Floating PV: Solaranlagen lernen schwimmen in NRW

Schwimmende PhotovoltaikanlageFoto: Baywa r.e.
Floating-PV-Projekt von BayWa r.e. in den Niederlanden
Es gibt inzwischen einige realisierte schwimmende Photovoltaik-Anlagen, die auch als Floating-PV bezeichnet werden. Die beiden Gastautoren Christian Mildenberger und Christian Untrieser plädieren für eine vermehrte Nutzung dieser Technologien und eine stärkere politische Unterstützung.

Deutschland braucht mehr Strom aus Erneuerbaren Energien. Anders sind weder die Klimaschutzziele noch eine ausreichende heimische Energieversorgung zu erreichen. Einen großen Anteil daran wird die Stromerzeugung aus Photovoltaikanlagen haben. Nach den Plänen der Bundesregierung soll bis 2030 eine Leistung von 200 Gigawatt (GW) installiert sein. Die Energieversorgungsstrategie des Landes Nordrhein-Westfalen sieht als Ziel einen Aufwuchs von 6 GW auf mindestens 18 eher 24 GW bis zum Ende des Jahrzehnts vor. Doch wo sollen die ganzen Anlagen stehen? Neben den Dächern braucht es auch Freiflächenanlagen und weitere, innovative Konzepte wie Agri-PV, Parkplatz-PV, PV an und auf Autobahnen sowie Floating-PV, die eine Doppelnutzung auf ein und derselben Fläche ermöglichen.

Das Prinzip – raus auf’s Wasser

Die PV-Module dieser innovativen Konzepte wie Floating-PV sind an sich keine anderen als bei Dach- oder Freiflächen – daher bestehen keine grundsätzlichen Besonderheiten. Auch weiteres Equipment wie Wechselrichter oder Transformatoren sind Standard. Selbstverständlich müssen die Module aber auf einer schwimmenden Konstruktion befestigt werden. Hierfür eignen sich langlebige Kunststoffkörper und eine Verankerung der Konstruktion unter der Wasseroberfläche oder am Gewässerrand.

Die Vorteile von Floating-PV

Auf Wasserflächen findet meist keine Verschattung statt. Das garantiert eine maximale Ausnutzung der Sonnenscheindauer. Zudem reflektiert das Wasser die Sonnenstrahlen. Die natürliche Kühlung des Gewässers sorgt für einen temperaturdämpfenden Effekt. Dadurch steigt die Effizienz der Module. Anlagenbauer rechnen mit einem Mehrertrag von 10 Prozent im Vergleich zu klassischen Freiflächenanlagen. Ein großer Vorteil ist, dass keine Flächenkonkurrenz – etwa zu Landwirtschaft – besteht, wenn man touristisch genutzte Seen ausspart. Durch die Aufgabe der Tagebaugebiete im Rheinischen Revier werden immer mehr künstlich angelegte Gewässer entstehen, die genutzt werden könnten. Floating-PV-Anlagen können schnell installiert und nahezu unsichtbar in die Landschaft integriert werden. 

Das Potenzial von Floating-PV

Während in Asien, aber vermehrt auch in Nachbarländern wie den Niederlanden, bereits etliche Floating-PV-Anlagen installiert sind, trifft man hierzulande noch auf wenige Anlagen. Dabei ist das Potential groß. Einer Untersuchung der Firma BayWa. r.e. zufolge kämen in Deutschland 469 Seen mit einer Fläche von 14.000 Hektar in Frage. Hier wurden sowohl Seen in Schutzgebieten (Naturschutzgebiet, Wasserschutzgebiet, Heilquellenschutzgebiet) als auch Badegewässer, Angelplätze und Seen mit Campingplatz ausgeschlossen. Insgesamt ergäbe sich ein Potential für 20 bis 25 Gigawatt (GW). Auf Nordrhein-Westfalen entfällt demnach eine Wasserfläche von 1.222 Hektar mit einem Potential von 1,8 GW. Das Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Digitalisierung und Energie hat für das nordrhein-westfälische Braunkohlenrevier ein Potential von 35 MW ausgerechnet. 

Rechtliche Rahmenbedingungen 

Das Ineinandergreifen verschiedener Rechtsbereiche wie Bauplanungsrecht, Wasserrecht, Naturschutzrecht (insb. bei natürlichen Seen) und ggf. Planfeststellungsrecht macht die Planung und Genehmigung von Floating-PV-Projekten besonders komplex. In jedem Fall ist eine wasserrechtliche Genehmigung erforderlich. Voraussetzung dafür ist, dass keine negativen Gewässerveränderungen hervorgerufen werden. Je nach Größe der Anlage ist eine Erlaubnis, eine gehobene Erlaubnis oder eine Bewilligung einzuholen. Nur die Bewilligung ist unwiderruflich und bietet daher derzeit die nötige Planungs- und Investitionssicherheit. Bei bereits genutzten Wasserflächen (z.B. Kiesseen) kann die Floating-PV-Anlage unter Umständen dem Hauptnutzungszweck Kiesabgrabung als Nebenanlage zugeordnet werden. Dann erlischt die Berechtigung aber mit dem Ende des Kiesabbaus. Oft stehen bei ehemaligen Baggerseen auch Renaturierungsvorgaben einer Anlage entgegen.. 

Förderbedingungen für Floating PV

Anlagen ab 750 kWp müssen derzeit an den Ausschreibungen der Bundesnetzagentur teilnehmen. Aufgrund des erhöhten Aufwandes durch die Unterkonstruktionen sind Floating-PV-Anlagen teurer als normale Freiflächenanlagen. Daher sind sie in den normalen Ausschreibungen nicht konkurrenzfähig. Der Bundesgesetzgeber hat 2021 deshalb sog. Innovationsausschreibungen im EEG eingeführt. Konkret sollen im Jahr 2022 „besondere PV-Anlagen“ (Agri-PV, Floating-PV, Parkplatz-PV) im Umfang von 500 MW an der Ausschreibung teilnehmen. Bei Zuschlagserteilung erhalten diese dann eine fixe Marktprämie. Lohnenswert ist eine Anlage außerhalb des EEGs dann, wenn der Strom vor Ort selbst verbraucht werden kann. So haben beispielsweise Kieswerke mit einem hohen Stromverbrauch bereits eigene Floating-PV-Anlagen errichtet. Bereits heute und zukünftig noch viel stärker sind auch Markmodelle über PPA denkbar. 

Was zu tun ist

Die Erfahrungen im Ausland zeigen, dass Floating-PV-Anlagen nicht mehr in den Kinderschuhen stecken. Nun muss man auch in Deutschland mehr Mut beweisen. Nach den ersten Innovationsausschreibungen im Frühjahr 2022 muss geschaut werden, ob sich Floating-PV gegenüber den Segmenten Agri-PV usw. durchsetzen kann. Gegebenenfalls ist ein eigenes Segment zu eröffnen. Das Volumen der Innovationsausschreibungen sollte der Bund insgesamt deutlich erhöhen. Zudem sollte die aktuelle Begrenzung der Projektgröße von 2 MW auf 30 MW heraufgesetzt und die verpflichtende Anlagenkombination gestrichen werden. Vereinfachungen der komplexen Verfahren im Wasser-, Natur-, Planungs- und Genehmigungsrecht sollten flankierend kommen. Hilfreich wären daher auch Leitfäden für die Genehmigungsbehörden und Informationsbroschüren für die planenden Unternehmen, die einen Überblick über die rechtlichen, planerischen und finanziellen Regelungen geben. 

Die Gastautoren:

Christian Mildenberger ist seit 2019 Geschäftsführer des Landesverbandes Erneuerbare Energien NRW. Er ist studierter Wirtschaftsingenieur mit Schwerpunkt Energiewirtschaft. Zudem ist er Aufsichtsrat der Gemeindewerke Brühl,  wo er sich für eine nachhaltige Energieversorgung einsetzt. 2021 gründete er die Initiative Wohlstandsmotor Neue Energie und ist seither dort als Vorstand tätig. Mildenberger ist Mitglied der CDU. Von 2017 bis 2019 war er Landesgeschäftsführer der CDU Baden-Württemberg.

Dr. Christian Untrieser ist ebenfalls Mitglied der CDU. Seit Juni 2017 ist er Mitglied des Landtags von NRW und Mitglied in den Ausschüssen für Wirtschaft, Energie und Landesplanung, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz sowie Digitalisierung und Innovation. Seit 2021 ist er Sprecher für Wirtschaft, Energie und Landesplanung und Mitglied im Untersuchungsausschuss „Flutkatastrophe“

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