Grüner Wasserstoff in der Findungsphase
Wer Solarstrom in einer Batterie speichern will, findet für nahezu jede Größe und jeden Anspruch ein passendes Modell. Das sind ein Photovoltaik-Heimspeicher, eine im Container vorinstallierte Gewerbelösung oder eine Großbatterie für Solarparks. Batterien und PV-Module laufen mittlerweile millionenfach vom Band. Anders beim Thema grüner Wasserstoff: Die meisten Elektrolyseur-Hersteller haben zwar die Serienfertigung erreicht, wie eine Marktübersicht des Magazins HZwei zeigt, doch die Stückzahlen sind noch überschaubar. Parallel arbeiten sie aber schon an Komplettlösungen, wie sich auf der Energiemesse „The Smarter E“ in München beobachten ließ. Die Pionier- und Bastelphase hat die Wasserstofftechnologie hinter sich gelassen.
Skalierbare Komplettsysteme für grünen Wasserstoff
Die Sparte „Eigenheim“ ist beim grünen Wasserstoff schnell abgehakt: Die Firma Home Power Solutions (hps) mit ihrem System Picea ist seit Jahren der einzige Anbieter. Konkurrenz ist trotz des steigenden Absatzes nicht in Sicht. Der Solarwechselrichter-Hersteller Fronius, der zwischenzeitlich an Wasserstofflösungen für Einfamilienhäuser arbeitete, stieg 2014 aus diesem Bereich wieder aus und setzte zu einem neuen Anlauf an.
Mit dem am Markt eingeführten Komplettsystem Solhub setzt Fronius vor allem auf mittelgroße Anlagen für Gewerbe, Tankstellen oder Kommunen. Solhub enthält in einem Container alles, was man für die dezentrale Wasserstofferzeugung und -nutzung braucht, von der Wasseraufbereitung über den Elektrolyseur und den Druckspeicher bis zur Zapfsäule. Bei Bedarf sind mehrere davon kombinierbar. „Sektorenkopplung ist aktuell der wichtigste Trend in der Solarbranche“, sagt Christian Kasberger. Er ist zugleich Projektleiter für das Wasserstoff-Kompetenzzentrum mit Laboren und Fertigung in Steinhaus bei Wels, das gerade kurz vor der Fertigstellung steht.
Photovoltaik-Wasserstoff für Gewerbe und Einfamilienhäuser
Auch hps hat in diesem Jahr in Meckenheim die erste Picea-Anlage für eine Gewerbeimmobilie in Betrieb genommen. Dafür kommt dasselbe System zum Einsatz wie bei den Einfamilienhäusern, nur eben mit bis zu zehn Energiezentralen, die parallel arbeiten.
Für die Elektrolyse ist ein Gleichrichter nötig, der auch für die richtige Spannung und Stromstärke am Elektrolyseur sorgt. Indem sie Wechselrichter praktisch rückwärts betreiben und einige Details an Hard- und Software ändern, können Wechselrichterhersteller also mit wenig Aufwand eine zusätzliche Komponente liefern. Neben Fronius stellen zum Beispiel AEG, SMA und Ingeteam Gleichrichter für die Wasserstoffelektrolyse her. Sie haben allerdings keine fertigen Pakete. „Wir sind in der Regel Zulieferer für die Elektrolyseurhersteller, die das System für die Kunden zusammenstellen“, erklärt Fabian Jochem, Strategiechef bei SMA.
Grüner Wasserstoff erhält Impuls durch Solarindustrie
Die Solarfirmen geben dabei auch der Technologie einen Kick. Die bisher eingesetzten Gleichrichter auf Thyristorbasis erzeugen nämlich unerwünschte Blindleistung, die kompensiert werden muss. Die aus der Solar- und Windenergie kommende IGBT-Technik kostet mehr in der Anschaffung. Sie kann dafür aber sogar die Blindleistung anderer Geräte kompensieren. Das senkt die Betriebskosten.
Das wiederum ist dringend nötig, damit grüner Wasserstoff auch für industrielle Prozesse interessant wird. Anders als die Fahrzeugindustrie oder gar die Heizungsbranche sind Stahl- und Düngemittelindustrie nämlich auf günstigen grünen Wasserstoff angewiesen, um klimaneutral zu werden. Wie viel dieser dann noch mit lokalen Kreisläufen zu tun hat, steht auf einem anderen Blatt.
20.5.2022 | Autorin: Eva Augsten
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