Dänemark setzt auf Biomethan, Deutschland eher nicht

Biomethananlage mit Wiesen- und BlumenvordergrundFoto: Oliver Ristau
Die Biomethananlage in Korskro in Dänemark ist eine von 50, die direkt in das Gasnetz einspeist.
Dänemark treibt den Ausbau der Biomethanerzeugung voran, um die Abhängigkeit von fossilem Erdgas zu beenden. Das Wirtschaftsministerium in Berlin sieht für Deutschland dagegen wenig Potenzial. Dem widersprechen Energieverbände vehement.

Für Mette Hansen vom Ökogasproduzenten Nature Energy aus Dänemark ist es klar: „Wir bereiten Biogas zu Biomethan auf und speisen es in das Gasverteilnetz ein.“ So wie in der Gemeinde Korskro, rund 15 Kilometer von der Hafenstadt Esbjerg entfernt. Dort produzieren Mikroben in acht Fermentern und einem Fassungsvermögen von 9.000 Kubikmeter rund um die Uhr Biogas. Zum Einsatz kommen vor allem Gülle und Dung von regionalen Landwirten.

100 Prozent Biomethan bis 2034

Die Anlage in Korskro ist eine von 50, die in Dänemark Biomethan in das Pipelinenetz einspeisen. Ende 2021 deckte es bereits 25 Prozent des heimischen Gasbedarfs. 2034, so die Pläne, sollen es 100 Prozent sein – gespeist vor allem mit heimischen Reststoffen. Ersetzen würden sie Erdgas aus Offshore-Förderung. Die Skandinavier sind anders als Deutschland nicht auf Importe aus Russland angewiesen, sondern noch bis geschätzt 2035 Nettoexporteur von Gas. Allerdings gibt es derzeit Probleme mit der Produktion des Offshore-Gasfelds Tyra. Das Biomethan kommt da gerade recht. Zumal die Erzeugung wirtschaftlich ist. „Wer bei diesen hohen Preisen kein Geld verdient, ist selber schuld,“ so Mette Hansen.

Biogas besteht zu 60 Prozent aus Methan und 40 Prozent aus Kohlendioxid. In Deutschland wird dieses Gemisch in mehr als 95 Prozent aller Fälle zu Strom und Wärme umgewandelt. Lediglich 250 von insgesamt 10.000 Biogasanlagen in Deutschland bereiten Biomethan für das deutsche Gasnetz auf. Sie sorgen laut Fachverband (FV) Biogas für ein Prozent des hiesigen Gasbedarfs.

Ein Grund: „Viele Anlagen liegen zu weit entfernt vom Gasnetz oder sind zu klein. Umrüstungs- und Anschlusskosten wären zu hoch“, sagt FV-Sprecher Jörg Schäfer. Aber: bei 2.000 Anlagen könnte sich das grundsätzlich rechnen. Das Problem: es fehlen die Anreize. Obwohl die Regierung angekündigt hat, jährlich rund 600 Megawatt (MW) Biomethan auszuschreiben.

Mit Ausschreibungen alleine sei es aber nicht getan, moniert der FV. Schließlich seien in der Vergangenheit die Auktionen für Biogas wegen fehlender Wirtschaftlichkeit bei weitem nicht ausgeschöpft worden.

Die Betreiber fordern eine Sicherheit für den Fall, dass die Gaspreise wieder abstürzen – eine vom Staat garantierte Erlösgarantie – ein Modell, wie es auch Dänemark beim Biomethan verfolgt. „Sonst wird es schwierig, für die notwendigen Investitionen eine Finanzierung zu finden“, sagt Schäfer.

Außerdem gebe es regulatorische Hemmnisse etwa im Baugesetzbuch. Technische Restriktionen gibt es dagegen nicht. „Nach der Gasnetzzugangsverordnung genießt Biomethan gegenüber Erdgas eine bevorzugte Zugangsberechtigung zum Gasnetz“, heißt es beim Deutschen Verein des Gas- und Wasserfachs.

Bundesregierung: Biomethan keine Option

Aber es existieren politische Hürden. So kritisiert der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), dass tausenden Biogasanlagen, die nach 20 Jahren aus dem EEG laufen, wegen fehlender Perspektiven die Stilllegung drohe.

Doch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz winkt ab. „Begrenzte nachhaltige Biomassepotenziale machen eine substantielle Steigerung der Biomethanproduktion zum Ersatz von Erdgas mittel- und langfristig kaum möglich und auch nicht zwingend sinnvoll“, so das Ministerium auf Anfrage. Hintergrund der Skepsis sind auch parteipolitische Gründe. So haben die Grünen grundsätzlich Vorbehalte gegenüber der Bioenergie. Sie fürchten eine Konkurrenz zur Lebensmittelproduktion. Das gilt selbst bei Reststoffen, könnte doch die Nutzung von Dung und Gülle die Massentierhaltung legitimieren.

Verbände: 10 Prozent Biomethan möglich

Die Verbände sehen dagegen noch sehr viel Potenzial. So nutze Deutschland derzeit erst rund die Hälfte möglicher organischer Reststoffe, die bei Kommunen, der Industrie und Landwirten anfallen zur Biogasproduktion, erklärt der FV Biogas. Und nach einer kürzlich veröffentlichen Studie der TU Harburg kommt bisher erst ein Viertel des in deutschen Haushalten anfallenden Bioabfalls in die Biogasverwertung. Wenn Deutschland solche Reststoffe konsequent erschließe, könnte das Land rund zehn Prozent seines Gasbedarfs mit Biomethan decken, rechnet der BDEW vor.

8.8.2022 | Autor: Oliver Ristau
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