Wärmewende: Meilenstein für Geothermie in München

In der Mitte im Vordergrund ein oranger Bohrturm für Tiefengeothermie, links Wald, im Hintergrund ein KraftwerkFoto: Stadtwerke München
Geothermie-Bohrung in München
Seit dem Spätsommer 2021 ist Deutschlands größte Tiefengeothermiean­la­ge in Betrieb. Im Münch­ner Stadtteil Sendling erzeugt sie mit sechs Bohrungen CO2-freie Wärme. Doch damit wol­len sich die Stadtwerke München als Betrei­berin nicht begnügen. Sie planen bereits den weiteren Ausbau der Geothermie.

München liegt im bayerischen Molassebecken, Das ist eine der Regionen, die sich besonders gut für die Wärmegewinnung aus Tausenden Meter Tiefe eignen. Deshalb entschieden die Stadtwerke München (SWM), dass die Tiefengeothermie eine zentrale Rolle in der bis 2040 angestrebten klimaneutralen Fernwärmeversorgung spielen soll. Die Stadtwerke sind zu 100 Prozent im Eigentum der Landeshauptstadt München, die sich so auch für die Geothermie engagiert.

2004 ging die erste Anlage mit einer thermischen Leistung von 13 Megawatt (MW) in Riem in Betrieb. Die neue Anlage auf dem Gelände des Heizkraftwerks Süd ist die sechste und mit rund 40 MW thermischer Leistung die größte Tiefengeothermieanlage der SWM. Sie soll Wärme für rund 80.000 Bürgerinnen und Bürger erzeugen.

Sechs Bohrungen für Tiefengeothermie

Bei der Anlage handelt es sich um hydrothermale Geothermie. Die Wärme wird aus einer thermalwasserführenden Kalksteinschicht (Malm) in drei Förderbohrungen und drei Injektionsbohrungen an die Oberfläche geholt. Vertikal wurde bis in circa 3.000 Meter Tiefe gebohrt.

„Unser Ziel war es, das Reservoir möglichst gut zu nutzen“, sagt Christian Pletl, Leiter des Bereichs Dezentrale Erzeugung bei den SWM, und begründet damit den Unterschied zur Dublettenbohrung. Bei der geothermischen Dublette gibt es nur eine Förderbohrung zur Wasserentnahme und eine Injektionsbohrung zur Rückführung des ab­ge­kühl­ten Thermalwassers.

Über 100 Grad Celsius aus Geothermie

Das Wasser erreicht an diesem Standort eine Temperatur über 100°C, allerdings keine 130°C, die mindestens nötig sind, um gleichzeitig Strom zu erzeugen. Bis Ende 2023 soll die Anlage um einen Heißwasserspeicher mit rund 45.000 Kubikmeter Kapazität erweitert werden. Um die Wärme im Sommer besser zu nutzen, wollen die SWM außerdem eine Fernkälteanlage mit 35 MW Leistung installieren.

Technologie-Mix am Energiestandort Süd

Der Standort war bisher unter dem Namen Heizkraftwerk Süd bekannt und wird nun in „Energiestandort Süd“ umbenannt. Es ist der älteste Energieerzeugungsstandort Münchens. Seit der Inbetriebnahme 1899 wurden dort Kohle und Müll verbrannt, seit rund zwei Jahrzehnten ist die Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) auf Basis von Erdgas Stand der Technik. „Die Gasturbinen werden immer weniger in Betrieb sein, aber ganz ohne Gas geht es noch nicht“, sagt Pletl.

Die sechs Tiefengeothermieanlagen der SWM haben eine thermische Gesamtleistung von 106 MW. Die siebte Anlage wollen die Stadtwerke ab 2024 auf dem Gelände des Michaelibads im Münchner Südosten errichten. Sie soll Wärme für rund 75.000 Bürger:innen liefern. Insgesamt will der Energieversorger Standorte mit insgesamt 350 MW erschließen, wobei auch Kooperationen mit benachbarten Gemeinden im Umland geplant sind.

20.5.2022 | Autorin: Ina Röpcke
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