ZSW: Forschungsprojekt für Batterien und kritische Rohstoffe

Rohstein Graphit vor schwarzem HintergrundFoto: M.Dörr & M.Frommherz / stock.adobe.com
Graphit ist ein begehrter Rohstoff. Forscher am ZSW wollen es mit der Industrie teilweise durch Silizium ersetzen.
Lithium-Ionen-Batterien sind für die Energiewende gefragt. Zugleich ist ihr Bedarf an teils kritischen Rohstoffen wie Graphit hoch. Ein neues Forschungsprojekt will Alternativen untersuchen und die Effizienz von Speichern verbessern.

Ein neues Forschungsprojekt am ZSW widmet sich Batterien und dem Bedarf kritischer Rohstoffe. Es handelt sich um das Vorhaben PerForManZ des Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) mit vier Industrieunternehmen. Der steile Hochlauf der Elektromobilität zeigt die große technische, ökonomische und ökologische Bedeutung von Lithium-Ionen-Batterien. Verbunden damit ist aber auch ein stark wachsender Bedarf an Rohstoffen, von denen einige bereits als kritisch im Hinblick auf die Versorgungssituation eingeordnet sind.

Durch die Kombination neuer Konzepte bei den Speichermaterialen, den eingesetzten Komponenten und dem Zellaufbau wollen die Partner die Energiedichte steigern. Ziel ist außerdem, den Einsatz kritischer Rohstoffe wie Kupfer, Kobalt, Nickel und Naturgraphit signifikant zu reduzieren. Neben dem ZSW sind die Bender GmbH Maschinenbau und Streckmetallfabrik, der Materialhersteller Wacker, der Batteriespezialist Varta AG und als assoziierter Partner die BMW Group beteiligt. Varta koordiniert das Vorhaben, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit 2,5 Millionen Euro gefördert wird und bis zum 30. November 2024 läuft.

Silizium statt Graphit

Heutige Hochenergiezellen verwenden als Anodenmaterial hauptsächlich Graphit. Silicium ist jedoch in der Lage, gut zehnmal mehr Lithium zu speichern. Dadurch lässt sich die Energiedichte der Zelle deutlich erhöhen. Dies ist wichtig für die Reichweite von E-Autos. In kommerziellen Zellen ist aktuell jedoch nur eine Beimischung von maximal 5 Prozent Silicium zum Grafit üblich. Ein Grund liegt darin, dass das Silicium im elektrochemische Speicherprozess sein Volumen sehr stark ändert. Material und Elektrode können dadurch eine starke Schädigung erfahren, was die Lebensdauer der Zelle verkürzt.

Mit dem Forschungsvorhaben wollen die Partner für dieses Problem ein Lösungskonzept erarbeiteten. Ansatzpunkt sind das Material- und das Zelldesign. Die Materialien werden dabei so ausgelegt, dass sie direkt in üblichen Fertigungsprozessen für Elektroden eingesetzt werden können. Diese Materialien entwickelt WACKER in einem neuen Herstellprozess.

Neue Ableiterstrukturen für die Elektroden

Kommerzielle Lithium-Ionen-Zellen setzen metallische geschlossene Ableiterfolien für die Elektroden ein. Diese bestehen aus Kupfer (Anode) und Aluminium (Kathode), deren Gewinnung energieintensiv ist. Im Gegensatz zu den üblichen Ableitern setzt das BMBF-Projekt auf Leichtbauweise und Durchlässigkeit. Eine neuartige Ableiterstruktur reduziert den Einsatz an Kupfer und Aluminium deutlich, ohne dass die Verarbeitungseigenschaften leiden. Dies bringt drei wesentliche Vorteile: Ressourcen werden eingespart, die Materialkosten verringert und gleichzeitig die spezifische Energie der Zelle erhöht.

Zudem soll das Projekt helfen, kostenaufwändige und qualitätsrelevante Prozessschritte, wie beispielsweise die Elektrolytbefüllung deutlich zu verkürzen, ohne dass Qualität und Sicherheit der Zelle leiden.

Und schließlich geht es um die Beseitigung einer weiteren Einschränkung der Siliciumanode: Das Kathodenmaterial beinhaltet das gesamte für den Speichervorgang in der Zelle erforderliche Lithium. Ein Teil dieses Lithiums wird jedoch beim erstmaligen Laden der Zelle, der sogenannten Formierung, vom Silicium gebunden und geht so für die Speicherung verloren. Damit verbleibt ein entsprechender Teil des Kathodenmaterials ungenutzt in der Zelle, mitsamt den teuren und knappen Rohstoffen. Mit speziellen neuen Verfahrensschritte will das Vorhaben diesen Lithiumverlust ausgleichen und damit die vollständige Nutzung des Kathodenmaterials ermöglichen. Diese werden von der Bender GmbH Maschinenbau und Streckmetallfabrik entwickelt.

Vertikale Beschichtungsprozesse

Alle Verbesserungen sollen in industrienahe Herstellprozesse münden, um im Pilotmaßstab leistungsfähige und sichere Batterien bauen zu können. Hierzu müssen die Partner die Prozessanforderungen an die neuartigen Stromableiter beim Mischen, Beschichten, Trocknen und Kalandrieren untersuchen und verstehen lernen. Hierfür erforschen die Wissenschaftler und Ingenieure schwerpunktmäßig den Einsatz einer vertikalen Beschichtungstechnologie. Dafür etabliert das ZSW am Standort Ulm eine neue Anlage. Projektziel ist es, hochleistungsfähige leichte Elektroden in einem industrierelevanten Rolle-zu-Rolle-Prozess herzustellen und in Demonstratoren am ZSW zu verifizieren. Parallel führt VARTA die Ergebnisse des Projekts in die Produktion von gewickelten Knopfzellen und 21700-Rundzellen ein. Die so entwickelten Batterien können in zahlreichen Anwendungen zum Einsatz kommen.

Elektromobilität ist einer der Kernbeiträge zu klimafreundlicher Mobilität. Der Einsatz von Elektrofahrzeugen in Kombination mit regenerativ erzeugtem Strom kann einen wesentlichen Beitrag dazu leisten. Deshalb begleitet die BMW Group das Projekt im Hinblick auf die Anforderungen zum automobilen Einsatz und in Fragen der Industrialisierung.

8.4.2022 | Quelle: ZSW | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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