

SPE gehe davon aus, so Hemetsberger, dass die Strategie im Juli dieses Jahres von der Europäischen Kommission veröffentlicht werde. „Gemeinsam mit unseren Mitgliedern setzen wir uns dafür ein, dass die wichtigsten Themen für den Sektor in die Strategie aufgenommen werden.” Schlüsselbereich ist für sie die Netzintegration der Solarenergie in Europa. Daneben aber auch die Förderung innovativer Solaranlagen und Aufdachanlagen. Ebenso sei es wichtig, für eine ausreichende Zahl qualifizierter Arbeitskräfte zu sorgen. Im Fokus ist für SPE zudem die Sicherung der PV-Lieferketten sowie die Wiederbelebung der europäischen Produktion. Diese Punkte wolle SPE in der Solarstrategie berücksichtigt sehen, betont Hemetsberger.

Allerdings können sich nicht nur Verbände an der Konsultation beteiligen. Die Konsultation steht ebenso einzelnen Unternehmen und alle Bürgerinnen und Bürgern offen. Die EU-Kommission stellt dafür einen sehr detaillierten Fragebogen zur Verfügung. Gestartet hat die Kommission sie am 18. Januar 2022. Bis zum Solarthemen-Redaktionsschluss am 14. Februar waren 52 Stellungnahmen eingegangen. 43 davon kamen von Bürger:in­nen, 7 von Unternehmen, 5 von Nichtregierungsorganisationen und je eine von einer Behörde und einem Wirtschaftverband. Es ist allerdings noch mit einer Zunahme an Stellungnahmen zu rechnen, die gerade erarbeitet werden.

BDEW erarbeitet Stellungnahme zur Solarstrategie der EU

„Da die entsprechende Konsultation erst kürzlich eröffnet wurde befinden wir uns hier derzeit noch im Prozess der Erarbeitung einer Stellungnahme”, sagt der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) auf Nachfrage: „Details können wir dazu also noch nicht nennen.”

Grundsätzlich begrüße der BDEW allerdings, „dass die Europäische Kommission sich nach der Offshore-Wind-Strategie von November 2020 nun einer weiteren wichtigen Erneuerbaren-Technologie zur Erreichung der Klimaziele widmet.” Mit Blick auf das europäische Ziel, bis 2030 den EE-Anteil am Energieverbrauch auf 40 Prozent zu erhöhen, werde die PV eine wichtige Rolle spielen.

„In jedem Fall ist es wichtig, dass die Vorschläge der Kommission den Ausbau der PV auch wirklich fördern”, so der BDEW. „Es muss unbedingt vermieden werden, dass in der Praxis durch zusätzliche Regelungen die Anforderungen an Anlagen- und Netzbetreiber unnötigerweise steigen oder gar die Flächenkulisse für PV eingeschränkt wird.”

Solarthermie nicht vergessen!

Wenn von einer Solarstrategie die Rede ist, rückt offenbar besonders die Photovoltaik in den Blickpunkt. Der Verband Solar Heat Europe (SHE) setzt sich dafür ein, dass auch die Solarthermie in der Strategie zur Geltung kommt. „Wir erwarten, dass diese Strategie aus einem klaren und integrativen Prozess hervorgeht und die verschiedenen Solarsektoren angemessen repräsentiert: solare Heizung und Kühlung, solare Photovoltaik und CSP.” Die Strategie müsse über den „üblichen Fokus auf Elektrizität” hinausgehen.

Stattdessen sei die Bedeutung von Heizung und Kühlung zu berücksichtigen, die die Hälfte des Energiebedarfs in Europa ausmache. Daher sei Heizen und Kühlen ein zentraler Platz einzuräumen. In diesem Zusammenhang macht SHE auf die mehr als 10 Millionen Solarthermieanlagen aufmerksam, die bereits in Europa installiert seien. Und die meisten der in Europa verkauften solarthermischen Anlagen seien auch in Europa hergestellt worden, so SHE. „Daher muss die Strategie auch die Schaffung neuer Produktionskapazitäten in Europa und die Schaffung von Arbeitsplätzen in den Bereichen Herstellung, Installation, Design und anderen berücksichtigen.”

SHE will sich aber auch an der öffentlichen Konsultation beteiligen. Aus Sicht des Verbandes ist die Solarthermie in die Konsultation miteinbezogen. Denn es gebe mehrere Fragen, die nicht technologiebezogen sind. „Dennoch sind wir der Meinung, dass die Solarthermie und die erneuerbare Wärme im Fragebogen nicht ausreichend angesprochen werden.”

Verbindlichkeit der EU-Solarstrategie

Zu berücksichtigen ist bei der Solarstrategie der EU, dass sie die Mitgliedsstaaten und auch die Europäische Kommisson selbst nicht zu Maßnahmen verpflichtet. „Diese Initiative stellt ein allgemeines politisches Konzept dar”, so die Kommission. Dies war und ist auch bereits bei der Offshore-Wind-Strategie der Fall, die die Kommission im Dezember 2020 beschlossen hat. So seien auch keine direkten Auswirkungen auf den nationalen Ausbau der Offshore-Windkraft in Deutschland zu beobachten, sagt Andreas Mummert. Er ist Leiter Politik bei der Stiftung Offshore-Windenergie. Dennoch fasse diese Strategie einige wesentliche Maßnahmen zusammen, die für den Ausbau der Offshore-Windkraft und auch die europäische Kooperation in diesem Feld wichtig seien. Die Strategie entfalte ihre Wirkung daher wohl vor allem durch den politischen Willen, der in ihr zum Ausdruck komme. Und sie gebe so auch die Möglichkeit, die Kommission bei ihrer eigenen Strategie beim Wort zu nehmen.

17.2.2022 | Autor: Andreas Witt
© Solarthemen Media GmbH

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