Gasbeschaffungsumlage: Kommentare aus der Energiebranche
Der Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, Robert Habeck, erklärte zur Gasumlage: „Sie ist bei weitem kein einfacher Schritt, aber notwendig, um die Wärme- und Energieversorgung in den privaten Haushalten und der Wirtschaft aufrechtzuerhalten. Sonst wäre die Versorgungssicherheit gefährdet.“ Im Gegenzug sollen gezielte Entlastungen folgen, über die sich die Bundesregierung aber offenbar noch nicht einig ist. „Die Bundesregierung hat sich schon auf erste Schritte wie eine Ausweitung des Wohngeldes mit einem Heizkostenzuschuss verständigt. Ich meine aber, dass weitere zielgenaue Entlastungen nötig sind“, formuliert Habeck. Klar sei indessen, dass der Staat über die Gasbeschaffungsumlage letztlich keine höheren Mehrwertsteuereinnahmen erzielen solle. Man werde daher einen Weg finden, um zusätzliche Belastungen zu vermeiden.
BEE: Stromsteuer runter, Förderung für Energieeffizienz hoch
Der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) kritisiert, dass die Bundesregierung selbst bis vor Kurzem Erdgas als Energieträger förderte. „Jetzt zahlen viele, die nicht schnell genug den Energieträger wechseln konnten, die Zeche“, sagt BEE-Präsidentin Simone Peter. Deshalb solle nun auch die Stromsteuer auf das rechtliche Minimum gesenkt werden. Zudem fordert der BEE den Ausbau erneuerbarer Energien und mehr Förderung für effiziente Gebäude und Wärmenetze. Bei der Gebäudeförderung habe die Bundesregierung unnötige Hürden für Bioenergie und bestimmte Wärmepumpen geschaffen. Dass es zudem für Einzelmaßnahmen keine Kredite mehr gebe, benachteilige einkommensschwache Haushalte.
BNE: Importeure von Erdgas aus dem Bundeshaushalt fördern
Der Bundesverband Neue Energiewirtschaft (bne) kritisiert die Umlage als zu aufwändig und unausgewogen. Die Abrechnung führe zu Mehraufwand für die Energielieferanten und werde so die Preise weiter nach oben treiben.
„Der Staat sollte der Einfachheit halber die Gasimporteure direkt aus dem Bundeshaushalt unterstützen“, findet bne-Geschäftsführer Robert Busch. Auch die Mehrwertsteuerbefreiung für die Umlage, die die Bundesregierung bei der EU durchsetzen will, sieht er kritisch. Es sei viel zu aufwändig, die Positionen auf die Schnelle getrennt auszuweisen. Zudem werde das Insolvenzrisiko nicht beseitigt, sondern auf die Verbraucher verlagert. Die Energiekosten würden für diese „an die Belastungsgrenze und darüber hinaus“ steigen. „Die Bundesregierung muss hier dringend noch den Umgang mit drohenden Zahlungsausfällen regeln“, mahnt Busch.
BDEW: Mehrwertsteuer auf Gas und Strom auf 7 Prozent senken
Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) fordert hingegen, die Mehrwertsteuer auf die gesamten Strom- und Gaspreise auf den ermäßigten Satz von sieben Prozent zu senken. Das solle ab dem 1. Januar 2023 für zunächst mindestens zwei Jahre geschehen. Der Staat erziele durch die steigenden Preise Zusatzeinnahmen bei der Mehrwertsteuer – diese solle er nun für Entlastungen nutzen.
Laut Betrachtung des BDEW ist die breite Wirkung durch die Mehrwertsteursenkung auch sozial ausgewogen. Weil bei Menschen mit niedrigem Einkommen ein proportional höherer Anteil in die Mehrwertsteuer fließe, falle für diese auch – proportional gerechnet – die Entlastung höher aus, argumentiert der Verband. In Euro statt Prozent gerechnet ist die Entlastung natürlich umso größer, je höher der Energieverbrauch ist – also bei Menschen mit höherem Einkommen.
Der BDEW schätzt den Effekt einer Mehrwertsteuersenkung auf 378 bis 454 Euro jährlich für den Gasverbrauch in einem Einfamilienhaus (20.000 kWh), auf 252 bis 303 Euro pro Jahr für den Gasverbrauch in einer Wohnung (13.333 kWh) und auf 130 Euro für Strom (3.500 kWh). Das gilt jeweils für die heute verkündete Gasumlage, die sich voraussichtlich noch ändern wird.
„Die Streichung der Mehrwertsteuer ausschließlich auf die Gas-Umlage wäre jedoch nur ein Tropfen auf den heißen Stein, sagt Andreae. Der Anreiz zum Energiesparen bliebe dennoch erhalten, da nur ein Teil des Kostenanstiegs kompensiert werde.
Energiemarktdienstleister: Umsetzungszeiten für Gasbeschaffungsumlage einplanen
Der Bundesverband der Energiemarktdienstleister (BEMD) sieht seine Branche gut vorbereitet, mahnt aber, Zeit für die saubere Umsetzung einzuplanen. Schon jetzt würden einige Stadtwerke und Energieversorger durch die vermehrten Kundenanfragen an ihre Grenzen stoßen. Kritisch sieht BEMD-Geschäftsführer Dirk Biese vor allem komplexe Ausnahmeregelungen für Verträge mit Preisbindung sowie die Mehrwertsteuerbefreiung. Für diese Vorgänge müssten IT-Systeme angepasst, Druck und Versand von Mitteilungen organsiert und Kunden betreut werden.
Gasbeschaffungsumlage deckt 90 Prozent der Mehrkosten der Importeure
Die Gasbeschaffungsumlage ist bis zum 1. April 2024 befristet. Ihre Höhe soll alle drei Monate neu berechnet werden. Mit der Umlage will die Bundesregierung die Wärme- und Energieversorgung im Winter sichern. Die Bundesregierung fürchtet, dass es andernfalls gehäuft zu Insolvenzen bei Gasimportunternehmen kommen könnte, die nun am Spotmarkt teurer einkaufen müssen, als es der Verkaufspreis erlaubt. Die Importunternehmen können daher 90 Prozent ihrer Mehrkosten für die Beschaffung geltend machen. Dabei muss es sich um einen physischen Ersatz für Lieferungen in den deutschen Markt handeln. Zudem gilt es nur für Gasmengen, deren Lieferung aus Russland vor dem 1. Mai 2022 zugesichert wurde. Die Umlage soll explizit nicht dazu dienen, die Eigentümer:innen der Unternehmen vor Wertverlusten zu schützen.
Zusätzlich zur Gasbeschaffungsumlage wird es noch eine Gasspeicherumlage geben. Deren Höhe soll in den kommenden Tagen verkündet werden – allerdings wird sie voraussichtlich niedriger sein.
Quelle: BMWK, bne, BDEW | Solarserver © Solarthemen Media GmbH