Photovoltaik im Osterpaket: Im EEG geht’s jetzt um Details

Freiflächen-Photovoltaik-Anlage: mit der EEG-Novelle und dem Osterpaket ändern sich die BedingungenFoto: Guido Bröer
Seit die EEG-Novelle für das „Osterpaket“ der Bundesregierung im Bundestag angekom­men ist, bemühen sich Lobbygruppen verstärkt um Änderungen im Detail. Wir picken hier einige Aspekte der Photovoltaik heraus, über die besonders diskutiert wird.

Mit dem Gesetzentwurf für „Sofortmaßnahmen für einen beschleunigten Ausbau erneuerbarer Energien – EEG 2023“, hat das EEG-Osterpaket der Bundesregierung in der vergangenen Woche in erster Lesung den Bundestag erreicht. Damit hat die Stunde der Fachpolitiker:innen, aber auch der Lobbyorganisitionen geschlagen. Am Montag dieser Woche gab’s dazu bereits im Ausschuss für Wirtschaft und Klimaschutz eine Anhörung von Ex­pert:innen­. Fachleute halten an dem Gesetzespakat zahlreiche der geplanten Regelungen für überarbeitungsbedürftig – nicht zuletzt für die Photovoltaik.

Während sich die Fachpolitiker:innen der Koalition bislang bezüglich ihrer eigenen Änderungswünsche eher bedeckt halten, haben diverse Lobbyverbände jeweils umfangreiche Forderungskataloge und Detailvorschläge erarbeitet. Diese versuchen sie jetzt in die parlamentarischen Beratungen einzubringen. Die Solarthemen-Redaktion hat sich einen Überblick verschafft. Wir nennen hier einige wesentliche Punkte, an denen „die Musik spielt“, über die also in den kommenden Wochen vermutlich noch hart verhandelt wird.

Vergütungssätze für Photovoltaik

Ein Kernpunkt der Kritik des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW) betrifft die Höhe und Struktur der vom Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgesehenen Photovoltaik-Vergütungen. Insbesondere für typische private und gewerbliche Prosumer-Anlagen, bei denen der Eigenverbrauch mit einer Einspeisung des Überschussstroms ins Netz einhergeht, seien die Vergütungen deutlich zu niedrig. Die Bundesregierung will die Vergütungen zwar weitgehend auf dem aktuellen Niveau einfrieren. Allerdings, so argumentiert der BSW, seien die Anlagenpreise seit zwei Jahren gestiegen. Hingegen seien die Vergütungen aufgrund des aktuellen Degressionsmechanismus Monat für Monat auf ein inzwischen nicht mehr wirtschaftliches Maß gefallen. Während der Gesetzentwurf beispielsweise für Prosumer-Anlagen bis 40 Kilowatt (kW) die Vergütungshöhe nur leicht auf 6,45 Cent pro Kilowattstunde anheben und einfrieren will, hält der der BSW in dieser Anlagenklasse 10,13 Cent für wirtschaftlich notwendig.

Photovoltaik: Volleinspeiser versus Prosumer

Und auch die neuen deutlich höheren Tarife, die die Bundesregierung für Volleinspeisungsanlagen ansetzt, sind laut BSW noch viel zu niedrig, um einen wirtschaftlichen Anreiz zu setzen. Während zum Beispiel für eine 60-kW-Anlage von der Regierung 11,3 Cent vorgesehen sind, sieht der BSW nach seinen Markterhebungen eine deutlich höhere Vergütung von 14,57 ct/kWh als wirtschaftlich notwendig an. Grundsätzlich allerdings lehnt der BSW die Differenzierung zwischen Volleinspeisertarifen und solchen für Überschusseinspeiser ab.

Ganz im Gegensatz übrigens zum Verband der Energieversorger und Netzbetreiber, dem BDEW, den seit zwei Jahren die ehemalige bündnisgrüne Bundestagsabgeordnete Kerstin Andreae als Hauptgeschäftsführerin vertritt. Der Verband begrüßt in seiner Stellungnahme die im Gesetzentwurf vorgesehene Zweiteilung der Vergütungssätze ebenso wie deren avisierte Höhe: „Die nach Anlagengrößen differenzierten anzulegenden Werte (…) sieht der BDEW als auskömmlich an, um damit den Photovoltaik-Ausbau anzutreiben und eine Amortisation der Investitionen zu garantieren.“

Dass die einseitige Erhöhung der Vergütungen für Volleinspeise-Modelle ein falsches Signal sende, das nicht zuletzt die politisch gewollte Sektorenkopplung behindere, kritisiert aber auch der Bundesverband Neue Energiewirtschaft (BNE). Allemal müssten im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens Rechtsunsicherheiten beseitigt werden, die beim Wechsel zwi­­schen Eigenverbrauch und Volleinspeisung entstünden, so der BNE.

Sollte die Politik auf den zweigeteilten Vergütungssätzen bestehen, so fordert der BSW zumindest einen „gleitenden Vergütungsübergang zwischen Voll- und Teileinspeiser“. Sein Alternativmodell sieht vor, dass Anlagenbetreiber, die nur eine geringe Eigenverbrauchsquote erreichen, zumindest einen Teil des eingespeisten Stroms zum Volleinspeisertarif vergütet bekommen.

Rückwirkend höhere EEG-Vergütung für Photovoltaik

Begrüßt wird von den Verbänden auf breiter Front, dass die Bundesregierung dafür sorgen will, dass die neuen Vergütungssätze rückwirkend bereits vor der Genehmigung des EEG 2023 durch die EU-Kommission für neue Anlagenbetreiber gelten sollen. Das dafür vorgeschlagene Verfahren halten viele Expert:innen allerdings für zu bürokratisch. Wenn es so käme, wie im Gesetzentwurf in § 100, Absatz 14, vorgesehen, dann müssten Anlagenbetreiber mit Blick auf vermeintliches Subventionsrecht zunächst dem Netzbetreiber in Textform mitteilen, dass sie die neuen Vergütungssätze zur Kenntnis genommen haben und daher beabsichtigen, eine Solaranlage zu kaufen, und dass sie erst daraufhin die Solaranlage nach der Mitteilung verbindlich bestellt haben.
Der Europarechtsexperte Thorsten Müller von der Stiftung Umweltenergierecht hält dies für eine „überschießende Regelung und vermehrtem Bürokratieaufwand für Anlagen- und Netzbetreiber.“

EEG-Osterpaket baut Photovoltaik-Bürokratie nicht ab

Überhaupt kritisieren viel Stakeholder, dass das Osterpaket der Bundesregierung im EEG kaum einen Beitrag zum Bürokratieabbau bei der Photovoltaik leiste. Eine Ausnahme bildet zwar die geplante Reduzierung der EEG-Umlage auf null, aufgrund derer einige Paragraphen im EEG entfallen und Solarstromlieferungen an Dritte günstiger werden. Die Bürokratie beispielsweise rund um den Mieterstrom bleibt davon aber weitgehend unberührt. „Der vorliegende Entwurf sieht leider keine wesentlichen Verbesserungen für Photovoltaik-Mieterstrom-Modelle vor“, bilanziert der BDEW. Unter anderem die Erneuerbaren-Verbände BEE, BSW und BNE fordern deshalb – und nicht nur im Zusammenhang mit Mieterstromprojekten ­– auf die unbestimmten Rechtsbegriffe der „unmittelbaren räumlichen Nähe“ und des „Quartiers“ zu verzichten. Die haben immer wieder die Gerichte beschäftigt.

Überhaupt müsse die Politik das Energiewirtschaftsgesetz so ändern, dass Verbraucher innerhalb einer „Kundenanlage“ lokal erzeugten Strom gemeinschaftlich nutzen können. Viel Bürokratie resultiert hier aus dem Dogma der sogenannten „Personen­identität“ in Verbindung mit der Eigenstromversorgung. Dieses hat der Gesetzgeber vor Jahren auf Drängen der Bundesnetzagentur im EEG und in anderen Regelungen des Energierechts verankert. In der Praxis führt es unter anderem dazu, dass unbedarfte Photovoltaik-Prosumer:innen unverhältnismäßigen Pflichten eines Energieversorgers aufgebürdet bekommen. Die passiert, sobald sie Solarstrom mit Nachbarn oder Mietern teilen wollen.

Speziell beim Photovoltaik-Mieterstrom unterlässt es der EEG-Gesetzentwurf zum Osterpaket bislang auch, die Beschränkung auf Wohngebäude aufzuheben. Viele Gewerbedächer blieben dadurch ungenutzt, so eine Befürchtung. Und geht es nach dem BSW, dann sollten hier wie auch generell im EEG die gebäudenahen „sonstigen“ Photovoltaikanlagen den Gebäudeanlagen gleichgestellt werden. Dies könnte Anlagen auf Carports, kleinen Brachflächen, aber auch Solarzäune und ähnliche Anwendungen betreffen. Der BNE fordert darüber hinaus die Wiedereinführung eines Bonus für Fassaden-PV-Anlagen.

Flächenkulisse für Solarparks ausweiten!

Zahlreiche Änderungsvorschläge betreffen allerdings auch den Bereich der Freiflächen-Photovoltaik. Insbesondere die vorgesehene Flächenkulisse stößt auf Widerstand bei den energiewirtschaftlichen Verbänden. Sie anerkennen zwar, dass die Bundesregierung wiedervernässte Moorböden und zusätzliche Agri-PV-Flächen für die Photovoltaik nutzbar machen will. Ihre Ausbauziele werde sie damit jedoch nicht erreichen, wenn es der Gesetzentwurf ansonsten mehr oder weniger bei der aktuellen Flächenkulisse belasse.

Zwar hat inzwischen mehr als die Hälfte der Flächenländer sogenannte „benachteiligte Gebiete“ im Prinzip für die Photovoltaik freigegeben. Allerdings jeweils mit jährlichen Höchstgrenzen. Summiert man diese nach einer BSW-Aufstellung, dann erlauben die Länder aktuell lediglich die Hälfte des laut Gesetzentwurf notwendigen jährlichen PV-Zubaus auf diesen Flächen.

In unterschiedlichen Nuancen fordern Verbände daher vom Bundesgesetzgeber, für die Bundesländer und teils auch für Kommunen im Osterpaket mit dem EEG künftig ein Opt-out- anstelle des aktuellen Opt-in-Verfahrens für die Photovoltaik-Nutzung landwirtschaftlicher Flächen zu beschließen. Freilich solle dieses – ähnlich wie es der aktuelle Gesetzentwurf beim 2-Prozent-Flächenziel der Windenergie vorsieht – nur unter der Voraussetzung greifen, dass eine Gebietskörperschaft bereits ausreichend Flächen für die Solarnutzung zur Verfügung stelle.

20.5.2022 | Autor: Guido Bröer
© Solarthemen Media GmbH

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