Photovoltaik-Modulpreise: Das Schlimmste könnte noch kommen
Der im Osterpaket anvisierte jährliche Zubau der Photovoltaik von 22 GW wäre das Vierfache dessen, was 2021 installiert wurde. Solarmodule werden währenddessen immer teurer, wie die jüngsten Marktdaten der Handelsplattform pvXchange zeigen. Die Photovoltaik-Modulpreise sind auch im Serviceteil des Solarservers abrufbar.
Martin Schachinger, Betreiber von pvXchange, kommentiert die Entwicklung der Modulpreise regelmäßig. Er fordert die Politik in drastischen Worten auf, schnellstens eine europäische Modulproduktion zu forcieren.
Wachsender Weltmarkt treibt Photovoltaik-Modulpreise
„Wie soll das denn mit dem schnellen Ausbau der Erneuerbaren überhaupt gelingen?“, fragt Schachinger. Schon jetzt seien Fachkräfte und Komponenten knapp. Dass die Nachfrage auch in Europa und weltweit steigen werde, sei dabei noch nicht berücksichtigt. Von den Solarzellen und Modulen über die Wechselrichter bis hin zu Batterien sei Deutschland von China abhängig. Doch auch dort wachse der Markt schnell – in diesem Jahr womöglich auf mehr als 100 GW. Auch in den USA wachse der Photovoltaik-Markt kontinuierlich. Dort seien mit Solarkomponenten höhere Preise erzielbar als in Deutschland.
Photovoltaik-Ausbau könnte an fehlenden Komponenten scheitern
„Die knapp verfügbare Ware geht aber bekanntlich immer dahin, wo sie am gewinnbringendsten verkauft werden kann. Europa rangiert dabei relativ weit hinten“, schreibt Schachinger. Das liege nicht nur an den niedrigeren erzielbaren Preisen, sondern auch an den hohen Transportkosten für die Komponenten, die meist aus Asien kommen. „Es ist also zu befürchten, dass der schnelle Umstieg auf erneuerbare Energien, insbesondere auf photovoltaikbasierte Erzeugungssysteme, am Zugang zu den benötigten technischen Komponenten scheitern könnte“, schreibt Schachinger. Das dürfte vielen Politikern noch gar nicht bewusst sein, vermutet er. Zugleich sei ein schnelles Erstarken der europäischen Solarindustrie ohne fremde beziehungsweise staatliche Hilfe ist nahezu ausgeschlossen.
Durch EU-Taxonomie fehlt das Kapital für die Energiewende
Neben Änderungen an den Energiegesetzen brauche es daher dringend Maßnahmen in der Arbeits- und Industriepolitik. Sonst sei die Energiewende „bis wann auch immer“ zum Scheitern verurteilt. Der Zugang zu ausländischen Fachkräften und „erst recht“ zu Risikokapital müsse deutlich erleichtert werden. Indem das EU-Parlament das Greenwashing bei der Taxonomie gebilligt habe, fließe Geld aus Rentenfonds und anderen Anlagen nun weiter in die fossil-atomare Energieerzeugung. Diese Geld fehle beim schnellen Aufbau einer von Russland und China unabhängigen Energiewirtschaft.
Zeit für Aufbau von Photovoltaik-Produktion in Europa ist begrenzt
„Wer aber weiß schon, wie lange uns noch Zeit bleibt, um eigene Produktionskapazitäten für Polysilizium, Ingots und Wafer oder aber Solarglas aufzubauen. In diesen Bereichen sind wir in Europa blank“, so Schachinger weiter. Bis zu 95 Prozent der Materialien für die Zell- und Modulfertigung kämen mittlerweile aus Asien. Schachinger zeichnet ein exemplarisches Schreckensszenario: Was wäre, wenn Chinas Regierungschef Xi Jingping, ermutigt durch die jüngsten Entwicklungen und im Schulterschluss mit Putin, versuchen würde, Taiwan zu erobern und einzugliedern? „Sollte dies passieren, steht die europäische Sanktionspolitik vor einer neuen Zerreißprobe, und die Solarwirtschaft mit ihr“, so Schachinger. Ohne Solarprodukte aus China hätte Deutschland „auf absehbare Zeit erst recht keinerlei Chancen“ auf eine erfolgreiche Energiewende.
Fachkräfte- und Komponenten-Mangel bremste Photovoltaik-Modulpreise vorübergebend
Momentan hielten sich die Knappheiten die Waage. Es mangelt in ähnlichem Maße an Fachkräften, PV-Modulen und anderen Komponenten. So schien sich in den vergangenen Wochen sogar so etwas wie Preisstabilität bei Solarmodulen einzustellen, schreibt Schachinger. Nun scheine diese Situation überwunden, die Modulpreise in der Photovoltaik zögen wieder an. Die Gründe sieht er unter anderem in den steigenden Preisen für Polysilizium und dem schwächelnden Euro.
Der Gleichstand mit dem US-Dollar verteuere den Import massiv. Früher mussten die Hersteller ein Teil des Risikos selbst tragen. Neue Lieferverträge würden „ganz andere Maßstäbe“ setzen. Einige Modulhersteller würden bei Angeboten in Euro Preisgleitklauseln einbauen. Andere würden in der Preiskalkulation bereits davon ausgehen, dass der Dollar mehr wert sei als der Euro. Wer zu diesen Konditionen größere Mengen Module beschaffen muss, müsse große Puffer einplanen. So erschienen Projekte schnell unwirtschaftlich.
Schachingers Bilanz liest sich frustrierend: „Aktuell stehen die Zeichen also eher auf Rohrkrepierer als auf Solarturbo. Vielleicht passiert aber ein Wunder und der Politik geht doch noch ein Licht auf!“
27.7.2022 | Quelle: pvXchange | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH