LEE NRW: Ausbau der Wasserkraft beschleunigen

Zu sehen ist ein kleines Wasserkraftwerk in NRW. Der Ausbau der Wasserkraft in NRW hat viel mehr Potenzial.Foto: P.S.DES!GN / stock.adobe.com
Das Wasserkraftwerk Wilhelmsthal an der Lenne bei Werdohl liefert seit 1916 Wasserkraft für NRW.
In den vergangenen 10 Jahren betrug der Wasserkraft-Zubau in Nordrhein-Westfalen nur 7 MW. Der Landesverband Erneuerbare Energien NRW (LEE NRW) kritisiert, dass damit große Potenziale nicht genutzt werden.

Ein Ausbau der Wasserkraft findet in NRW nicht mehr statt. Im vergangenen Jahr ist lediglich ein kleines Wasserrad mit einer Leistung von drei Kilowatt neu in Betrieb gegangen. „Das ist der traurige Höhepunkt einer Entwicklung, die wir seit einem Jahrzehnt beobachten“, sagt Philipp Hawlitzky, stellvertretender Geschäftsführer des Landesverbandes Erneuerbare Energien NRW (LEE NRW) . „Bei dieser einen Anlage handelt es sich nicht einmal um einen echten Neubau, sondern vielmehr um die Restaurierung eines Mühlrades an einem jahrhundertealten Standort im Kreis Lippe.“

Nach einer Analyse des LEE NRW auf Basis des LANUV NRW und des von der Bundesnetzagentur betreuten Marktstammdatenregisters ist die neu installierte Wasserkraft-Leistung im Land in den zurückliegenden zehn Jahren um lediglich knapp sieben MW gestiegen. „Wir lassen einen wichtigen erneuerbaren Energieträger ungenutzt, was angesichts der aktuellen politischen Debatte um mehr Unabhängigkeit von Energieimporten völlig unverständlich ist“, so Hawlitzky.

Dabei ist die Wasserkraft in Nordrhein-Westfalen durchaus von Bedeutung: Mit einer installierten Leistung von rund 495 MW rangiert NRW im Bundesländer-Vergleich hinter Bayern, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz auf Platz 4. Die Vielzahl der Betreiber sind regionale Energieversorger, aber auch kleine oder mittelständische Gewerbe- und Industriebetriebe. Diese erzeugen zum Teil seit mehreren hundert Jahren mit der Energie des Wassers zuverlässig und verbrauchernah Strom. Mit etwa 60 Prozent der gesamten Wasserkrafterzeugung liegt der Regierungsbezirk Arnsberg weit vorne in NRW.

Genehmigungsverfahren zu lang

Hawlitzky fordert schnellere und angepasste Genehmigungsverfahren für neue Projekte sowie für Anlagen, die man repowern muss: „Es kann nicht sein, dass einzelne Investoren bis zu 20 Jahre auf eine Genehmigung warten müssen.“ Für den Wasserkraft-Experten in Reihen des LEE NRW ist es zudem ein Muss, dass künftig alle Talsperren im Land Strom aus Wasserkraft produzieren: „Dort gibt es keinerlei Konflikte mit dem Naturschutz und der Gewässerökologie.“ In NRW gibt es 81 Talsperren, im bundesweiten Vergleich ist das der Spitzenwert. An 38 dieser Talsperren in der Eifel und im Sauerland gibt es bereits Wasserkraftwerke. Philipp Hawlitzky: „Es ist also noch viel Potenzial vorhanden. In Kombination mit schwimmenden Solarparks auf den Stauseen der Talsperren kann ein zusätzlicher Beitrag für die Energiewende geleistet werden, da sich Wasserkraft und Solarenergie optimal ergänzen.

Gute Erfahrungen mit dem Repowering von Wasserkraftwerken haben die Mainzer Stadtwerke gemacht. Diese betreiben seit 2016 mehrere Anlagen im Sauerland an der oberen Ruhr. „Konkret haben wir bei mehreren Anlagen teilweise die Turbinen verkleinert, um auch in trockenen Zeiten regenerativen Strom erzeugen zu können. Dies führt über das Jahr betrachtet zu einem deutlichen Mehrertrag und einer entsprechenden effizienteren Nutzung des Wasserdargebotes“, berichtet Carsten Weller, der Betriebsleiter der Mainzer Wasserkraftanlagen.

Die Mainzer Stadtwerke haben allerdings nicht nur positive Erfahrungen mit ihren Wasserkraftanlagen in NRW gemacht: „Leider konnten wir in an einigen Anlagen Maßnahmen, die maßgeblich dem Fischschutz und der Durchgängigkeit dienen, nur mit starker Verzögerung oder gar nicht umsetzen, da oft pauschale schwer nachvollziehbare Einwände in Verbindung mit langwierigen Genehmigungsverfahren hindern uns immer wieder sinnvolle Maßnahmen zeitnah umzusetzen“, kritisiert Weller.

Forderungen für Ausbau und Modernisierung der Wasserkraft

Damit künftig in NRW der Bau von neuen Anlagen, aber auch die notwendige Modernisierung von bestehenden Standorten vorangetrieben werden kann, hat der LEE NRW drei Kernforderungen:

  • Um die Wirtschaftlichkeit von Wasserkraftwerken zu sichern, muss der Gesetzgeber bei der anstehenden Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes insbesondere die hohen Kosten für Fischtreppen und den Fischschutz bei der Förderung berücksichtigen. Die EEG-Förderung darf er auch bei kleinen Wasserkraftanlagen nicht infrage stellen.
  • Es muss eine Umsetzung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie mit Augenmaß geben. Neben den ökologischen Interessen an den Gewässern müssen die Wasserbehörden auch den Beitrag der Wasserkraft zum Klimaschutz und zur Energiewende angemessen berücksichtigen.
  • Unverzichtbar ist eine Vereinfachung und eine Beschleunigung von Genehmigungsverfahren. Die Genehmigung einer Wasserkraftanlage dauert heute oftmals viele Jahre. Selbst für kleine Standorte sind Verfahren von mehr als zehn Jahren keine Seltenheit. Deshalb muss man die Verwaltungsverfahren vereinfachen und beschleunigen.

Für den weiteren Ausbau der Wasserkraft in NRW hat Philipp Hawlitzky aus der LEE NRW-Geschäftsführung einen Wunsch: „Für die nächsten sieben MW Zubauleistung sollten wir nicht wieder zehn Jahre brauchen.“

6.4.2022 | Quelle: LEE NRW | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

Beliebte Artikel

Schließen