Artenvielfalt in der Bioenergie: Miscanthus verbrennt besser mit Wildblumen
Von wegen Unkraut – wenn neben der Energiepflanze Miscanthus auch Rainfarn, Beifuß, Wilde Karde oder Gelber Steinklee wachsen, nutzt das nicht nur der Artenvielfalt, sondern verbessert auch die Bioenergie-Erzeugung. Ein Team von Forschenden der Universität Hohenheim in Stuttgart, des Forschungszentrums Jülich und der Hunan Agricultural University in China hat untersucht, wie sich diese mehrjährigen Blühpflanzen auf die Verbrennung von Miscanthus auswirken. Der Effekt ist positiv, wie sie in der Fachzeitschrift „Renewable and Sustainable Energy Reviews“ berichten.
Die vier untersuchten Wildpflanzenarten hatte das Forschungsteam in Vorstudien wegen ihres Biomasseertrags und Blühangebots ausgewählt. „Die Integration dieser heimischen Blühpflanzen in mehrjährige Anbausysteme zur Biomasseerzeugung für die energetische Verwertung könnte sich positiv auf Artenvielfalt und die Resilienz in nachhaltigen Agrarsystemen auswirken“, erläutert Moritz von Cossel, leitender Wissenschaftler der Studie von der Universität Hohenheim.
Die Heizwerte veränderten sich durch die Wildblumen kaum, sie lagen bei 16,3 bis 17,5 MJ pro kg. Zum Vergleich: Holzpellets haben einen Heizwert um die 18 MJ pro kg. Einen deutlichen Vorteil bringt jedoch der höhere Ascheschmelzpunkt. Dieser stieg ab 30 Prozent Wildpflanzen-Beimischung von 1.000 auf 1.200 Grad Celsius. Dadurch lässt sich die Verbrennungsanlage effizienter und kostengünstiger betreiben. Das begründen die Forschenden mit dem hohen Gehalt an Kalzium und Magnesium in den Blühpflanzen. Diese bilden bei der Verbrennung Mischphasen mit Miscanthus-Aschebestandteilen, was zu einer höheren Schmelztemperatur führt als bei reiner Miscanthus-Asche. Nun gilt es, die bestmögliche Zusammensetzung der Pflanzen zu finden.
Wildblumen bringen geringere Bioenergie-Erträge als Miscanthus
Ein Nachteil ist allerdings, dass die Wildpflanzen pro Hektar geringere Erträge bringen als der Miscanthus. Ob die Vorteile durch die geringeren Verbrennungskosten dies finanziell ausgleichen oder sogar überwiegen, sollen Langzeitstudien klären. Die Antwort werde auch jeweils vom Standort abhängen, heißt es in der Pressemitteilung. Ob mehr Artenvielfalt in der Bioenergie ein wirtschaftlicher Selbstläufer ist, muss sich also noch zeigen.
Miscanthus ist eine sogenannte ausdauernde Pflanze. Sie überdauert mehrere Jahre und treibt immer wieder aus. Je nach Standortgüte kann sie so für 15 bis 20 Jahre genutzt werden und erreicht eine Höhe von über drei Metern. Für die Bioenergie-Gewinnung presst man den Miscanthus zu Pellets oder Briketts. Auch als Rohstoff für die Industrie kommt sie zum Einsatz, zum Beispiel für Bau- und Dämmstoffe oder in der Zellstoffindustrie. In Deutschland wird Miscanthus gegenwärtig auf etwa 4.500 Hektar Fläche angebaut.
Nachhaltigkeit der Bioenergie so umstritten wie selten
Bioenergie ist vor allem beim Heizen einer der bisher wichtigsten erneuerbaren Energieträger – oft in Form von Heizkraftwerken und Wärmenetzen. Die erste Generation der „Bioenergiedörfer“ muss sich bereits Gedanken darüber machen, wie sie ihre Anlagen bald ablösen will.
Ob Ackerflächen in der aktuellen Situation erst recht oder besser nicht mehr für den Anbau von Energiepflanzen genutzt werden sollen, ist heute so stark umstritten wie kaum zuvor. Kraftstoffe vom Acker stehen dabei besonders stark in der Kritik. Am 14. September entscheidet die EU über deren weitere Förderung. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) warnt vor einer Weiterführung der „katastrophalen Agrokraftstoff-Politik“. Täglich würden so fast 19 Millionen Flaschen Raps- und Sonnenblumenöl, 14 Millionen Flaschen Palm- und Sojaöl und Weizen im Umfang von umgerechnet 15 Millionen Brotlaiben in Europa als Sprit in Autotanks landen. Angesichts der globalen Lebensmittelknappheit und Preisinflation bei Lebensmitteln müsse das Verbrennen von Lebensmitteln als sogenannter Agrokraftstoff sofort gestoppt werden.
12.9.2022 | Quelle: Uni Hohenheim, DUH | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH