BDEW: Ersatz von Erdgas aus Russland kurzfristig nur begrenzt möglich

Gelbe Leitung für Erdgas in einer Industrie-Anlage, Druckanzeige und Speicher.Foto: 63ru78 / stock.adobe.com
Zur Frage, wie Erdgas aus Russland kurzfristig ersetzt werden könnte, legt nun auch der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) eine Analyse vor.

Der BDEW gibt den Anteil von Erdgas aus Russland für die Monate Januar bis März mit rund 40 Prozent an. Das ist weniger als die meist genannten 50 Prozent. Die Lieferungen aus anderen Ländern hätten in dieser Zeit bereits zugenommen, erklärt der Verband. Lediglich zur Hälfte sei kurzfristig ein Ersatz oder eine Einsparung für das Erdgas aus Russland möglich – also für 20 Prozent des Verbrauchs in Deutschland.

Industrie wäre von Erdgas-Embargo gegen Russland besonders getroffen

Der BDEW geht davon aus, dass die Haushalte ihren Bedarf kurzfristig um 15 % senken könnten, Gewerbe Handel und Dienstleistungen um 10 % und die Industrie um 8 %. Im Falle einer Liefereinschränkung würden Haushaltskunden und soziale Einrichtungen grundsätzlich vorrangig beliefert. Insbesondere die Industrie wäre daher von einem Embargo voll getroffen, ohne das sie kurzfristig realistische Ersatzoptionen hätte. Ein Embargo würde auch das Ziel voller Gasspeicher zu Beginn des nächsten Winters in Frage stellen.

Erdgas-Speicher lieber nicht zu stark regulieren

Die Pläne der Regierung, den Füllstand von Erdgasspeichern stärker zu regulieren, teilt der BDEW nur bedingt. Der Gesetzentwurf beinhalte einige sinnvolle Neuerungen. Das Gesetz sehe zum Beispiel eine feste Reihenfolge von Maßnahmen vor, die wenn möglich ausgeschrieben werden sollen. Der Verband begrüßt, dass es keine staatliche Speicherreserve wie beim Erdöl geben soll. Auch, dass der Füllstand nicht bei 100 Prozent festgeschrieben werde, sondern Mindestfüllstände zu verschiedenen Zeiten definiert werden, stößt auf Zustimmung.

Einige der Maßnahmen würden jedoch tiefer in den Gasmarkt ein als nötig. Speicherkunden pauschal ungenutzte Kapazitäten zu entziehen, könne kontraproduktiv sein. Lieber sollte man gezielt Kunden ins Visier nehmen, die entgegen dem Markttrend leere Kapazitäten horten. Zudem enthalte der Gesetzesentwurf neue und nicht erprobten Mechanismen zur Speicherbefüllung. Diese müssten zeitnah evaluiert werden, auch in Bezug auf die Kosten.

Gaskraftwerke könnten Verbrauch um 36 Prozent reduzieren

Kraftwerke für die öffentliche Versorgung und die Industrie könnten hingegen ihren Erdgas-Verbrauch laut BDEW um 36 % reduzieren. Ein großer Teil der Erdgaskraftwerke müsse weiter betrieben werden, um unter anderem Fernwärme und Prozesswärme zu liefern. Die Stromerzeugung ließe sich zu großen Teilen aus anderen Kraftwerken ersetzen. Gaskraftwerke wären nur zur Deckung der Spitzenlast nötig.

Die inländische Erdgas-Förderung auszuweiten sei nur begrenzt möglich und unsicher. Biogas stehe kurzfristig nur begrenzt zur Verfügung. Beim Anbau von Energiepflanzen müsse man zudem auch ökologische Effekte und die Wasserressourcen bedenken.

Um die Abhängigkeit mittelfristig zu reduzieren drängt der BDEW auf den Aufbau von zwei LNG-Terminals, höhere importe aus anderen Ländern und eine Sicherung der Füllstände von Erdgas-Speichern. Zudem müssten sämtliche Weichen auf Erneuerbare Energien gestellt werden. Das bedeute, wirklich 2 Prozent der Flächen für die Energieerzeugung bereitzustellen, ohne dass diese Fläche im Verfahrensweg schrumpfe. Ferner mahnt der Verband zu einer schnelleren Sanierung von Altbauten, mehr Netzausbau und einem schnellen Wasserstoff-Hochlauf.

Die vollständige Analyse des BDEW gibt es hier. Ausführliche Szenarien, was ein sofortiger Importstopp für Erdgas bedeuten würde, hatten am Donnerstag auch das Forschungszentrum Jülich sowie der Thinktank Agora Energiewende zusammen mit dem Wuppertal Institut und Prognos veröffentlicht.

18.3.2022 | Quelle: BDEW | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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