Halbjahresbilanz 2022: Erneuerbare Energien decken 49 Prozent des Stromverbrauchs
Im ersten Halbjahr 2022 haben Erneuerbare Energien rund 49 Prozent dazu beigetragen, den Stromverbrauch in Deutschland zu decken. Das zeigen vorläufige Berechnungen des Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) und des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW).
Maßstab ist dabei der sogenannte Bruttoinlandsstromverbrauch. Den Ökostromanteil am Bruttostromverbrauch zu bemessen, ist die gängige Berechnungsgrundlage. Sie beruht auf europäischen Vorgaben. Auch die Ziele der Bundesregierung für den Ausbau der Erneuerbaren Energien messen sich an dieser Größe. Der Bruttostromverbrauch bildet das gesamte Stromsystem eines Landes ab.
Eine andere Möglichkeit ist, den Anteil der Erneuerbaren Energien an der Bruttostromerzeugung zu messen. Sie umfasst die gesamte in Deutschland erzeugte Strommenge, also auch die exportierten Strommengen. Der Anteil erneuerbarer Energien im ersten Halbjahr 2022 auf Basis der Bruttostromerzeugung beträgt rund 47 Prozent.
Viel Wind und viel Sonne im ersten Halbjahr führen zu hohen Erträgen
Erneuerbare Energien trugen somit in der ersten Jahreshälfte 2022 sechs Prozentpunkte mehr dazu bei, den Stromverbrauch in Deutschland zu decken, als im Vorjahreszeitraum.
Insbesondere Windenergie an Land und Photovoltaik legten deutlich zu. Sie erzeugten jeweils rund ein Fünftel mehr Strom als im Vorjahreszeitraum. Zu verdanken sind diese Zuwächse laut der Analyse vor allem einem windreichen Jahresbeginn im Januar und Februar und zahlreichen Sonnenstunden in Mai und Juni. Auch bei der Windenergie auf See und Biomasse gab es leichte Zuwächse.
Stromerzeugung ist leicht gestiegen, Verbrauch leicht gesunken
Im ersten Halbjahr 2022 lag die Bruttostromerzeugung bei 298 TWh. Das ist ein Anstieg von knapp zwei Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum (293 TWh). Dem stand ein Stromverbrauch von rund 281 TWh gegenüber. Im ersten Halbjahr 2021 waren es 283 TWh.
Sonne, Wind und andere regenerative Quellen lieferten 139 TWh Strom. Im ersten Halbjahr 2021 waren es nur 122 TWh. Das Jahr 2021 war für Wind- und Solarenergie ungewöhnlich ertragsschwach. Im Jahr 2020 hatten erneuerbare Energien laut der BDEW-Statistik von Mitte Dezember einen Anteil von 46 Prozent. Das Fraunhofer Institut für Solare Energiesystem wies für 2020 sogar einen Anteil von 50 Prozent aus. Das beruht allerdings auf der sogenannten Nettostromerzeugung – also dem Strom, der tatsächlich aus der Steckdose kommt, ohne den Eigenbedarf der Kraftwerke. Tatsächlich ist der Ökostrom-Anteil also auf einem neuen Maximum.
Windenergie an Land war in den ersten sechs Monaten des Jahres 2022 mit 59 TWh der größte grüne Stromlieferant, gefolgt von knapp 33 TWh aus Photovoltaik und 24 TWh aus Bioenergie. Gut 12 stammten aus Offshore-Windenergie und gut 9 TWh aus Wasserkraft. Aus konventionellen Energieträgern wurden knapp 159 Mrd. kWh erzeugt. Im Vorjahreszeitraum waren es gut 170 Mrd. kWh.
Erneuerbare-Energien-Ausbau geht zu langsam
Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung, wirbt für einen starken Ausbau der erneuerbaren Energien. „Die sinkenden Gasflüsse aus Russland haben die Energieversorgung in Deutschland in eine Ausnahmesituation gebracht“, sagt sie. Der schnelle EE-Ausbau sei der sicherste Weg, um solche Situationen in Zukunft zu vermeiden.
Doch vor allem bei der Windenergie an Land gehe es zu langsam – es fehlen die nötigen Flächen. Die Bundesregierung müsse dafür sorgen, dass das Zwei-Prozent-Ziel spätestens bis 2025 erfüllt und die Flächen dann wirklich bebaubar seien. Zudem müsse das Repowering leichter werden, um bestehende Standorte weiter nutzen zu können. Im Natur- und Artenschutz müssten bisher unklare Regelungen präzisiert werden.
In der Photovoltaik fürchten Fachleute neue Abhängigkeiten. Um bis 2030 das Ziel von 22 GW installierter Solarlleistung zu erreichen, müssten ab 2026 mindestens 22 GW jährlich hinzukommen.
„Der hiermit verbundene Umsatz in einer Größenordnung von 150 Milliarden Euro dürfte aber aus heutiger Sicht zu einem großen Teil nach China fließen“, gibt sagt Prof. Frithjof Staiß, geschäftsführender Vorstand des Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW). Insbesondere bei Wafern würden 96 Prozent der Weltmarktproduktion aus China stammen. Diese Abhängigkeit sei ein Risiko für die Energiesicherheit und die Ausbauziele. Er fordert, dass Deutschland sich für eine stärkere Förderung der einheimischen Photovoltaik-Industrie in Europa einsetzt. Dies soll in Form eines sogenannte Important Project of Common European Interest (IPCEI) geschehen. Für diese Projekte sind die Subventionsbegrenzungen der EU ausgesetzt. Für Batterien und Wasserstoff gibt es bereits mehrere IPCEI-Projekte.
5.7.2022 | Quelle: BDEW, ZSW | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH