Solarthermie mit oder statt Wärmepumpe
Macht die Ampel Ernst mit der Wärmewende im Heizungskeller und drängt durch die Förderung der Wärmepumpe indirekt die Solarthermie zurück? Die Bundesregierung plant, eine Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) im zweiten Halbjahr dieses Jahres auf den Weg zu bringen. Darin will sie festlegen, dass ab 2024 alle neu eingebauten Heizungen auf einen Erneuerbare-Energien-Anteil von mindestens 65 Prozent kommen müssen.
Solarthermie hängt zu sehr an fossilen Energien
Damit muss sich die Solarthermie-Branche auf neue Marktbedingungen gegenüber dem jetzigen Zustand einstellen. Denn bislang verkaufen sich die Anlagen vor allem in Kombination mit Öl- und Gaskesseln, teils auch in Verbindung mit Biomasseheizungen. Allein erreicht die Solarthermie in der Regel je nach energetischem Zustand des Hauses nur einen Anteil am Energiebrauch zwischen 10 und 50 Prozent. Mehr geht zwar mit dem Sonnenhaus-Konzept. Dieses hat sich auf dem Markt aber bisher nicht durchgesetzt.
Die bisher typische Kombination mit einem Gas- oder Ölkessel ist also nicht mehr möglich. Karin Rühling, Forscherin von der TU Dresden, forderte jüngst auf dem Solarthermie-Symposium in Kloster Banz von der Politik eine Ausnahmeregelung für die Solarthermie. Ihr Argument: Man könne es sich nicht leisten, die Solarwärme auszuschließen. Denn sie könne im Gebäudebestand schnell 10 bis 20 Prozent der fossilen Energien einsparen.
Christian Maaß, Leiter der Abteilung Energiepolitik, Wärme und Effizienz im Bundeswirtschaftsministerium erteilte dieser Forderung eine eindeutige Abfuhr: 80 bis 90 Prozent Öl oder Gas seien immer noch zu viel. Der Umbau auf die Wärmepumpe sei daher der bessere Weg. Für die Solarthermie-Branche bleiben so in Zukunft nur die Nischen der Kombination mit dem Pelletskessel, das Sonnenhaus und die Nachrüstung bestehen- der Gas- und Ölkessel. Oder sie schafft es, in Hybridheizungen die Solarthermie-Anlage als Partnerin der Wärmepumpe einzubringen, um dann im relevanten Marktbereich mitzuspielen.
Gas-Brennwert mit Wärmepumpe?
Ob das gelingt, ist keinesfalls sicher. Christian Hovermann vom Heizungskonzern Bosch Thermotechnik hält die Kombination aus Wärmepumpe und Gasspitzenlastkessel für eine bezahlbare Lösung, um 65 Prozent Erneuerbare im Gebäudebestand zu erreichen. Die Kombination aus Wärmepumpe und Solarthermie-Anlage sei hingegen zu teuer.
Bei Viessmann sieht man das anders. „Elektrisch betriebene Wärmepumpen sind nur ein Teil der Lösung. Eine wichtige Rolle wird auch die intelligente Nutzung von Energie spielen, insbesondere von Strom“, sagt Viessmann-Pressesprecher Wolfgang Rogatty. Dazu gehöre neben der digitalen Vernetzung von Stromerzeugern, Übertragungsnetzen und Stromverbrauchern eben auch die Solarthermie. Denn mit ihr ließe sich warmes Wasser äußerst klimaschonend und mit geringstmöglichem Einsatz von Strom zur Verfügung stellen. „Die Wärmepumpe als zentraler Wärmeerzeuger muss dafür nicht in Betrieb gehen, was Energiekosten spart und eine wichtige Entlastung des Stromnetzes bedeutet. Deshalb wird die Solarthermie auch in Zukunft eine wichtige Rolle in der Wärmeversorgung spielen“, sagt Rogatty.
Doch nicht nur die Hybridheizung mit der Wärmepumpe hat Viessmann im Blick. Auch die Einspeisung der Solarthermie vom Hausdach in Nah- oder Fernwärmenetze biete noch einiges an Potenzial für die Solarthermie. Wärmeübergabestationen für diesen Zweck seien bereits auf dem Markt verfügbar.
Technisch lässt sich die Kombination aus Solarkollektoren und Wärmepumpe mit unterschiedlichen Konzepten realisieren. Die einfachste Methode ist es, wenn beide Wärmeerzeu- ger die erzeugte Wärme in den Speicher einspeisen. Bei dieser technischen Variante kann die Solarthermie dafür sorgen, dass die Wärmepumpe im Sommer stillsteht und somit ihre Lebensdauer steigt. Zum Beispiel bietet Viessmann für alle Wärmepumpen Solar-Wärmetauscher-Sets als Zubehör an, mit denen sich Solarthermie schnell und einfach in das Wärmepumpenheizsystem integrieren lässt.
Solarthermie und Wärmepumpe verzahnen
Anspruchsvoller gestaltet sich eine Hybridheizung aus Solarthermie und Wärmepumpe, wenn es eine Verzahnung der beiden Wärmeerzeuger gibt. So können die sommerlichen Überschüsse der Solarthermie-Anlage bei einer Erdwärmepumpe in die Erdkollektoren oder die Erdsonde eingespeist werden, um das Erdreich zu regenerieren.
Die Solarkollektoren können aber auch direkt als Quelle für die Sole-Wasser-Wärmepumpe dienen und dadurch Erdsonden oder Erdkollektoren überflüssig machen.
Für diese technische Lösung hat das Unternehmen Consolar einen speziellen PVT-Kollektor entwickelt. Ein PVT-Kollektor stellt sowohl Strom als auch Wärme bereit, denn er kombiniert ein PV-Modul mit einem Rohrsystem, das die Abwärme der Module als Wärmequelle für die Wärmepumpe nutzbar macht. Consolar-Geschäftsführer Andreas Siegemund sagt, dass die Nachfrage nach den PVT-Kollektoren deutlich anziehe. Man beliefere bereits mehrere Wärmepumpenhersteller.
Kollektoren, die Solarthermie mit Photovoltaik kombinieren
Neben Consolar setzen nun auch andere Unternehmen auf diese Technik. Mit deren Entwicklung und Vermarktung hatten sich vor einigen Jahren bereits einige Unternehmen befasst. Sie konnten aber keinen echten Markterfolg landen. Jetzt wird die Technologie offenbar interessanter. So hat auch die AE Solar GmbH laut eigener Aussage einen PVT-Kollektor entwickelt.
Consolar hat für sein PVT-Wärmepumpensystem zudem einen speziellen Wärmespeicher entwickelt. Laut Siegemund ist ein Pufferspeicher für die Wärmepumpe wichtig, damit sie lange Laufzeiten erreicht, was die Lebensdauer verbessere. Klassisch setzten Wärmepumpenhersteller zwei Speicher ein: einen für Warmwasser und einen für die Heizung. Denn die Volumenströme der Wärmepumpe sind so groß, dass in einem Kombispeicher die Durchmischung des Wassers kaum zu vermeiden ist und die Schichtung mit heißem Warmwasser oben und kühlerem Heizungswasser im unteren Bereich nicht zu erreichen ist.
Dieses Problem soll der neue Kombispeicher lösen. Denn im Vergleich zu zwei Speichern hat er Vorteile: Die Wärmeverluste sinken und der COP für die Warmwasserbereitung steigt, weil die Wärmepumpe vorgewärmtes Wasser aus dem Puffer nutzen kann.
Solarthermie und Wärmepumpe: Speicher ist wichtig
In einer Simulationsstudie hat Consolar ermittelt, welchen Einfluss der neue Speicher auf die System-Jahresarbeitszahl (SJAZ) des Wärmepumpensystems hat. In der System-Jahresarbeitszahl sind die Wärmeverluste der Speicher und Wärmeübertrager im Heizsystem genauso berücksichtigt wie der Stromverbrauch aller Pumpen. Bei der Simulationsstudie kam heraus, dass die SJAZ eines Systems mit zwei getrennten Speichern bei 3,4 lag. Durch den selbst erzeugten Strom der PVT-Kollektoren steigt sie auf 4,2. Mit dem neuen Kombispeicher sei hingegen 5,0 erreichbar. Das entspräche 19 Prozent weniger Stromverbrauch, so Siegemund.
Auch die Forschung beschäftigt sich intensiv mit PVT-Kollektoren. Daniel Zenhäusern, Forscher vom Schweizer Forschungsinstitut SPF, entwickelt einen neuartigen verglasten PVT-Kollektor. Während beim PVT-Modell von Consolar das Rohrsystem an der Rückseite des PV-Moduls direkt mit der Luft Kontakt hat, befindet es sich beim verglasten PVT-Kollektor im Inneren eines Gehäuses mit gedämmter Rückwand. Zenhäusern hat ermittelt, dass ein mit solchen PVT-Kollektoren bedecktes Dach in Summe mehr Sonnenenergie in Form von Strom und Wärme ernten kann als eines mit PV-Modulen, das nur Strom erntet. Auch eine Kombination aus PV-Modulen und Solarkollektoren schneidet im Vergleich schlechter ab.
Abgedeckte PVT-Kollektoren haben aber den Nachteil, dass sie eine hohe Stagnationstemperatur erreichen. Das ist weder gut für das Wärmeträgerfluid noch für die Solarzellen im PV-Modul. Daher arbeitet Zenhäusern an technischen Lösungen, die die Stagnationstemperatur begrenzen.
Solarluftabsorber
Außerdem können Solarluftabsorber als Energiequelle für eine Wärmepumpe dienen. Bisher kommen diese aber eher bei Quartierslösungen oder Gewerbehallen zum Einsatz. Viessmann setzt bei seinen Sole-Wasser-Wärmepumpen, die mit Eisspeichersystemen gekoppelt sind, solche Solarluftabsorber ein. Diese können auf dem Dach liegen oder senkrecht als Energiezäune aufgestellt werden.
Das kanadische Unternehmen Trigo Energies verkleidet Hallen mit selektiv beschichten Aluminiumblechen. Über diese Bleche strömt Luft und erwärmt sich dabei. Die vorgewärmte Luft wird in der Regel mit Gasbrennern nachgeheizt. Christian Vachon, als Vizepräsident des Unternehmens für Forschung und Entwicklung zuständig, berichtet, dass auch Systeme mit Wärmepumpen im Einsatz sind.
21.5.2022 | Autor: Jens Peter Meyer | Solarserver
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