PV-Modul-Preise: Peak überschritten, Photovoltaik rentiert sich eher
Langsam, aber kontinuierlich würden sich die Preise für Photovoltaik-Module nach unten bewegen. Bei größeren Abnahmemengen seien PV-Module der Leistungsklassen oberhalb 400 Watt vereinzelt wieder unter der 26 Cent pro Watt erhältlich, meinen Tobias Kurth von der Deto Solarstrom GmbH und Martin Schachinger von der Solarhandelsplattform pvXchange.com. Sie erwarten, dass sich die Wirtschaftlichkeit der Photovoltaik in vielen Segmenten 2022 verbessert.
Die niedrigeren Preise würden in der Regel für Lieferungen frühestens ab April oder Mai gelten. Kurzfristig verfügbare Ware sei deutlich teure. Sie sei noch zu höheren Kosten produziert und transportiert worden. Daher sei die Trendwende in der Photovoltaik im Index für die Modulpreise noch nicht richtig erkennbar. Dort sei lediglich der Preisanstieg der vorigen Monate zum Stillstand gekommen.
Hohe Preise bei sinkender Förderung machten Photovoltaik mit Volleinspeisung unwirtschaftlich
Die Auswirkungen der hohen Preise für PV-Module auf den Photovoltaik-Markt in Deutschland und die Wirtschaftlichkeit der Anlagen 2021 seien sehr gemischt gewesen. Die Kleinanlagen bis 30 kW haben nach Wegfall der EEG-Umlage bis zu dieser Grenze stark zugelegt. Auch die Freiflächenanlagen boomten. Das führen die Analysten vor allem auf steigende Strompreise in Power Purchase Agreements (PPAs) zurück.
Doch im gewerblichen Segment und bei großen Aufdachanlagen über 100 kW gab es einen massiven Einbruch im Photovoltaikmarkt. Im zweiten Halbjahr 2021 lagen die Neuinstallationen bei etwa einem Sechstel der Leistung des gleichen Vorjahreszeitraums.
Große Dachprojekte mit Volleinspeisung seien nicht mehr wirtschaftlich. Das liege an den um mindestens 20 Prozent gestiegenen Komponentenpreise bei gleichzeitigem Rückgang der Einspeisevergütung um ebenfalls fast 20 Prozent. Es bräuchte bei den momentanen Installationspreisen eine Vergütung von mindestens 8 Ct/kWh.
Die notwendigen Einnahmen pro kWh würden sich auch an den Gebots- beziehungsweise Zuschlagspreisen in den letzten öffentlichen Ausschreibungen zeigen. Allerdings seien die Auktionsvolumina mit 300 MW/Jahr viel zu klein.
Wegfall der EEG-Umlage kompensiert gestiegene Modulpreise bei Eigen- und Vor-Ort-Verbrauch
Für 2022 und die Folgejahre sehen Kurth und Schachinger durch die angekündigten Änderungen allerdings ein riesiges Potenzial. Für Photovoltaik-Anlagen ab 30 kW mit Eigenverbrauch, für die einen anteilige EEG-Umlage fällig ist, werde schon die gesunkene EEG-Umlage zum Jahreswechsel einen Vorteil bringen. Um einen Unterschied von 10 Ct/W bei den Modulkosten zu kompensieren, müssten die Erlöse (bzw. Einsparungen) pro kWh um etwa 1 Ct steigen. Vermarktet man den Strom vor Ort und muss die volle EEG-Umlage zahlen, fällt der Vorteil noch größer aus. Die vollständige und nun auch vorgezogene Abschaffung der EEG-Umlage würde laut den Analysten dazu führen, dass auch Projekte mit einem kleinen Anteil von Eigen- oder Vor-Ort-Verbrauch von etwa 10 Prozent wirtschaftlich wären.
Volleinspeisung über 300 kW könnte wieder in die Wirtschaftlichkeit kommen
Im Jahr 2022 soll die Bundesnetzagentur 2,3 GW Photovoltaik-Anlagen ab 300 kW für die Volleinspeisung ausschreiben. Bisher waren es 300 MW. Die Marktexperten von pvXchange gehen davon aus, dass die Auktionen zunächst unterzeichnet sein werden, sodass in den ersten Auktionsrunden der festgesetzte Maximalwert von knapp 9 Ct/ kWh erreicht werden könnte. Zudem seien die Sicherheitsleistungen von 70 auf 35 Euro /kW gesunken. Somit würden Photovoltaik-Anlagen über 300 kW wieder attraktiv.
Schlechte Aussichten sehen Kurth und Schachinger derzeit noch für Photovoltaik-Anlagen bis 300 kW ohne Eigen- oder Vor-Ort-Verbrauch. Hier könnte erst die angekündigte Erhöhung der Einspeisevergütung im Osterpaket Abhilfe schaffen. In diesem Segment stünden sehr viele Projekte „on hold“ und könnten bei besseren Bedingungen sehr kurzfristig realisiert werden.
Photovoltaik-Ausbauziel für 2030 ist so nicht erreichbar
Trotz des sich abzeichnenden Booms rechnen Kurth und Schachinger nicht damit, dass das Ziel von 200 GW installierter Photovoltaik-Leistung bis 2030 erreicht werde. Der dafür nötige Zubau von mindestens 15 GW pro Jahr sei auch mit den bisher geplanten Verbesserungen nicht vorstellbar. Um das zu schaffen, müsse man die Ausschreibungsvolumina mindestens auf 10 GW jährlich erhöhen. Derzeit sind rund 6 GW für 2022 und 2 GW für 2023 vorgesehen. Auch über die Aufnahme von Photovoltaik-Anlagen mit anteiligem Eigenverbrauch in die Ausschreibungen könne man nachdenken. Doch selbst wenn all dies gelänge, bleibe noch eine zentrale Frage offen, auf die auch Kurth und Schachinger keine Antwort haben: „Wo kommen die Fachkräfte her, dies alles umzusetzen und aufzubauen?“
Tobias Kurth ist Gründer und CEO der Deto Solarstrom GmbH. Die DETO Solarstrom GmbH projektiert, baut Photovoltaik-Anlagen. Aktuell hat sie rund 100 MW in ihrem Portfolio, hauptsächlich als Aufdachanlagen. Seit 2021 verschiebt sich der Fokus dabei zunehmend von Volleinspeisungsanlagen zu integrierten Eigenverbrauchslösungen von Mieterstrom bis Energiecontracting. Martin Schachinger gründete 2004 machte er sich selbständig und gründete die Online-Handelsplattform pvXchange.com. Über diese können Großhändler, Installateure und Servicefirmen neben Standardkomponenten für Neuinstallationen auch ältere Solarmodule und Wechselrichter beziehen, die als Ersatzgeräte benötig werden. Darüber hinaus berechnet pvXchange monatlich die durchschnittlichen Modulpreise.
Den Modulpreis-Index finden Sie auch auf dem Solarserver.
25.2.2022 | Quelle: pvXchange.com | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH