Klimaschutz-Kommunikation in der Kommune

Symbolbild für Klimaschutz-PR in der Kommune: Zettelwand mit Aufschrift Public RelationsFoto: Jerome Rommé / stock.adobe.com
PR ist für den Klimaschutz in einer Kommune ein entscheidendes Element.
Vor Corona erregte Fridays for Future viel Aufmerk­sam­keit in den Medien. Diese ging während der Pandemie verloren. Die „Sendepause” lies auch im kommunalen Klimaschutz die Sorge aufsteigen, dass die Klimakrise unter den Tisch fallen könnte. Wie können kommunale Klimaschützer:innen gegensteuern?

Nicht nur die mediale Aufmerksamkeit war in der Pandemie ge­sunken, sondern auch das klas­sische Aktionsrepertoire von Klima­schutzmana­ger:in­nen und -agenturen hat das Coronavirus einge­schränkt. Ver­anstaltun­gen muss­ten abgesagt wer­den oder ins Internet umzie­hen. Aber welche Kommunikationsstrategien haben in der Pandemie gut funk­tioniert und was kann die kommunale Klimakommunikation daraus lernen?

Pandemie und kommunaler Klimaschutz

In der deutschsprachigen Tagespresse hat die PMG Presse-Monitor GmbH Beiträge gezählt, in denen die Begriffe „Klimaschutz“ und „Deutsch­land“ vorkommen. 2019, auf dem Höhepunkt der Fridays-for-Future-Bewegung, zählten die Medienanalysten 436.100 Berichte. 2020 lag die Anzahl der Nennungen tatsächlich etwa nur noch bei der Hälfte (229.000 Berichte). Dennoch wurde im ersten Jahr der Pandemie noch immer grob doppelt so häufig über die Klimakrise berichtet, wie es vor dem Fridays-for-Future-Boom im Jahr 2018 der Fall war (116.700 Berichte im Jahr 2018).

Also ist die Aufmerksamkeit der Medien für den Klimaschutz im Zuge der Pandemie gesunken, jedoch auf einem insgesamt höheren Niveau verblieben als vor Fridays for Future. Ein ähnliches Grundmuster zeigen auch eine TV-Auswertung des Projektes „KLIMA° vor acht” und eine Befragung zum Problembewusstsein der Deutschen von der Forschungsgruppe Wahlen.

In diesen Analyseergebnissen stechen Peaks hervor: Es wurde insbesondere viel zu Ereignissen wie Weltklimakonferenzen, Klimastreiks und der Bundestagswahl mit vorhergegangenen Überschwemmungen berichtet. Die überregionale Berichterstattung zur Klimakrise orientiert sich also an Anlässen. Solche Gelegenheitsfenster las­sen sich grundsätzlich auch auf kommunaler Ebene nutzen.

Aufmerksamkeits-Spitzen nutzen

Von Aufmerksamkeits-Spitzen profitieren auch praktische Themen wie beispielsweise die energetische Modernisierung. Dies zeigen die Beratungszah­len der Online-Bera­tungs­plattform co2online.de. Dieses gemeinnützige Internetangebot stellt unterschiedliche Online-Energieberatungen zur Verfügung. Alexander Steinfeldt, Campaig­ner bei co2online, berichtet, dass nicht aus Anlass von Weltklimakonferenzen oder Großdemonstrationen, sondern auch während politischer Diskussionen über Förderkulissen oder Energiepreise das Interesse ansteigt. Die Beratungszahlen zeigen aber auch, dass es ein von Anlässen unabhängiges Grundinteresse an energetischen Modernisierungen gibt.

Suchmaschinen bedienen

Ähnlich wie die gemeinnützige Platt­form co2online.de können auch kommunale Klimaschutz-Einrichtungen auf ihren Websites suchmaschinenoptimierte Inhalte anbieten. Genau dies hat die gemeinnützige Energieagentur Region Göttingen mit ihrer zu Jahresbeginn gelaunchten Internetseite getan. Sie bietet Antworten, die auf relevante Suchphrasen hin opti­miert sind. Wer beispielsweise bei Google „Energieberatung + Göttin­gen” sucht, hat gute Chancen auf das Angebot der Agentur zu stoßen. Auf diese Weise greift eine aufklärende Kommunikation das vorhandene In­teresse derjenigen auf, die sich bereits ernsthaft mit der Umsetzung konkreter Klimaschutz-Maßnahmen befassen.

Léa Georges, für die Öffentlichkeitsarbeit des von Stadt und Landkreis Göttingen getragenen Vereins verantwortlich, schildert die Planungen so: „Vor Corona konnten wir immer zu einer lokalen Baumesse die meisten Energieberatungen und Förderanträge einwerben. Das Publikum besteht dort aus bereits Interessierten. Diesen bieten wir nun mit unserer neuen Internetseite möglichst prak­tische Hilfestellungen.”

Jedoch müsse man etwas Geduld mitbringen, so Georges, da Google et­was Zeit brauche, bis es neu aufgebaute Inhalte weit oben in den regionalen Suchergebnissen anzeige. Die Göttinger weisen in ihren Online-Artikeln stets auf wichtige nächste Schritte hin, wie eine Energieberatung oder eine Fördermittelberatung. Und zwar so, dass man sich dafür direkt online anmelden kann.

Trittbrett-Strategie für kommunale Klimaschützer:innen

Die Berichterstattung über das Klima wird durch Anlässe geprägt. Trotz der Pandemie erzielten Weltklimakonferenzen, globale Klimastreiks, Naturkatastrophen und klimapolitische Diskussionen im Bundestagswahlkampf eine hohe mediale Aufmerksamkeit. Zu solchen Anlässen kann der kommunale Klimaschutz eine Trittbrett-Strategie fah­ren. Klimaschutzmanager:innen können versuchen, ihre eigenen Botschaf­ten in den Redaktionen anzubieten.

Für Kommunen ist es relativ einfach, in Regionalzeitun­gen eigene Meldun­gen unterzubrin­gen. Diese Erfahrung hat auch Friedrich Horn, Klimaschutz­ma­na­ger für eine hessische Kleinstadt, ge­macht. Bei der Erstellung seines Klimaschutzkonzeptes freute er sich über eine gute Presseresonanz: „Zum Auftakt wurde ich sogar auf der Titelseite mit einem Interview vorge­stellt.” Als Anlässe konnte er Meilen­steine in der Konzept­erstellung nutzen oder Aktionen wie das Stadtradeln. „Im Nachgang zu Presseberichten erhalte ich immer mehr Anrufe, die ich dann beispielsweise an die Energieberatung der Verbraucherzentralen weiterleiten kann”, so Horn.

Andocken an Etablierte

Das Thema Klima kann auch strukturell in Medienformaten verankert werden. Dies ist dem Projekt „KLIMA° vor acht” gelungen, das Fernsehsender davon überzeugen will, kontinuierlich wissenschaftlich fundiert über das Klima zu berichten. RTL strahlt seit Juli 2021 das „Klima Update” im Anschluss an die Nachrichtensen­dung „RTL aktu­ell” zweimal pro Woche aus.

So etwas ist auch auf regionaler Ebene denkbar. Mit Regionalzeitungen kann beispielsweise eine Klimakolumne ins Leben gerufen werden. Auf diese Idee angesprochen sagte Hannes Többen, Klimaschutzmanager der Ge­mein­de Ritterhude: „Das habe ich auch schon ange­dacht. Am besten wäre es, wenn ich Positivbeispiele aus unserer Region und Themenvorschläge einbringe, und dann die Journalisten dazu schreiben.” Schließlich müsse aufgezeigt werden, dass wir konkret etwas für das Klima tun können.

Praxistipps und gute Beispiele

Laut dem Handbuch „Umweltpsychologie“ sollte jeder Vortrag und jeder Workshop mit Hinweisen enden, wie wir als Individuum und in der Gruppe aktiv etwas verändern können. Am besten kann dies kombiniert mit Beispielen und Belegen für deren Wirksamkeit gelingen. Diese Empfehlung lässt sich auch auf Pressearbeit und andere Medienkommunikation übertragen. Ein Vorteil positiver Geschichten ist ihr motivierender Charakter.

Laut der ARD/ZDF-Massenkommunikation-Langzeitstudie werden am häu­figsten Bewegtbilder (insbesondere TV und YouTube) und am zweithäufigsten Audio-Medien (Radio, Podcasts etc.) konsumiert. Die kommunale Klimakommunikation setzt hingegen noch stark auf Pressearbeit und selbst herausgegebene Broschü­ren, Flyer und Internetseiten. Gut gemachte YouTube-Kanäle oder Podcasts sind rar.

Kooperation mit Profies

Da der Aufbau eigener Kanäle in vielen Fällen zu aufwändig wäre, könnte hier mit etablierten Kräften kooperiert wer­den. Insbesondere gegen Bezah­lung könnten Kommunen Kooperationen mit regionalen Influencern vereinbaren. Bei der Kanalauswahl sollten sie jedoch sensibel prüfen, dass der Kanal selbst nicht zu werblich ist.

Fazit: Eine Verlagerung der Kommunikation in das Internet dürfte insbesondere für diejeni­gen funktionieren, die be­reits ein Grundinteresse am Klimaschutz haben und die selbst etwas umsetzen wollen. Hierbei haben unabhängige Beratungsangebote in den Suchergebnissen einen strategi­schen Vorteil zwi­schen vielen werblichen Angeboten. Bei der Pressearbeit sollte kommunaler Klimaschutz ein besonderes Augen­merk auf ermutigende Kernbotschaften und lokale Beispiele des Gelingens legen.

7.5.2022 | Autor: Kilian Rüfer, sustainment.de
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