UBA-Statistik: CO2-Emissionen in Deutschland sind 2021 um 4,5 Prozent gestiegen
Der Anstieg im letzten Jahr ist insbesondere im Energiesektor zu verzeichnen. Dort stiegen die CO2-Emissionen 2021 um 27 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente. Das lag an hohen Nachfrage nach Strom, geringerer Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien und einer Verschiebung von Gas- zu Kohlestrom wegen der hohen Gaspreise. Im Verkehrs- und Gebäudebereich lagen die Emissionen über den im Bundes-Klimaschutzgesetz festgelegten Jahreshöchstmengen. Das geht aus den aktuellen Berechnungen des Umweltbundesamtes (UBA) hervor, die nach den Vorgaben des Bundes-Klimaschutzgesetzes und der EU-Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED) heute vorgelegt wurden.
Anstieg der CO2-Emissionen 2021 war absehbar
„Der Anstieg der Treibhausgasemissionen hat sich leider abgezeichnet“, sagt Klima-Staatssekretär Patrick Graichen. Dem werde die Bundesregierung jetzt mit einem Klimaschutz-Sofortprogramm begegenen. Das A und O sei dabei ein wesentlich höheres Tempo beim Ausbau der erneuerbaren Energien. „Wir müssen es schaffen, dreimal so viele Kapazitäten wie bisher zu installieren, um den Anteil der Erneuerbaren an der Stromerzeugung bis 2030 auf 80% zu steigern“, sagt Graichen.
Eine Hängepartie wie in den letzten Jahren dürfe es dabei nicht mehr geben. Der Krieg in der Ukraine habe zudem gemacht, wie sehr Sicherheit und Energieversorgung zusammenhängen. „Wir können es uns nicht mehr leisten, das zu ignorieren“, so Graichen. Die schnellere Abkehr von fossilen Energien müse alle Bereiche umfassen – von der Industrieproduktion über den Gebäudebereich bis hin zur Mobilität und der Landwirtschaft. „Entscheidend ist dabei, die soziale Balance zu wahren“, sagt Graichen.
„Die Reduzierung der Treibhausgasemissionen von 2020 ist fast zur Hälfte schon wieder verloren“, sagt UBA-Präsident Dirk Messner. Er mahnt zur Umstellung von Heizungen auf Wärmepumpen und zu einem Einbaustopp für Öl- und Gasheizungen. Auch bei der Energieeffizienz sei bei Gebäuden noch einiges zu erreichen. „Das hilft auch gegen unsere Energieabhängigkeit von Russland“, sagte Messner. „Hier kann jede und jeder einzelne etwas tun, was auch dem Klima hilft: Etwas weniger heizen, das Auto öfter mal stehen lassen oder, wenn es doch notwendig ist, langsamer fahren.“
Energiewende senkt Emissionen am stärkesten
Seit 1990 sanken die Emissionen in Deutschland um 38,7 Prozent. Das Ziel für 2030 ist ein Minus von 65 Prozent. Emissionssteigerungen gegenüber dem Vorjahr gab es 2021 in nahezu allen Bereichen.
Die Daten zeigen, dass seit 2010 vor allem die Energiewende beim Strom zur Reduktion der Emissionen beigetragen hat. Die Energiewirtschaft emittierte 2021 rund 247 Mio. Tonnen CO2-Äquivalente. Das sind gut 11 Mio. Tonnen weniger als 2019, aber 27 Mio. Tonnen (12,4 %) mehr als 2020. Im Sektorvergleich ist das in absoluten Zahlen die größte Steigerung des Jahres.
Das Bundes-Klimaschutzgesetz sieht für die Energiewirtschaft keine Begrenzung der jährlichen Emissionsmenge vor. Die Emissionen sind aber über den europäischen Emissionshandel begrenzt. Besonders deutlich stiegen die Emissionen aus der Stein- und Braunkohlenverstromung aufgrund des erhöhten Kohleeinsatzes. Details zum Strommix 2021 und der schwachen Ökostrommernte veröffentlichte Anfang Januar bereits das Fraunhofer ISE.
CO2-Emissionen im Verkehr: Mehr Lkw, weniger Pkw
Alle anderen bedeutenden Sektoren stagnieren seit 2010 mehr oder weniger. Im Verkehr wurden im Jahr 2021 rund 148 Mio. Tonnen CO2-Äquivalente ausgestoßen. Damit liegen die Treibhausgasemissionen dieses Sektors um 1,2 Prozent über dem Wert von 2020. Zudem überschreiten sie die laut Bundesklimaschutzgesetz für 2021 zulässige Jahresemissionsmenge von 145 Mio. Tonnen CO2-Äquivalente um rund 3 Mio. Tonnen. Insbesondere der Güterverkehr auf den Autobahnen stieg auf ein Niveau leicht oberhalb des Jahres 2019. Der PKW-Verkehr dagegen ist weiter niedriger als vor der Corona-Pandemie (2019). Das zeigt sich in Absatzzahlen für Kraftstoffe und Daten von Zählstellen an Autobahnen und Bundesstraßen.
Industrie: Aufholeffekte beim Stahl und im produzierenden Gewerbe
Die CO2-Emissionen aus der Industrie stiegen 2021 gegenüber dem Vorjahr um gut 9 Mio. Tonnen CO2-Äquivalente (+5,5 Prozent) auf rund 181 Mio. Tonnen. Sie blieben damit aber knapp unter dem Niveau von 2019 und unter der im Bundes-Klimaschutzgesetz festgeschriebenen Jahresemissionsmenge von 182 Mio. Tonnen. Das UBA sieht den Anstieg vor allem als Folge von Aufholeffekten in der Konjunktur. Die deutlichste prozentuale Steigerung gab es in der Stahlindustrie, wo die Rohstahlerzeugung um rund 12 Prozent anstieg. Im produzierenden Gewerbe (energiebezogener Anteil) stiegen die Emissionen um rund sieben Mio. Tonnen CO2-Äquivalente bzw. 6,4 Prozent.
Gebäude: Vorratskäufe beim Heizöl lassen Emissionen scheinbar sinken
Auf den Gebäudesektor gehen 2021 rund 115 Mio. Tonnen CO2-Äquivalente zurück. Das entspricht einer Minderung von knapp 4 Mio. Tonnen (-3,3 Prozent). Dennoch überschreitet der Gebäudesektor, wie bereits im Vorjahr, die Jahresemissionsmenge gemäß Bundes-Klimaschutzgesetz. Diese liegt bei 113 Mio. Tonnen. Den Grund für die statistische Emissionsminderung sieht das UBA vor allem in einem Sondereffekt durch deutlich verringerte Heizölkäufe. In den Jahren 2019 und 2020 waren die Preise niedrig und das Brennstoffemissionshandelsgesetz bereits absehbar. Daher füllten die Verbraucher:innen in jenen Jahren ihre Öltanks und kauften 2021 nur wenig Heizöl. Der Erdgasverbrauch stieg 2021 dagegen witterungsbedingt an.
Landwirtschaft: Genauere Erfassung der Emissionen und weniger Tiere
In der Landwirtschaft gingen die Treibhausgasemissionen um gut 1,2 Mio. Tonnen CO2-Äquivalente (minus 2,0 Prozent) auf 61 Mio. Tonnen CO2-Äquivalente zurück. Der Sektor bleibt damit deutlich unter der für 2021 im Bundes-Klimaschutzgesetz festgelegten Jahresemissionsmenge von 68 Mio. Tonnen. Die Zahl der Nutztiere ist dabei weiterhin rückläufig. Im Jahr 2021 erfasste die Statistik 2,3 Prozent weniger Rinder und 9,2 Prozent weniger Schweine. Das führte auch zu weniger Gülle. Daher sanken die mit der Düngung verbundenen Emissionen im Vergleich zu 2020 um 4 Prozent. Die deutliche Unterschreitung der Jahresemissionsmenge sei jedoch vor allem durch methodische Verbesserungen in der Berechnung der Emissionen bedingt.
Abfall: Weniger Emissionen aus der Deponierung organischer Abfälle
Im Abfallsektor sanken die Emissionen gegenüber dem Vorjahr um rund 4,3 Prozent auf gut acht Mio. Tonnen CO2-Äquivalente. Damit bleibt der Abfallsektor erneut unter der im Bundes-Klimaschutzgesetz festgelegten Jahresemissionsmenge von neun Mio. Tonnen CO2-Äquivalenten. Der Trend wird im Wesentlichen durch die sinkenden Emissionen aus der Abfalldeponierung infolge des Verbots der Deponierung organischer Abfälle bestimmt.
Bundesklimaschutzgesetz fordert Sofortmaßnahmen, um Emissionen auf Kurs zu bringen
Die Daten zu den CO2-Emissionen des Jahres 2021 werden nun, wie im Gesetz vorgesehen, vom Expertenrat für Klimafragen geprüft. Dieser legt innerhalb eines Monats eine Bewertung der Daten vor. Binnen drei Monaten müssen die zuständigen Ministerien dann Maßnahmen vorschlagen, um den Gebäude- und Verkehrssektor auf Kurs zu bringen. Das UBA betont, dass die Bundesregierung bereits an den entsprechenden Maßnahmen arbeite.
Dirk Messner: „Um die Ziele der Bundesregierung bis 2030 zu erreichen, müssen nun pro Jahr sechs Prozent Emissionen gemindert werden. Seit 2010 waren es im Schnitt nicht einmal zwei Prozent.“ Das erfordere eine gemeinsame Anstrengung.
Anteil erneuerbarer Energien gestiegen – vor allem bei der Wärme
Die UBA-Daten enthalten auch die Auswertung zu den erneuerbaren Energien in den verschiedneen Sektoren. Die EU-Erneuerbare-Energien-Richtlinie (Renewable Energy Directive, RED) setzt für Deutschland ein verbindliches Ziel von 18 Prozent am Bruttoendenergieverbrauch. Dieses hat Deutschland 2020 mit 19,3 Prozent übertroffen. 2021 stieg der Bruttoendenergieverbrauch aus erneuerbaren Energien laut der RED-Kalkulation weiter auf 483 Mrd. kWh an. Dies entsprach einem Anteil von 19,7 Prozent am gesamten Bruttoendenergieverbrauch.
Das lag vor allem am rechnerisch höheren Anteil erneuerbarer Wärme, der von 15,3 auf 16,5 Prozent stieg. Dieser wiederum geht auf den geringen Heizölabsatz (siehe oben) und den höheren Einsatz erneuerbarer Energien für Heizwärme wegen der kalten Witterung zurück.
In der Stromerzeugung ging der Ökoenergieanteil zurück. Dieser Rückgang fällt laut RED allerdings geringer aus als in der deutschen Statistik, weil die Berechnung der EU die Witterungseffekte (also das „schlechte Windjahr“) herausrechnet.
Im Verkehrssektor sank der Anteil erneuerbarer Energien am gesamten Endenergieverbrauch von 7,6 Prozent im Vorjahr auf 6,8 Prozent im Jahr 2021. Dieser Rückgang ist mit besonderen Übertragungsregelungen aus früheren Jahren im Rahmen der Treibhausgasminderungsquote und einer höheren Anrechnung von Upstream-Emissionsminderungen zu erklären. Der Verkehr ist für gut ein Viertel des gesamten Energieverbrauchs verantwortlich.
Diese und viele weitere aktuelle und qualitätsgesicherte Daten sind im heute erschienenen Hintergrundpapier „Erneuerbare Energien in Deutschland – Daten zur Entwicklung im Jahr 2021“ der Arbeitsgruppe Erneuerbare Energien-Statistik (AGEE-Stat) erschienen.
15.3.2022 | Quelle: UBA | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH